Die Fährrampe am Cuxhavener Steubenhöft ist seit Ende 2017 verwaist. Wann je eine Elbfähre wieder den Betrieb aufnimmt, steht derzeit in den Sternen. Foto: Sassen
Die Fährrampe am Cuxhavener Steubenhöft ist seit Ende 2017 verwaist. Wann je eine Elbfähre wieder den Betrieb aufnimmt, steht derzeit in den Sternen. Foto: Sassen
Verkehr

Elbfähre: Politik auf die Spur setzen

von Ulrich Rohde | 18.05.2019

CUXHAVEN. Auf Einladung der Linken analysierten Schifffahrtsexperten das Dauer-Dilemma des nicht gesicherten Fährbetriebs von Cuxhaven nach Brunsbüttel. 

Nach Ansicht der Linken soll eine Projektgruppe gebildet werden, um die Politik auf kommunaler, Landes- und Bundesebene zum Handeln zu zwingen.

Kommt die Fähre, kommt sie nicht? Seit Monaten wird die Öffentlichkeit in Cuxhaven und Brunsbüttel mit Ankündigungen und anschließenden Rückziehern in Atem gehalten. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass die Elbferry GmbH den Fährbetrieb aufnehmen wird. Umso größer ist aber das Interesse in der Bevölkerung, dass es wieder eine dauerhafte und verlässliche Verbindung über die Elbe gibt.

Das wurde am Donnerstag im "Seestern" am Steubenhöft deutlich, als der Kreisverband der Linken zum Expertengespräch unter der Fragestellung "Elbe-Fähre - letzte Chance?" eingeladen hatte. Das Interesse, Neuigkeiten zu erfahren oder wenigstens die Ursachen erklärt zu bekommen, warum bisher alle Versuche, einen Fährbetrieb zu etablieren, in den Sand gesetzt worden sind, war groß.

Einen der Gründe nannte der Cadenberger Anwalt, Schifffahrtsrechtler und Linken-Politiker Rolf Geffken zu Beginn: "Hätte man in der Vergangenheit auf die Warnungen gehört, hätten Fehler vermieden werden können und wir wären heute schon weiter. So haben wir viel Zeit verloren." Er regte an, eine überparteiliche Projektgruppe zu bilden, die sich mit Modellen und Ideen zum Fährbetrieb beschäftigen soll. "Dabei darf die Trägerschaft in öffentlicher Hand kein Tabu sein, ob nun im Eigenbetrieb oder mit der Vergabe des Betriebs an Private", so Geffken. Der Politik müssten nun konkrete Handlungsoptionen gegeben werden. Geffken: "Es muss Druck erzeugt werden. Die Politik muss gezwungen werden, den Experten zuzuhören."

Die waren auf dem Podium vertreten: Zum einen der Cuxhavener Schiffssachverständige Jürgen Grzeskowiak, der die Entwicklungen seit Jahren kritisch begleitet, dann Klaus-Peter Lasse, Bremer Schiffskonstrukteur von L + P Naval Consult Lasse + Pache, sowie Jan Ehlers von der Schiffsklassifikationsgesellschaft Bureau Veritas. Lasse, der viel Erfahrung mit dem Bau von Fähren hat, sagte: "Je größer die Fähren, desto unrentabler sind sie."

Teure Fähr-Abenteuer

Das sei den Elb-Link-Fähren zum Verhängnis geworden, so Jürgen Grzeskowiak. Der Betrieb der als Seeschiffe mit voller Eisklasse deklarierten "Grete" und "Anne-Marie" sei zu teuer gewesen. Im Durchschnitt seien drei Lkw, 18 Pkw und 70 Personen transportiert worden. Einnahmen von 1200 Euro pro Fahrt hätten nicht ausgereicht, um die Kosten von 1600 Euro je Fahrt zu decken. Versuche, die Fähren schneller zu machen, hätten zu Schäden geführt, zudem Unmengen an zusätzlichem Treibstoff verbraucht. Die anfängliche Lotsenpflicht für die nicht deutschsprachigen Schiffsführer hatte außerdem eine Million Euro gekostet. Frühzeitige Warnungen habe niemand hören wollen. Sein Angebot, das niedersächsische Wirtschaftsministerium zu beraten, sei von der damaligen Staatssekretärin Daniela Behrens ausgeschlagen worden. Auch der Landtagsabgeordnete Uwe Santjer habe nur freundlich abgewunken: "Die Fähren sind doch vom Himmel gefallen."

Die von Grzeskowiak und Lasse entwickelte Idee, kleine, schnelle Katamaranfähren als Binnenschiffe auf der Strecke einzusetzen, wurde nach dem Scheitern von Elb-Link an Cuxhavens Oberbürgermeister Ulrich Getsch herangetragen. Getsch habe, so Grzeskowiak, zugesagt, die Pläne an Wirtschaftsminister Bernd Althusmann weiterzuleiten. Doch der Entwurf sei offenbar in der Schublade gelandet. Stattdessen kam die Elbferry GmbH mit der gebrauchten norwegischen Fähre "Fanafjord" ins Spiel, ein 130 Meter langes Schiff, bei dem jede Fahrt nach Berechnungen von Grzeskowiak trotz Flüssiggas-Betriebs etwa 2000 Euro kosten würde. Die "Fanafjord" könnte nur mit einer befristeten Sondergenehmigung schneller als die auf der Elbe erlaubten 15 Knoten laufen. Es müsse geprüft werden, ob die Fähre mit ihrem Wellenschlag Uferschäden verursacht.

Die Absicht von Elbferry, vor allem auf Lkw zu setzen, etwa 20 pro Fahrt seien nach deren Aussage gesichert, hält Grzeskowiak für gewagt. Dann müssten 40 Lkw, auch Gefahrgutlaster, in einer halben Stunde aus- und eingeladen werden. Grzeskowiak: "Das ist nicht machbar." Zudem würden 20 Lkw nacheinander eine Schlange von etwa 400 Metern bilden, hinzu kämen die Pkw. Eine zügige Abwicklung an den beiden Fähranlegern hält der Experte für wenig realistisch.

Es geht auch wirtschaftlich

Die 70 Meter langen Katamaran-Fähren, ebenfalls LNG-betrieben, würden lediglich bis zu 900 Euro pro Fahrt kosten. Als Binnenschiffe bräuchten sie nur die Hälfte des Personals eines Seeschiffes. Sie verursachten keinen Schwell und könnten problemlos 20 Knoten fahren. Bislang hat sich allerdings niemand gefunden, der die zwei im Entwurf fertigen Katamarane für jeweils 20 Millionen Euro bauen würde. Dabei hätten sie sich schon nach zehn Jahren Betrieb amortisiert, meint Grzeskowiak. Tief gestapelt würden sich jährlich Einnahmen von 7,4 Millionen Euro und Ausgaben von 5,6 Millionen Euro ergeben. Ein satter Gewinn bliebe übrig.

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Redaktionsleiter
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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