Dieses Bild machte Meinecke 1950. Zu sehen ist der 1945 in Kiel nach einem Luftangriff gesunkene und 1948 gehobene Frachter Detlef kurz vor dem Abwracken im Industriehafen Harburg. Dahinter sind ein weiterer Frachter und zwei Fisch-Dampfer zu sehen, vorne paddelt Regina Meinecke durch das von einem Ölfilm bedeckte Hafenbecken. Fotos: Oceanum Verlag
Dieses Bild machte Meinecke 1950. Zu sehen ist der 1945 in Kiel nach einem Luftangriff gesunkene und 1948 gehobene Frachter Detlef kurz vor dem Abwracken im Industriehafen Harburg. Dahinter sind ein weiterer Frachter und zwei Fisch-Dampfer zu sehen, vorne paddelt Regina Meinecke durch das von einem Ölfilm bedeckte Hafenbecken. Fotos: Oceanum Verlag
Geschichte

Elbe: Einzigartige Sicht auf die Schifffahrt

27.01.2019

ALTES LAND. Rolf Meinecke war einer der ganz großen Schiffsfotografen an der Unterelbe. Mit seinem Bildband "Mit Faltboot und Kamera zwischen Hamburg und Cuxhaven" hat ihm der langjährige Leiter des Archivs des Deutschen Schifffahrtsmuseums, Klaus-Peter Kiedel, ein Denkmal gesetzt. Das Besondere: Mit seinem Faltboot kam Meinecke den Schiffen auf der Elbe ganz nah und konnte diese nahezu aus der Wasserlinienperspektive ablichten.

Mehr als 12 000 Fotos umfasst der Nachlass des im Oktober 2018 verstorbenen Kaufmanns. Seit den 1950er-Jahren war Rolf Meinecke auf der Unterelbe unterwegs. Mit dem Faltboot manövrierte der Fotograf bis an den Rand der Fahrrinne, um die Frachtschiffe auf der Elbe abzulichten. Diese Aufnahmetechnik war einzigartig, betont der ehemalige Leiter des Archivs des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven, Klaus-Peter Kiedel.

Gemeinsam mit Meinecke traf der Schifffahrtsexperte eine Auswahl unter Tausenden von Negativen - von großen Frachtschiffen, Tankern, Schleppern, Baggern und Kreuzfahrtschiffen sowie Küstenmotorschiffen aus der Nachkriegszeit. Ihm gelangen Schnappschüsse von historischer Bedeutung, etwa das letzte Foto der Viermastbark "Pamir" beim Auslaufen auf der Elbe bei Lühesand am Haken zweier Schlepper.

Der 1905 gebaute Großsegler ging am 21. September 1957 im Atlantik in einem Hurrikan unter und riss 80 Seeleute mit in den Tod. Diese Katastrophe besiegelte das Ende der frachtfahrenden Segelschulschifffahrt in Deutschland.

Leidenschaft früh geweckt

Früh wurde bei Rolf Meinecke die Leidenschaft für die Schifffahrt geweckt, sagt sein Bruder Peter Meinecke. Die Mutter entstammte einer Altländer Schifferfamilie, der Giekewer von Großvater Johann Kriett lag vor Sandhörn. Der Ewer, mit ihm wurde Obst nach Schleswig-Holstein verschifft, und die beiden Beiboote waren sein Abenteuerspielplatz. Auch das Treiben im Hafen und auf den Werften in Stade übten eine ungeheure Faszination auf den am 3. November 1927 geborenen Stader aus; dem Großvater väterlicherseits gehörte eine Bäckerei in Stade mit einem Plakat der Hamburg-Amerika-Linie.

Bereits der Vater war ein begeisterter Schiffsfotograf. Doch der Traum von einer Leica blieb vor dem Weltkrieg unerfüllt, sie war einfach unerschwinglich. Nach dem Ende des Kriegs und der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft holte Meinecke das Abitur nach - trotz des Dranges zur Seefahrt. 1947 erwarb er für 1500 Reichsmark, das entsprach dem Gegenwert von 250 US-Zigaretten, ein Kajak aus Vorkriegsbeständen.

Mit der alten Kodak-Box (Rollfilm) der Familie machte er die ersten Aufnahmen. Nach der Währungsreform legte sich der Lehrling ein Einer-Faltboot (Hardt) zu - für 50 Mark. Zum Vergleich: Sein monatlicher Verdienst lag bei lediglich 40 Mark. Die erste Kleinbildkamera, eine Akarette, kostete ihn ein Angestelltengehalt: 115 Mark. Auf der Elbe war wenig unterwegs, nur uralte Frachtschiffe, Motorsegler und Kümos, die den Krieg überlebt hatten und von den Alliierten "wegen ihres jämmerlichen Zustands" nicht beschlagnahmt worden waren.

Reizvolle Spiegelungen

Erst in den 1950er-Jahren herrschte wieder Hochbetrieb auf der Elbe. Die ersten genehmigten Neubauten deutscher Reeder, vom Einheits-Fischdampfer bis zum Potsdam-Frachter, liefen vom Stapel. Mit ungläubigem Staunen, so Kiedel, hätten die Lotsen und die Schiffsbesatzungen auf den wagemutigen Faltbootfahrer geschaut. Sein Markenzeichen waren Schiffsporträts mit reizvollen Spiegelungen und sanften Wellen im Vordergrund. Zahlreiche Bildbände und Standardwerke zur Küstenschifffahrt, zur Geschichte der deutschen Handelsflotte seit 1945 und zum Serienschiffbau und Ausstellungen in Museen wären ohne die Aufnahmen des Amateurfotografen, zuletzt stieg der Wahl-Hamburger auf Digitalkameras um, nicht entstanden.

Seit 1949 begleitete ihn seine Frau Regina, die seine Begeisterung für Wasser und Schiffe auch bei Touren mit dem Segelboot auf Nord- und Ostsee teilte. Fachkundig hat Kiedel die 80 Abbildungen mit Erläuterungen versehen - verbunden mit der ersten Biografie des bekannten Schiffsfotografen. Oceanum-Verleger Tobias Gerken: "Es ist ein beeindruckendes Lebenswerk."

Der Bildband

"Mit Faltboot und Kamera zwischen Hamburg und Cuxhaven. Rolf Meineckes einzigartige Schiffsfotografien von der Unterelbe aus den 1950er Jahren" von Klaus-Peter Kiedel mit mehr als 80 großformatigen Duplexabbildungen ist im Oceanum Verlag (Wiefelstede) erschienen und kostet 19,90 Euro. ISBN 978-3-86927-090-6, 80 Seiten 27 x 24 cm. Lesenswert.

www.oceanum.de

Von Björn Vasel

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