Geschäftsführer Eidt und Gawinski, Fachanwalt Neef und Verwaltungsdirektorin Kömpe vor der Klinik. Foto: Kramp
Geschäftsführer Eidt und Gawinski, Fachanwalt Neef und Verwaltungsdirektorin Kömpe vor der Klinik. Foto: Kramp
Krankenhaus Land Hadeln

Otterndorfer Krankenhaus stellt Insolvenzantrag: Was dies für die Patienten bedeutet

von Wiebke Kramp | 24.03.2021

OTTERNDORF. Die Krankenhaus Land Hadeln Otterndorf GmbH hat am Dienstag einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Welche Auswirkungen sind damit verbunden?

In dieser Maßnahme sehen die Geschäftsführer das probate Heilmittel, eine Rettungspille, die wirtschaftliche Krise zu schultern: Die Krankenhaus Land Hadeln Otterndorf GmbH stellte am Dienstagmorgen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Bevor diese Nachricht durch die Geschäftsführer André Eidt und Sigurd Gawinski sowie Verwaltungsdirektorin Ulrike Kömpe an die Presse ging, informierten sie in Versammlungen die Mitarbeiter und führten Gespräche mit dem Betriebsrat. Wir sehen darin eine nachhaltige Sicherung der Klinik", unterstrichen sie im Gespräch mit unserem Medienhaus.

Die Patientenversorgung im Krankenhaus werde in vollem Umfang aufrechterhalten und unverändert fortgeführt, betonte die Leitung in einem Pressegespräch und stellte dies auch in einem Schreiben an alle niedergelassenen Ärzte der Region deutlich fest ebenso wie seine Leistungsfähigkeit in der Grund- und Regelversorgung sowie Spezialgebieten.

Fehlende Ausgleichszahlungen aus dem Rettungsschirm

Einzig wegen der Corona-Pandemie sei das Krankenhaus seit Monaten in Schwierigkeiten. Vor allem die daraus resultierende rückläufige Entwicklung der Patientenzahlen habe die finanzielle Situation des Hauses erheblich negativ beeinflusst. Die politisch angekündigten Ausgleichszahlungen seien an verschiedene Kriterien gebunden, die auf das Krankenhaus Land Hadeln nicht vollumfänglich zuträfen. Seit Oktober 2020 seien keine Ausgleichszahlungen geflossen.

"Hätten uns das niemals vorstellen können"

Solch ein Ausmaß lag fern, als die beiden Geschäftsführer Gawinski und Eidt im vorigen Sommer begannen, dieses "Haus mit massivem Potenzial" vom Capio-Konzern zu übernehmen. Man habe sich auf gutem Weg befunden, eine gute medizinisch Leistungsstruktur sei wieder aufgebaut worden. "Wir hatten ein hervorragend aufgestelltes Krankenhaus. Niemals hätten wir uns vorstellen können, in welche massive Problematik wir da hineinschlittern", so Eidt und Gawinski erklärt: "Wir können die fehlende Unterstützung der überregionalen öffentlichen Stellen nicht nachvollziehen." Er sehe auch bei den Verantwortlichen vor Ort und vom Land Niedersachsen einen sehr starken Zuspruch. Darin sieht er die Bedeutung des Hauses als wichtiger Baustein für diese Region. "Wir wollen verhindern, dass über 17 000 Leute in diesem ländlichen Raum medizinisch unterversorgt sind - und dafür tun wir alles. Wir haben keine Probleme, wir haben nur kein Geld." Und das sei nicht hausgemacht, versicherte Gawinski. Dass ein Krankenhaus in eine solche Situation mitten in der Pandemie gerate, bezeichnete er als "einen Skandal".

Umsätze weggebrochen

Aufgrund der coronabedingten Umsatzrückgänge durch Wegbrechen von Patienten sowie erhöhte Ausgaben durch Testungen, Hygienematerial und Schutzkleidung habe die Geschäftsführung für das Krankenhaus den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Für die Mitarbeiter ändere sich nichts. Es komme zu keinen finanziellen Einbußen. Das Gehalt werde in den folgenden drei Monaten von der Agentur für Arbeit und anschließend wieder durch das Krankenhaus übernommen, sicherte die Geschäftsführung zu. Durch das Verfahren sei man voll einsatzfähig, auch die Lieferanten zu bedienen. Unterstützt werden Geschäftsleitung und das Krankenhaus durch Rechtsanwalt Gunther Neef von einer auf Insolvenzrecht und Sanierungsfragen spezialisierten Kanzlei aus Hof.

Folgenden Ablauf nannte er: Die vorläufige Eigenverantwortung bis Ende Mai, Eröffnung der Insolvenz, aus der es so schnell wie möglich herausgehen soll. "Plan ist, sie bis Ende Juli zu beenden. Nur mit diesem Verfahren kann die Liquidität gesichert und die Gehälter gezahlt werden." Das Eigenverwaltungsverfahren ermögliche es, den Klinikbetrieb komplett aufrechtzuerhalten, die finanzielle Situation schnell zu lösen und gestärkt in die zweite Jahreshälfte zu starten, kündigte Eydt an. Das Ärzteteam, Verwaltungsdirektorin Kömpe sowie die Geschäftsführer arbeiteten seit mehreren Monaten daran, die Klinik auf ein tragfähiges Fundament zu stellen.

Was ist Insolvenz in Eigenverwaltung?

Die Eigenverwaltung ist ausdrücklich ein Instrument der Unternehmenssanierung, also der Unternehmensrettung. Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung nach § 270 InsO behält das Unternehmen als Schuldner die Verfügungsgewalt und kann weiterhin selbst handeln.

Statt eines Insolvenzverwalters gibt es einen Sachwalter, der jedoch nur eine Kontroll-, Beratungs- und Aufsichtsfunktion innehat. Größter Vorteil des Verfahrens ist, dass die Verfügungsgewalt und Kontrolle bei der Geschäftsführung verbleibt. Sie darf das Unternehmen weiterhin nach innen und außen vertreten.

Der Schuldner muss das Insolvenzgericht überzeugen, dass sich die Eigenverwaltung lohnt, also gute Chancen bestehen, seine Marktfähigkeit wiederherzustellen und gegebenenfalls einen Sanierungsplan vorlegen.

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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