
Der Deich und die Sicherheit für Cuxhaven: Eine Sache bereitet Sorge
CUXHAVEN. Der Deich in Cuxhaven ist in gutem Zustand. Davon konnten sich die Teilnehmer der Deich- und Aufsichtsschau überzeugen. Doch es gibt auch Anlass zur Sorge.
Die gute Nachricht: Die Deichlinie zwischen Baumrönne (Groden) und Dünenweg in Duhnen ist in gutem Zustand. Die Sturmfluten zu Beginn des Jahres haben ihm nichts anhaben können. Sorgen machen allerdings die Wühlmäuse. Sie sollen schon die Größe einer halben Ratte angenommen haben.
Die Nager zählen zu den größten Schädlingen für den Deich und schaffen Voraussetzungen für einen potenziellen Deichbruch. "Es reicht nicht, die Löcher zuzustopfen. Die Mäuse müssen da raus", sagt Schultheiß Jürgen Schubel. Dafür würden jetzt ausgebildete Fachkräfte sorgen. "Die Sicherheit für die Bürger der Stadt Cuxhaven ist für uns existenziell", betont der Schultheiß.
Den Deich wehrhaft halten
Unter seiner Federführung hatte der Cuxhavener Deichverband zu seiner traditionellen Herbst-Deichschau eingeladen, die mit der Aufsichtsschau der Unteren Deichbehörde der Stadt Cuxhaven durchgeführt wird. Hier treffen sich Experten, um den Unterhaltungszustand des Deiches zu beurteilen, und - falls erforderlich - Gegenmaßnahmen abzustimmen und einzuleiten, um den Deich wehrhaft zu halten. Diese Verantwortung wächst mit der kontinuierlichen Kontrolle der Deiche und Hochwasserschutzanlagen und mündet in einen vorausschauenden Umgang mit den Deichanlagen.
Mit dabei waren neben den von allen Deichverbandsmitgliedern gewählten Ausschussmitgliedern (Geschworene) und dem Verbandsvorstand die Vertreter der am Deich zusammenarbeitenden Behörden und Verbände, wie die Stadt und der Landkreis Cuxhaven, das THW, die Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr, DLRG, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSA Elbe-Nordsee), Niedersachsen Ports, EWE Wasser und die Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH.
Ausgehend vom Fährhafen nahmen zwei Gruppen die Deiche in jeweils entgegengesetzter Richtung ins Visier. Einen geschulten Blick für Küstenschutz hatten sie alle: Auch das Deichvorland begutachteten sie. Wenn zum Beispiel Strandkörbe nicht umgesetzt werden, gibt es Schäden an der Grasnarbe. Auch die Binnenseite des Deiches ist von Bedeutung und die Entwässerungsgräben dahinter. "Die müssen ziehen, heißt: Das Regenwasser, das den Deich herunterläuft, muss vernünftig ablaufen", erklärte Schubels Stellvertreter Jens Heins.
Kein Schönheitswettbewerb
Auch die von Fußgängern und Rollifahrern bemängelten Kritikpunkte am Deichkronenweg kamen zur Sprache. Erste Priorität habe das Bauwerk, das für Sturmflutschutz zu sorgen hat, stellte Jürgen Schubel klar. Der Deich soll keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Für die Deichsicherheit sei es wichtig, die Natur am Rande des Gehweges auf der Deichkrone so zu belassen, wie sie ist. Was die Fußgänger und die Rolli-Fahrer dort gerne hätten, nämlich einen barrierefreien Gehweg mit glatten Bodenplatten ohne Bewuchs, stehe dem Gedanken eines Deiches als Sicherheitsbauwerk entgegen, so Schubel. Die Natur sorge schon dafür, dass der Deich wehrhaft bliebe.
Der Deich selbst sei trotz der langen Trockenheit in einem guten Zustand: Wehrhaft, wie es in der Fachsprache heißt. Auskolkungen nach Sturmfluten wurden ausgebessert. Einzig die Wühlerbekämpfung werde jetzt verstärkt angegangen. Auch das Deckwerk zwischen Gehweg und Wasser wurde begutachtet. Ihm wurde ein Top-Zustand attestiert. "Das Deckwerk ist der erste Angriffspunkt, bevor der Deich überhaupt anfängt. Wenn das nicht in Ordnung ist, röppelt der Deich auf", erklärte Hein-Peter Prieß, dritter Mann in der Vorstandsfolge. "Die Deiche im 17. Und 18. Jahrhundert waren bis zu zwei Kilometer nordöstlich der Alten Liebe in Höhe der heutigen Fahrrinne und mussten mehrfach zurückgenommen werden bis auf die heutige Buchtlinie", klärt er auf.
Eine größere Maßnahme rund um das Zenneck-Denkmal ist jetzt abgeschlossen. Die Ruderalvegetation für die Bienen wurde im Umfeld belassen. Jetzt muss sie allerdings abgemäht werden, um die Mäuse im Deich fernzuhalten, denn Mäuse lieben hohes Gras.
Tore wurden gut gewartet
Ein wichtiges Augenmerk galt den 18 Deichscharttoren in der befestigten Deichlinie des Hafens sowie den Sperrwerkstoren. Auch dort: alles ok. "Wir haben uns die Tore schließen lassen, die Tore wurden gut gewartet", so Schubels Stellvertreter Jens Heins. Dann wurde der mögliche Ernstfall simuliert. Ergebnis: "Wir kriegen die Tore auch mit Manpower zu, wenn der Strom komplett ausfallen sollte."
Im Rahmen der Abschlussbesprechung verabschiedete sich der für die Untere Deichbehörde verantwortliche Fachbereichsleiter der Stadt, Klaus Pietsch, von allen Beteiligten. Es sei seine letzte Deichschau nach vielen Jahrzehnten, sowohl als ehemaliger Geschworener als auch als Aufsichtsbehörde. Für sein Engagement und die Unterstützung der Arbeit des Verbandes überreichte Schultheiß Jürgen Schubel eine Danksagungstafel mit der Sturmflutplakette vom 3. Dezember 1999. Bei dieser außergewöhnlich verlaufenen Sturmflut war der Geehrte als Geschworener des Verbandes im Einsatz.
Von Joachim Tonn