Betroffene erhalten von EWE keine Barzahlung. Foto: Adelmann
Betroffene erhalten von EWE keine Barzahlung. Foto: Adelmann
Gebühren

EWE-Abwasser-Affäre: Bürger kriegen nichts in bar

von Kai Koppe | 04.12.2018

CUXHAVEN. Nach der Abwasser-Panne in Höhe von rund 9,3 Millionen Euro bekommen die Betroffenen keine Erstattung in bar. Stattdessen soll der offene Betrag verrechnet werden.

Erste Zuschriften hat es bereits gegeben. Deren Absender wandten sich an den mit dem Gebühren-Inkasso beauftragten Wasserversorgungsverband Land Hadeln und teilten ihre Kontonummer mit: Verbunden mit der Bitte um Rückzahlung jenes Gebührenanteils, den der Entsorger EWE Wasser GmbH in den letzten Jahren zu viel berechnet hat.

"Vereinzelt" habe er solche Briefe in den vergangenen Tagen bekommen, berichtet Verbandsgeschäftsführer Torsten Heitsch in einem Telefonat mit unserer Zeitung. Ganz gleich, wie ernst gemeint diese Forderungen auch gewesen eine mögen - an der Art und Weise, wie der Abrechnungsfehler des lokalen Entsorgers EWE Wasser GmbH bereinigt werden soll, werden sie nichts ändern. Individuelle Erstattungen im Sinne eines ausweislich der persönlichen Abwasserrechnung erfolgenden "Cashbacks" sind im System nicht vorgesehen. "Das Gebührenrecht ist in diesem Punkt sehr klar", erläuterte Oberbürgermeister Ulrich Getsch in der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag. Verbraucher, die vor dem Hintergrund der einen Schaden von 9,3 Millionen Euro ausmachenden EWE-Affäre auf einen dicken Verrechnungsscheck spekulieren, werden vermutlich enttäuscht: Es gebe leider kein zusätzliches Weihnachtsgeld, erklärte Getsch, als er einer Bitte der Grünen-Ratsfraktion folgend zu Sitzungsbeginn auf das Thema EWE Wasser zu sprechen kam. Nichtsdestotrotz steht aus Sicht von Politik und Verwaltung außer Frage, dass die von der Oldenburger Konzernmutter in Aussicht gestellte Erstattung in vollem Umfang an Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden muss. Geschehen soll das in Form einer Vertragskündigung und einer sich daran anschließenden Neukalkulation der Abwassergebührenordnung. Die gilt eigentlich noch bis 2020, soll in Anbetracht der Abrechnungspanne nun aber schon nach dem bevorstehenden Jahreswechsel neu durchgerechnet werden. Gleichzeitig will die Stadt den gegenüber dem Entsorger zu leistenden Abschlag für das 4. Quartal 2018 kürzen: Der Oberbürgermeister sprach von einer Entgeltminderung in Höhe von 2,34 Millionen Euro.

Gleichzeitig klang im OB-Bericht durch, dass sich Gebührenzahler im nächsten Kalkulationszeitraum zwar über sinkende Abwassergebühren freuen dürfen - aber trotzdem keine Wunder erwarten sollten. "Was nicht passieren darf, ist, dass wir zuerst um 80 Euro entlasten, um später 90 Euro draufzuschlagen", betonte Getsch.

Wie schon vor einer Woche im Ausschuss für Technische Dienste nahm der Oberbürgermeister auch in der Ratssitzung zur Chronologie der Ereignisse Stellung. Nach seinen Angaben hatte der Entsorger erstmals im September 2017 gegenüber der Verwaltungsspitze verlautbaren lassen, dass mit den Abrechnungen etwas nicht stimmen könnte. Das sei aber "nicht so schlimm", soll die EWE damals versichert und auf eine Reihe von auf dem Gelände der Cuxhavener Kläranlage getätigten Investitionen verwiesen haben. Offenbar wurde vorübergehend der Eindruck erzeugt, dass die Stadt ohnehin noch eine Menge zu zahlen habe und ein Lapsus bei der Zinskalkulation nicht viel mehr als eine Senkung der inzwischen hoch umstrittenen Forderungen gegen die Kommune bedeutet.

Bemerkt haben soll der Konzern den Fehler, als er nach einer Übernahme des EWE Wasser-Vorläufers EGC (2016) damit begann, das vorhandene Zahlenmaterial zu durchforsten. Nach Schilderungen des Oberbürgermeisters bemühte sich der Entsorger in Folge darum, die Cuxhavener Partner dazu zu bringen, einen neuen Vertrag abzuschließen. Die Verwaltung habe sich, so betonte Getsch am Donnerstagabend, jedoch geweigert, solch ein Papier zu unterschreiben: Augenfällig war offenbar, dass die Stadt - und damit auch der Gebührenzahler - dabei den Kürzeren ziehen würde.

Auf der Hut ist man im Rathaus aktuell wegen der oben angesprochenen Investitionen: Nach Verwaltungsangaben ist beileibe nicht klar, ob die auf dem Klärwerksgelände vorgenommenen Maßnahmen überhaupt gebührenwirksam abgerechnet werden können. Denn abgesehen von der Tatsache, dass solche Investitionen einer vorherigen Zustimmung des Rates bedürfen, müssen Bauarbeiten, die das Säckel des Gebührenzahlers belasten, hinterher zu einer echten Leistungssteigerung der Anlage führen. Inwieweit eine stärkere Pumpe oder gar Arbeitsschutzmaßnahmen für das Klärwerkspersonal diesem Anspruch gerecht werden können, vermag die Verwaltung nach eigenen Angaben nicht einzuschätzen. Deshalb will die Stadt nun ein Ingenieurbüro einschalten, das prüfen soll, ob die EWE-Investitionen anrechenbar sind. "Wir werden in Zukunft die Rechnungen von Wirtschaftsprüfern prüfen lassen - so wie wir es bei den Konzessionsverträgen machen", stellte Getsch in Aussicht. "Dann kommt da ein Testat drunter und die Sache ist okay."

Ob mit der von der EWE AG angekündigten Rücküberweisung von 9,3 Millionen Euro alles geritzt ist, schien in der vergangenen Woche fraglich. Die Bürgerfraktion "Die Cuxhavener" wies in der Ratssitzung nämlich darauf hin, dass der Wasserversorgungsverband Land Hadeln bis auf Weiteres mit den von EWE übermittelten Zahlen operiere. "Vollkommen klar" ist deshalb für Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Kurmann, dass die im laufenden Jahr verschickten Abwassergebührenrechnungen ebenfalls falsch sein müssen - enthalten sie doch eine vom Dienstleister zu hoch angesetzten Kapitalkostenpauschale.

Gebühreneinzug

Für die Abrechnung und den Einzug der Abwassergebühren sind seit einiger Zeit weder Stadt Cuxhaven noch der Entsorger zuständig; diese technische Aufgabe übernimmt der Wasserversorgungsverband Land Hadeln, der Mitte 2017 einen Inkasso-Auftrag erhielt.

Zuvor hatte der Verband schon im Cuxhavener Umland das Inkasso erledigt.

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Kai Koppe

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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