
Energiewende in Cuxhaven: Investitionswillige werden ausgebremst
CUXHAVEN. So stark wie nie zuvor beschäftigen sich Privatleute auch in Cuxhaven mit der Frage, was sie selbst tun können, um in Sachen Strom und Gas unabhängiger zu werden und langfristig zu sparen. Doch einfach ist das nicht.
Die Energiewende muss gelingen - wegen des Klimas, wegen Putin und wegen eines sich ankündigenden Preisschocks in bislang unbekannten Dimensionen. In einer Artikelreihe werden wir in den nächsten Wochen - auch im Rahmen unserer Serie zum Preisschock - mit Fachleuten sprechen, kleine technische Möglichkeiten vorstellen, die keine Riesen-Investition erfordern, Tipps zum Betrieb und zur möglichen Aufrüstung der Heizung geben, aber auch der Frage nachgehen, warum in ziemlich dramatischen Zeiten wie diesen nicht einige bürokratische Hürden eingerissen werden.
Handwerk wird überrollt
Tatsache ist, dass die einschlägigen Fachbetriebe und Handwerksunternehmen derzeit überrollt werden von den Anfragen verunsicherter - aber auch tatenlustiger und investitionswilliger - Bürgerinnen und Bürger. So sehr, dass sich die Termine längst in das Frühjahr des kommenden Jahres hineinziehen.
Nicht nur, weil es an Personal mangelt, sondern vielfach auch an Material. Resultat: "Wir wollen etwas tun, aber wir kommen einfach nicht weiter" - in vielen Familien und Freundeskreisen ist dies im Moment das Thema Nummer eins.
Ist mein Dach geeignet?
Das gestiegene Interesse an der Installation von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf dem Dach (also zur Strom- und Wärmeversorgung) kann die Stadt Cuxhaven eindrucksvoll an den stetig steigenden Zugriffen auf dem Solardachkataster im Internet ablesen. Monat für Monat machen sich hier mehrere 100 bis weit über 1000 Interessierte kundig. Auf einen Blick ist auf der Seite https://solardachkataster.cuxhaven.de zu erkennen, ob und welche Dachflächen auf einem Grundstück für die Installation einer Solaranlage geeignet sind. Fläche mit hoher Sonneneinstrahlung sind auf einen Blick an ihrer orangefarbenen Darstellung zu erkennen. Dabei tun sich auch noch große Flächen auf öffentlichen und Gewerbe-Gebäuden auf.
Solardachkataster der Stadt
Seit Januar stellt die Stadt Cuxhaven in Zusammenarbeit mit der Firma Geoplex die Seite zur Verfügung. Hausbesitzerinnen und -besitzer erhalten hier darüber hinaus zahlreiche Hintergrundinformationen über technische Möglichkeiten sowie rechtliche Fragen.
Leute wollen investieren
Dass die Menschen bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, bestätigt Florian Voigt-von Ahnen, Pressesprecher der Stadtsparkasse Cuxhaven: "Die Nachfrage nach Investitionen in die Erneuerung von Heizungsanlagen, Luft-Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen ist in den vergangenen Wochen stark gestiegen", berichtet er. Ein Problem für die Kundinnen und Kunden seien aber die derzeit langen Lieferzeiten von etwa sechs bis acht Monaten. Doch selbst diese langen Zeiten könnten von den Firmen nicht garantiert werden.
Beim Neubau Standard
Bei Neubauten seien die Investitionen in erneuerbare Energien (Luft-Wärmepumpen) ohnehin Standard und von der Politik vorgeschrieben und daher immer Teil der Finanzierungs-Beratung. Im Rahmen des Kaufs von Gebraucht-Immobilien sei der Austausch von Heizungsanlagen durchaus ein Thema (je nach Alter der Anlage). Oft seien Kundinnen und Kunden zunächst mit dem Kauf beschäftigt und kümmerten sich zum Teil erst ein bis Jahre später um die Umrüstung.
Angst vor Kostenexplosion
Bei den Besitzerinnen und Besitzern von Bestandsimmobilien sei derzeit deutlich die Angst zu spüren, dass ihnen die Kosten wegliefen - das wirke sich spürbar auf die Nachfrage nach Umrüstungen und Neuinstallationen aus.
Die Frage, ob Bürokratie und komplizierte Förderanträge den Tatendrang stoppen, kann Florian Voigt-von Ahnen durchaus bejahen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) habe am 26. Juli 2022 bekannt gegeben, dass im Programm 262 (Bundesförderung für effiziente Gebäude) die Förderung von Einzelmaßnahmen zum 28. Juli 2022 eingestellt werde. Gleiches sei am Jahresanfang mit dem sehr kurzfristigen Stopp des KfW-Programms für Neubauten geschehen. Das habe zu einer großen Verunsicherung bei bauwilligen Kunden geführt. Eine solche Vorgehensweise erschwere die Planungssicherheit.
Zudem seien mittlerweile die Standards der KfW-Programme für effiziente Gebäude derart angehoben worden, dass Kunden mehr investieren müssten, um Zuschüsse beantragen zu können. Erfreulicherweise würden für energetische Einzelmaßnahmen aber weiterhin BAFA-Zuschüsse (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gewährt.