
Eine Woche plastikfrei? - Redakteurin im Selbstversuch
KREIS CUXHAVEN. Schnell den Jutebeutel geschnappt und fertig? Schön wär's. Doch so einfach ist es leider nicht, im Alltag komplett auf Plastik zu verzichten.
Redakteurin Jara Tiedemann hat es trotzdem versucht - und festgestellt: Vieles ist möglich. Es erfordert allerdings Disziplin, Zeit und gute Vorbereitung. Und ja, manchmal auch Verzicht. Denn beim Einkauf stößt man eben auch an Grenzen. Welche das sind und welche Produkte sich prima durch plastikfreie Alternativen ersetzen lassen, lesen Sie hier.
Ich muss gestehen, ich habe mir lange Zeit gar keine Gedanken darüber gemacht, was diese Plastikflut eigentlich für unsere Umwelt bedeutet. Seit ich wieder in Cuxhaven lebe und so viel wundervolle Natur vor der Haustür habe, hat sich das geändert. Ich wurde sensibler für das Thema. Vermutlich haben auch die furchtbaren Bilder in den Medien von Walen, die den Magen voll mit Plastikteilchen haben, ihren Teil dazu beigetragen.
Strohhalme, Plastiktüten und anderer Müll, der auf dem Deich herumfliegt, macht mich mittlerweile richtig wütend. Auch dass mein Gelber Sack nach nur einem Einkauf gefühlt halb voll ist, finde ich furchtbar. Ich möchte das nicht!
Seit etwa einem halben Jahr kaufe ich kein in Plastikflaschen abgefülltes Wasser mehr. Stattdessen habe ich mehrere Metallflaschen (0,5 l), die ich mit Leitungswasser befülle und immer dabei habe. Ich habe zwar immer lieber Wasser mit Kohlensäure getrunken, ist aber auch alles Gewöhnungssache.
Auch gehe ich eigentlich nicht mehr ohne Stoffbeutel aus dem Haus. Mittlerweile habe ich sicher eine Kollektion aus zehn bis zwölf Taschen. Wenn ich bei einem Spontaneinkauf doch mal einen Beutel vergessen haben sollte, kaufe ich eben weniger ein. Oder eben einen Stoffbeutel dazu. Bewusst auf Plastikflaschen und -tüten zu verzichten, sind kleine Schritte im Kampf gegen die Plastikflut, aber ganz einfach.
Ich wollte aber mehr. Beziehungsweise weniger. Weniger Plastikmüll. Aber eine Woche plastikfrei - geht das überhaupt? Es gibt viele Blogger, die zeigen, dass es durchaus möglich ist. Sogar ein plastikfreies Leben geht demnach. Wenn man es konsequent durchzieht.
Also habe ich recherchiert. Der meiste Plastikabfall entsteht bei mir in den Bereichen Lebensmittel, Kosmetik und Hygiene-/Haushaltsartikel. Ich habe also für alles, was ich regelmäßig an "Plastik-Produkten" nutze, nach Alternativen und Rezepten gesucht und eine Liste gemacht (s. rechts). Wie gut ich damit gefahren und wo ich in meiner plastikfreien Woche trotzdem an meine Grenzen gekommen bin, habe ich notiert.
Fürs Protokoll: Ich bin zwar keine Vegetarierin, ernähre mich aber trotzdem zum größten Teil von Obst und Gemüse. Aufschnitt und abgepacktes Fleisch gibt es also ohnehin nur sehr selten in meinem Kühlschrank. Auch Chips und Co. kann ich nicht viel abgewinnen, weshalb auch diese "Plastik-Quelle" bei mir entfällt.
Im Supermarkt verzichte ich in der Obst- und Gemüseabteilung auf die kleinen Plastiktüten und lege alles einzeln in den Korb. Auf Tomaten verzichte ich, weil es sie nicht lose gibt. Die losen Äpfel haben allerdings auch alle einen kleinen Sticker mit QR-Code drauf. Was für ein Quatsch! Aber besser als der 1-kg-Plastiksack in der Plastiktüte. Auf Champignons muss ich auch verzichten. Ebenso auf Möhren. Alles verpackt. Dafür kaufe ich Bio-Abfalltüten, die sich im Nachhinein als Fehlkauf herausstellen, weil sie sofort reißen.
Schwierigkeiten bekomme ich außerdem bei meinem geliebten körnigen Frischkäse. Den gibt's nur in Plastikschale mit Aludeckel. Ich nehme ihn trotzdem mit, weil er nun mal zu meinem Frühstück dazugehört und mir keine Alternative einfällt. Gleiches gilt für Toilettenpapier. Ich kaufe zwar das recycelte, aber die Plastikverpackung ist trotzdem da. Einzelne Rollen gibt es schließlich nicht.
Viel Plastik landet trotz heutigem Supermarkteinkauf nicht auf dem Fließband. Das kann sich sehen lassen. Kleiner Tipp: Loses Obst und Gemüse im Supermarkt dem Kassierer zu Liebe ein bisschen geordnet aufs Fließband legen. Das macht das Wiegen leichter und geht viel schneller.
Meistens gebe ich auch noch einen Mix aus Leinsamen und Mandeln dazu. Hier komme ich an meine Grenzen. In Cuxhaven gibt es leider noch keinen Unverpackt-Laden, in dem ich solche Dinge direkt ins Glas abfüllen kann.
Zum Frühstück gibt's bei mir außerdem immer eine Tasse schwarzen Tee. Den kaufe ich neuerdings lose in meinem Lieblingsteeladen in Cuxhaven. Der nette Verkäufer füllt mir den Tee direkt in mein Glas. Das ist super, denn damit erspare ich mir wieder eine Tüte und den kleinen drahtigen Verschluss. Zu Hause benutze ich ein Tee-Ei aus Metall, um den Tee aufzugießen.
Wie viele andere Menschen liebe ich Kaffee. Auf der Arbeit, zu Hause und unterwegs. Den frisch gemahlenen Kaffee lasse ich mir beim Cuxhavener Kaffeeröster ebenfalls direkt in mein Glas abfüllen. In der Otterndorfer Filiale habe ich mir kürzlich außerdem einen Kaffee zum Mitnehmen im "Recup"-Becher gekauft. Den Pfandbecher kann ich in der Cuxhavener Filiale wieder abgeben. Toll wäre es, wenn noch weitere Cafés und Bäcker dieses System einführen würden. Die Samtgemeinde Land Hadeln ist da schon ein bisschen weiter.
Apropos unterwegs: Über Pfingsten bin ich nach Sankt Peter-Ording gefahren. Im Gepäck war auch mein Thermobecher. Hatte ich unterwegs Lust auf einen Kaffee, habe ich ihn einfach beim Bäcker auffüllen lassen. Alle haben positiv reagiert und es gerne getan. Einfach fragen!
Auch Shampoo, Abschminköl, Lippenpflege, Handseife, Duschgel, Gesichtscreme und Peeling habe ich erfolgreich gegen plastikfreie Alternativen ausgetauscht. Und zwar ganz einfach.
Als Shampoo-Ersatz habe ich erst eine Haarseife aus dem Bio-Markt ausprobiert. Das hat mir gar nicht gefallen. Sie hat meine Haare merkwürdig stumpf und klebrig gemacht.
Super geklappt hat dafür aber ein Mix aus Roggenmehl und Wasser. Es schäumt zwar nicht, macht das Haar aber sauber und es fühlt sich sehr gesund an. Wer danach nicht wie ein Brötchen riechen will, kann einfach ein paar Tropfen natürliches ätherisches Öl dazugeben.
Zum Duschen benutze ich von einer Freundin selbst gemachte Seife, die man aber auch zum Beispiel auf dem Wochenmarkt bekommt.
Außerdem steht neuerdings nicht nur in der Küche, sondern auch im Bad eine Flasche Olivenöl. Zum Abschminken. Einfach eine kleine Menge aufs Wattepad geben und Gesicht und Augen ganz normal damit abschminken. Es entfernt sogar wasserfeste Mascara. Aber auch Kokosnussöl klappt prima.
Das Thema Make-up kann man sich in einem plastikfreien Leben aber ohnehin abschminken. Die meisten Produkte sind in Plastik verpackt und enthalten Mikroplastik. Also habe ich mich eine Woche gar nicht geschminkt.
Nur ohne Lippenpflegestift konnte ich nicht. Deswegen habe ich selbst welchen hergestellt. Eine alte Hülse habe ich mit einem Mix aus geschmolzenem Bienenwachs, Kokosöl und ein paar Tropfen Mandarinenöl befüllt. Im Kühlschrank aushärten lassen, fertig.
Dennoch kommt man auch an seine Grenzen. Die Industrie macht es einem eben nicht leicht. Mit Disziplin, guter Planung und Konsequenz ist es aber durchaus möglich, ein "plastikfreieres" Leben zu führen. Und das kann jeder von uns.