So soll der für das LNG-Terminal ausgebaute Hafen in Stade aussehen. Grafik: N-Ports
So soll der für das LNG-Terminal ausgebaute Hafen in Stade aussehen. Grafik: N-Ports
Kostet Hunderte Millionen

Wann startet Hafenausbau in Stade: N-Ports gibt klare Aussage

09.10.2022

STADE. Wann geht es mit dem 200 Millionen Euro teuren Ausbau des Stader Seehafens weiter? Die Frage trieb viele Insider um. Bis jetzt. Auf Nachfrage gab es von Hafenbetreiber N-Ports eine klare Aussage, die die Stader freuen wird.

Greg Northrup ist ein freundlicher, älterer Herr mit der typisch amerikanischen Baseballcap auf dem Kopf. Er ist CEO, also Chef, des Verbio-Ablegers in den USA. Verbio hat sich darauf spezialisiert, aus Pflanzenresten wie Stroh und abgeerntetem Mais Biogas herzustellen. Vorstandsvorsitzender der aus Deutschland weltweit operierenden Gruppe ist Claus Sauter.

"Lieber heute als morgen"

Sauter war vor einem Jahr in Stade, hat sich den Hafen angesehen und für gut befunden. Jetzt tat es ihm sein US-CEO auf Einladung vom Stader CDU-Bundestagsabgeordneten Oliver Grundmann gleich. Sie würden lieber heute als morgen ihre Produkte über einen Anleger für verflüssigte Gase über Stade zu ihren Kunden nach Deutschland bringen. Es soll sich dabei nach Aussagen von Northrup um bis zu 1,8 Milliarden Kubikmeter Biomethan jährlich handeln. Das in Stade geplante LNG-Terminal hat eine Kapazität von gut 13,5 Milliarden.

Ihre ernsthaft vorgetragene Option knüpft sich an Bedingungen. Die Gesetzeslage müsse eindeutig sein, damit das Biogas zum Beispiel als klimaneutraler Kraftstoff für Lkw verwendet werden kann. Das Industriegleis in das Industriegebiet Bützfleth müsse funktionstüchtig sein. Und am wichtigsten: Das LNG-Terminal müsse in Betrieb sein.

Wann das soweit ist, und ob es wirklich so kommt, schien bis Donnerstagnachmittag infrage zu stehen. Eine Nachfrage bei N-Ports mit Sitz in Oldenburg brachte Klarheit.

Die Problemlage: N-Ports als landeseigener Hafenbetreiber steht vor einer Investition in Höhe von mindestens 200 Millionen Euro. Jeweils 100 Millionen Euro schießen Bund und Land dazu. Sollte die derzeit laufende Ausschreibung Mehrkosten ergeben, was erwartet wird, soll ein möglicher Kredit weitere 100 Millionen Euro abdecken. N-Ports zögerte, angesichts der hohen Summe die Vergabe zu finalisieren. Bis zum vergangenen Donnerstag.

Hafenbetreiber will Sicherheiten

N-Ports wollte Sicherheiten. Entweder von der Politik oder Ministerien - oder aber eben von der Hanseatic Energy Hub (HEH), die als Projektentwickler das stationäre LNG-Terminal mit einer Investition von mindestens 800 Millionen Euro plant. Die HEH wird voraussichtlich erst im Sommer 2023 ihre Investitionsentscheidung fällen. Politik und Ministerien in Niedersachsen sind durch die Landtagswahl gelähmt. Jetzt springt wieder der Bund ein.

Ganz aktuell habe der Bund die Refinanzierung der landseitigen Infrastruktur zugesagt, teilte N-Ports-Sprecherin Dörte Schmitz mit. Damit könne die Landesgesellschaft die Gelder für den wasserseitigen Ausbau freigeben. Das solle bereits in der nächsten Woche mit der Auftragsvergabe geschehen.

Marcus Schlichting, Vorsitzender des Vereins Seehafen Stade, weiß um die jetzt ausgeräumten Schwierigkeiten, sagt aber ganz deutlich: "Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, benötigen wir den Anleger für verflüssigte Gase in Stade." Eben auch, um CO2-neutrales Biogas von Verbio zu importieren. Die würden damit Lkw oder Schiffe bedienen. Ihr Produkt soll klimafreundlich mit Kesselwagen der Bahn abtransportiert werden. Das Industriegleis gibt es zwar, es hat aber kaum mehr Kapazitäten.

Industriegleis-Verlegung?

Nicht umsonst plant die Stadt daher die Verlegung der Bahnstrecke parallel zur projektierten Autobahn A 26 östlich an Stade vorbei. Auf einem gemeinsamen Sanddamm sollen dann Fahrbahnen für die Autos und das Gleis für die Güterzüge gebaut werden. Die Pläne sind fix, die Finanzierung noch nicht. Die Stadt, die selbst 15 Millionen Euro zur Verlegung beitragen würde, beißt derzeit sowohl beim Bund als auch beim Land auf Granit. Keiner gibt eine Zusage.

Das wiederum bringt einen alten Kämpfer für die Verlegung des Industriegleises auf die Palme: Hans-Henning Hoins. Er kämpft seit 17 Jahren für das Projekt, macht gebetsmühlenartig auf die Gefahren aufmerksam, die von den Chemiewaggons ausgehen, die mitten durch die Stadt gezogen werden. Nicht auszumalen, so Hoins, wenn es im Stader Bahnhof mal einen Zusammenstoß mit einem Passagierzug geben sollte.

Das Versprechen, das sich einst Stadt, Land und Bahn gegeben haben, das Industriegleis zu planen und zu verlegen, werde offenbar nicht gehalten. Das enttäusche und schaffe kein Vertrauen in die Politik. Die Problemlage hier: Die Realisierung der Autobahn A 20 mit dem Elbtunnel bei Drochtersen und mit ihr die Anbindung der A 26 von Stade nach Kehdingen ist aus Umweltschutzgründen ins Stottern geraten. Fraglich ist, ob die A 20 und die Fortführung der bestehenden A 26 jemals gebaut werden. Sollten sie ad acta gelegt werden, sieht es mit einem neuen Industriegleis schlecht aus.

Angesichts der Gemengelage war am Standort Stade die Euphorie zwischenzeitlich verflogen, dass mit dem schwimmenden Gasschiff, der FSRU, der Ausbau des Stader Hafens zum Energiehafen einhergeht, und dass die schwimmende LNG-Station 2026 nahtlos vom großen Terminal an Land abgelöst wird. Die FSRU soll in gut einem Jahr jährlich fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas ins deutsche Netz einspeisen.

Schlepper fehlen

Die vorbereitenden Arbeiten für den Hafenausbau laufen am Elbufer auf Höhe des Dow-Werkes. Die Zufahrt zur Baustelle am Wasser über Stadersand wird vorbereitet. Marcus Schlichting macht sich bereits Gedanken über die Zeit nach dem Bau des LNG-Anlegers. Der erweiterte Hafen in Stade muss auch betrieben werden. Und Schlepperkapazitäten zum An- und Ablegen der Gastanker sind in Deutschland absehbar rar. Das nächste, wenn auch vergleichbar kleinere Problem.

Von Lars Strüning

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