
Zunehmende Verschlickung der Elbe: Elbfähre-Betreiber sendet SOS
WISCHHAFEN/GLÜCKSTADT. Bei Ebbe kann die Überfahrt mit der Elbfähre zwischen Wischhafen und Glückstadt zu einem echten Abenteuer werden.
Da kommt es schon mal vor, dass sich die Autofähre erst mal aus der Schlickfalle befreien muss - oder zeitweise gar nicht fahren kann. Die Nutzer spüren diese Auswirkungen empfindlich. So bereitet Entschleunigung keinen Spaß. Manchmal müssen sie stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen. Ein Umfahren des Nadelöhrs dieser einzigen Querungsmöglichkeit nördlich von Hamburg bedeutet meist keine Option. Die Verschlickung stellt für die Betreiber ein zunehmendes Ärgernis dar.
"Diesen Sommer ist es besonders schlimm gewesen", schildert Tim Kunstmann, FRS-Elbfähren-Geschäftsführer, im Gespräch mit unserem Medienunternehmen. Er sendet SOS und wünscht sich von der Politik, zeitnah zu reagieren und zu helfen.
Signifikant schlechter
Die Zunahme der Verschlickung hängt aus Sicht der Fährbetreiber direkt mit der jüngsten Elbvertiefung zusammen. "Das hat die Situation signifikant verschlechtert. Es ist zu Wartezeiten von bis zu fünf Stunden gekommen, weil wir an manchen Tagen wegen des Schlicks nur halb beladen fahren können. Wenn es sich weiter verschlechtert und nichts getan wird, werden wir so nicht weitermachen können", beschreibt Kunstmann. Den Leuten, die warten müssten, sei schlecht darzustellen, warum man nicht voll beladen fahren könne. Ein zügiges Einschreiten - und das ganz unabhängig von der Diskussion über die A 20 mit Elbtunnel sei unabdingbar. "Wir brauchen für das Hier und Jetzt einen Ausbaggerung."
Propeller stark abgeschliffen
Und auch das Material der vier Fährschiffe werde durch die Situation stark beansprucht. "Bei den Werftarbeiten zeigt sich, dass die Propeller bis zu zehn Zentimeter durch den Sand abgeschliffen sind; das ist bei keinem anderen unserer 80 Schiffe weltweit der Fall."
Seitens des Landkreises Stade und der Samtgemeinde Nordkehdingen läuft ein Pilotprojekt, ob ausgebaggerter Schlick aus der Wischhafener Fahrrinne zum Deichbau genutzt werden kann. Ausdrücklich begrüßt wird diese Initiative von der FRS. Aber deren Wünsche an die Politik gehen weiter - und sie richten sich gleichermaßen an Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Es geht um nicht weniger als die Zukunftssicherung. Der Fährbetreiber hat ein klimaneutrales Konzept mit einer stabilen und schnellen Fährlinie vorgelegt. Sie benötigt dafür aber wegen hoher Investitionen die Zusicherung, dass der A20-Tunnel unter der Elbe nicht gebaut wird. Tim Kunstmann beschreibt das so: "Als FRS-Elbfähre haben wir das Dilemma, dass wir zwar ein Konzept haben, aber nicht nicht die politische Unterstützung, um es durchzusetzen." Ausdrücklich begrüßt werden die Pläne übrigens von Seiten der Natur- und Umweltschutzverbände.
Das Konzept sieht vor vor, dass im ersten Schritt vier emissionsfreie Elektrofähren mit jeweils einer größeren Kapazität als die bisherigen Fähren gebaut werden. Diese Schiffe seien konzipiert. Hierzu habe die FRS bereits in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Schiffsdesignbüro Technologie Services ein professionelles Schiffsbaukonzept entwickelt. Insgesamt vier CO2-neutrale Doppelendfähren sollen neu gebaut und eingesetzt werden. Dadurch würden zeitraubende Wendemanöver in den Häfen wegfallen. Ebenfalls ist es geplant, den Anleger in Wischhafen in Richtung des Elbfahrwassers zu verlegen. Dort soll ein Doppelanleger entstehen, der das zeitgleiche Be- und Entladen von zwei Fähren in Wischhafen ermöglicht. Zusammen mit einer verkürzten Strecke werde so für eine höhere Taktung und Anzahl der Abfahrten gesorgt.
Im zweiten Schritt ist der Anleger in Glückstadt an der Reihe, um ebenfalls zu einem Doppelanleger umgebaut zu werden, der ein gleichzeitiges Be- und Entladen zweier Fähren ermöglicht. Zudem wird der Anleger entsprechend neu ausgerichtet, sodass die Rhinplate, die vor dem heutigen Anleger liegt, nicht mehr komplett umfahren werden muss.
FRS-Gruppe
Die FRS-Gruppe mit Sitz in Flensburg hat sich von einer regionalen Passagierschiff-Reederei in den vergangenen Jahren zu einer international tätigen Unternehmensgruppe mit rund 2000 Beschäftigten entwickelt. Die FRS betreibt rund 80 Schiffe weltweit. Auf ihren nationalen und internationalen Fährlinien befördert sie nach eigenen Angaben jährlich insgesamt 7,9 Millionen Passagiere und 2,1 Millionen Fahrzeuge. Zur FRS-Gruppe gehören Tochterunternehmen mit Sitz in Europa, Nordafrika, Nordamerika und dem Nahen Osten. In der Region Norddeutschland sind vor allem die FRS-Syltfähre und Elbfähre Glückstadt-Wischhafen bekannt sowie die Helgoline mit ihrem Katamaran "Halunder Jet".