Zu viel bezahlt hat nicht nur die Stadt, sondern in erster Linie der Bürger: Seit bekannt ist, dass EWE Wasser die für den Betrieb der Cuxhavener Kläranlage in Rechnung gestellten Kapitalkosten jahrelang zu hoch angesetzt hat, stellt sich die Frage, wie viel eine Erstattung individuell bringt. Foto: CN-Archiv
Zu viel bezahlt hat nicht nur die Stadt, sondern in erster Linie der Bürger: Seit bekannt ist, dass EWE Wasser die für den Betrieb der Cuxhavener Kläranlage in Rechnung gestellten Kapitalkosten jahrelang zu hoch angesetzt hat, stellt sich die Frage, wie viel eine Erstattung individuell bringt. Foto: CN-Archiv
Abwassergebühren

EWE-Millionen: Verbraucher müssen warten

von Kai Koppe | 20.11.2018

CUXHAVEN. Über Jahre hinweg hat der örtliche Entsorger EWE Wasser GmbH der Stadt Cuxhaven zu hohe Rechnungen ausgestellt: 9,3 Millionen Euro sollen nach Angaben der Oldenburger Konzernmutter erstattet werden.

Wann und in welcher Höhe Verbraucher mit Erstattungen rechnen können, ist derzeit allerdings noch völlig unklar.

Über Sielbenutzungs- und Niederschlagswassergebühr finanzieren Bürgerinnen und Bürger das lokale Entwässerungssystem, zu dem auch die Abwasseraufbereitung in der Kläranlage im Stadtteil Groden gehört. Im Rahmen eines Betreibermodells übernimmt die EWE Wasser GmbH dabei den aktiven Part der Aufbereitung. Das bedeutet, dass sie das Klärwerk nicht nur betreibt, sondern auch technisch auf zeitgemäßem Stand hält. Abgerechnet wird am Ende mit der Stadt Cuxhaven, die das Betriebskostenentgelt für die Abwasserbeseitigung aus dem Gebührenhaushalt bestreitet. Mittel, die dort hineinfließen, stammen aus den Portemonnaies der Verbraucher, weswegen unmittelbar nach Bekanntwerden der Abrechnungspanne die Forderung laut wurde, Erstattungen des Entsorgers an den Gebührenzahler weiterzugeben - und sei es nur in Form eines Verrechnungsmodells.

Wie Kämmerin Andrea Pospich zu Wochenbeginn abermals betonte, behält sich die EWE möglicherweise vor, dem zur Debatte stehenden Überzahlungsbetrag eine Reihe von Investitionen gegenüberzustellen. Im Rathaus geht man zum gegenwärtigen Zeitpunkt offenbar nicht davon aus, die beschriebenen 9,3 Millionen Euro retourzubekommen. Trotzdem bewegt sich der ganze Vorgang in einer Größenordnung, angesichts derer die Verwaltung in puncto Gebührenkalkulation nicht einfach zur Tagesordnung zurückkehren will.

"Realistisch", erklärte Andrea Pospich am Montag, sei durchaus, dass der Drei-Jahres-Rhythmus, in welchem die Abwassergebühren festgesetzt werden in der aktuellen Periode 2018 bis 2020 "aufgebrochen" werde. Ziel dabei ist, gegebenenfalls zu einer Neukalkulation zu gelangen. Ob es dabei individuell zu bahnbrechenden finanziellen Effekten kommt, bleibt ungewiss - wenngleich unsere Zeitung schon zum Wochenende hin aus gut unterrichteten Kreisen erfahren hatte, dass für einen Cuxhavener Durchschnittshaushalt durchaus eine Kompensation herausspringen könnte, die sich im niedrigen bis mittleren dreistelligen Euro-Bereich bewegt.

Kritik aus Kreisen der Politik

Solche Hinweise dürften die bereits am Freitag auf Ebene der Ratspolitik erhobene Erstattungsforderung weiter befeuern: Sowohl CDU als auch Sozialdemokraten hatten von möglichen Effekten für den Gebührenzahler gesprochen; mit schriftlichen Erklärungen meldeten sich AfD und Die Linke zu Wort. AfD-Ratsfraktionsvorsitzender Anton Werner Grunert brachte seine Enttäuschung über die EWE Wasser zum Ausdruck und griff gleichzeitig die städtische Verwaltungsspitze scharf an: Dort sei ein Fehler "zehn Jahre nicht bemerkt" worden. Grunert zufolge soll der Oberbürgermeister der Opposition im Rat zudem wichtige Informationen vorenthalten "und damit eine effektive Kontrolle verhindert" haben.

Aufarbeitung bis Anfang 2019

Für "eine möglichst schnelle Rückzahlung der überhöhten Beträge an Haushalte und Betriebe" tritt auch die Partei Die Linke ein, deren Sprecher Ulrich Schröder von einem "Skandal" sprach und damit die späte Erkenntnis über die in den vergangenen Jahren begangenen Abrechnungsfehler meinte. "Es rächt sich jetzt, dass die Stadt Cuxhaven vor 15 Jahren die damaligen Stadtwerke an die EWE verkauft hat", so Schröder.

Nachdem Ende vergangener Woche bekannt geworden war, dass der örtliche Entsorger innerhalb der an die Stadt adressierten Forderungen das über die Jahre gesunkene Zinsniveau nur unzureichend berücksichtigt hatte, fühlten sich auch einige Mitglieder des auf Ratsgremienebene angesiedelten Energiefachausschusses düpiert: Dort erstatten Ent- und Versorger in regelmäßigen Abständen Rapport; die Überzahlung in Millionenhöhe soll dort aber bislang nicht thematisiert worden sein. Die Rede soll stattdessen von einer strategischen Neuaufstellung des EWE-Konzerns gewesen sein - ein Umstand, der bei dem ein oder anderen Gremienmitglied den Verdacht nährte, dass die Cuxhavener Tochter EWE Wasser GmbH im Unternehmensverbund in Zukunft eine nachrangige Stellung einnehmen könne. Entsprechende Spekulationen wollte Konzernsprecher Christian Bartsch auf Nachfrage unserer Zeitung hin aber weder bestätigen noch dementieren. Richtig sei lediglich, dass man über Strategien diskutiert habe, bei welchen es um die Frage ging, wie sich der Konzern in den kommenden Jahren aufstellen muss.

Die EWE AG wies inzwischen darauf hin, dass Untersuchungen, die die Überzahlungen betreffen, Anfang kommenden Jahres - und nicht wie von uns am Sonnabend berichtet bis Ende 2018 - abgeschlossen würden.

Kapitalkosten

Für die im Bereich der Cuxhavener Kläranlage getätigten Investitionen stellt der Dienstleister EWE Wasser seinem Vertragspartner (Stadt) eine Kapitalkostenpauschale in Rechnung, die sich nach dem Zinsertrag richtet, welchen die investierte Summe auf dem Anlagemarkt erzielt hätte.

Die Kapitalkostenpauschale muss also dem aktuellen Zinsniveau angepasst werden. Im aktuellen Fall soll das in den letzten neun Jahren zumindest in Teilen unterblieben sein.

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Kai Koppe

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

kkoppe@no-spamcuxonline.de

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