Elbvertiefung: Verheerende Folgen für die Natur
KREIS CUXHAVEN. 150 Kilogramm tote Elbfische kübelten Umweltschützer am Donnerstag vor den Sitz der Hamburger Wirtschaftsbehörde.
Das Bündnis "Lebendige Tidealbe" aus BUND, Nabu und WWF fordert die Aussetzung der anstehenden Baggerarbeiten für die Elbvertiefung.
Die verendeten Fische vor dem Behördeneingang sind dem derzeitigen akuten Sauerstoffmangel im Fluss zum Opfer gefallen. Das Baggern verschärfe den Sauerstoffmangel, weil aufgewirbelte Sedimente die Trübung verstärkten, so die Umweltverbände.
"Während in der Elbe massenhaft die Fische sterben, hält die Wirtschaftsbehörde unbeirrt an ihrem Plan fest, in Kürze mit den Baggerarbeiten für die nächste Elbvertiefung zu beginnen", beklagt sich Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Die Sauerstoffwerte seien so niedrig, dass selbst erwachsene Tiere, die normalerweise besser an kritische Situationen angepasst seien, elend zugrunde gingen. Stint, Meerforelle, Lachs, Zander und Finte würden durch die Baggerarbeiten zusätzlich geschädigt. Jede weitere Beeinträchtigung der Elbe führe dazu, dass die Stint-Bestände weiter einbrechen und damit die Nahrungsquelle für Schweinswale, Seeschwalben oder größere Fische wie den Zander versiege, sagt Alexander Porschke, Nabu-Vorsitzender in Hamburg.
Unesco-Welterbe gefährdet?
Die Aktion ist nicht die einzige, die sich derzeit gegen den weiteren Ausbau des Flusses richtet. Der Nabu, die Schutzstation Wattenmeer, der Verein Jordsand und das Bündnis Naturschutz in Dithmarschen haben sich in einem Brief an die Unesco in Paris gewandt, um die deutschen Behörden an ihre Verpflichtungen hinsichtlich des gerade zehn Jahre bestehenden Schutzstatus des Wattenmeers als Weltnaturerbe zu erinnern. Besonders der Teilverschluss der Medemrinne zur Dämpfung der Strömung werde verheerende Auswirkungen auf die natürliche Dynamik des Elbeästuars und das südliche schleswig-holsteinische Wattenmeer haben, glauben die Umweltverbände.
Ein weiterer Eingriff werde kaum weniger folgenschwer sein: Das auf 378 Hektar geplante Schlickverklappungsgebiet östlich der Fahrrinne zwischen Kugelbake und Neuwerk am Neuen Lüchtergrund. Bis zu 15 Millionen Kubikmeter Schlick jährlich aus der Unterhaltungsbaggerei sowie aus der Elbvertiefung über einen Zeitraum von zwei Jahren - etwa 12,5 Millionen Kubikmeter Aushub -, der hier demnächst gelagert wird, sollen ebenfalls die Strömung abbremsen. Es sei höchst wahrscheinlich, dass sich Sedimente aus den Verklappungen auf dem Watt vor Cuxhaven ablagern werden. Durch das Großprojekt Elbvertiefung und seine drastischen Folgen für die Natur werde der Unesco-Welterbe-Status des Wattenmeers massiv gefährdet. 38,5 Millionen Kubikmeter Baggergut aus der Elbvertiefung werden zudem zwischen Brokdorf und Medemrinne deponiert.
Parallel zu den Initiativen läuft eine von der Cuxhavener Umweltschützerin Tanja Schlampp initiierte Petition im Bundestag gegen die Elbvertiefung und Schlickverklappungen am Nationalpark Wattenmeer, die inzwischen von etwa 50 Organisationen mitgetragen wird.
Hafenschlick in die Nordsee
Ein weiterer Brennpunkt für das Elbe-Baggergut dürfte in zwei Jahren die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) nordwestlich von Helgoland werden. 2021 enden die mit Schleswig-Holstein vereinbarten Verklappungen von Hamburger Hafenschlick bei der Tonne E3 südlich von Helgoland. In der AWZ könnten jährlich bis zu 5 Millionen Kubikmeter Schlick aus dem Hamburger Hafen versenkt werden. Das Antragsverfahren dazu ist seitens des Hamburger Senats in Arbeit. "Damit würde dann die Nordsee auf ewig zur Müllkippe für Hamburg werden", sagt Klaus Schroh vom Cuxhavener Nabu.