Die Vogelschutzinsel Scharhörn in der Elbmündung. In einem Abstand von 1,5 Kilometer will Hamburg eine Ablagerungsstelle für Hafenschlick aus dem Hamburger Hafen einrichten. Umweltschützer laufen Sturm dagegen. Foto: red
Die Vogelschutzinsel Scharhörn in der Elbmündung. In einem Abstand von 1,5 Kilometer will Hamburg eine Ablagerungsstelle für Hafenschlick aus dem Hamburger Hafen einrichten. Umweltschützer laufen Sturm dagegen. Foto: red
Angst um die Natur

Hamburg will Schlick vor Scharhörn verklappen: Große Probleme für Cuxhaven und Neuwerk?

30.09.2020

CUXHAVEN/HAMBURG. Hamburgs Hafenschlick vor der Vogelinsel? Eine Deponie vor Scharhörn hält Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer für unvertretbar.

Als "Wahnsinn" bezeichnet der NABU-Schifffahrtsexperte Klaus Schroh aus Cuxhaven den Plan von Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, einen Teil des Hamburger Hafenschlicks künftig vor der Vogelschutzinsel Scharhörn zu verklappen - am Rande des UNESCO-Weltnaturerbes Hamburgisches Wattenmeer. Die kürzlich bekannt gewordenen Pläne haben bei den Umwelt-und Naturschützern für einen Aufschrei des Entsetzens gesorgt.

In Cuxhaven befürchtet man eine Belastung des Watts durch Schadstoffe, die mit dem kontaminierten Schlick vor der Haustüre des Nordseeheilbades abgekippt werden würden. Für Oberbürgermeister Uwe Santjer ist das unvertretbar: "Die bekannt gewordenen Pläne, Hafenschlick vor der Insel Scharhörn am Rande des Nationalparks Wattenmeer zu verklappen, sind grundlegend abzulehnen", sagte er am Dienstag in einer Pressemitteilung.

Das Problem mit dem zunehmenden Schlick aus den Häfen der Hansestadt ist nicht neu. Bis Jahresende 2019 sind nach Informationen Schrohs insgesamt 27,6 Millionen Tonnen zum Teil belasteten Schlicks in der Nähe der Tonne E 3 südwestlich von Helgoland versenkt worden. Die Genehmigung dafür hat das Land Schleswig-Holstein gegeben. Dieser Vertrag endet nach fünf Jahren im Jahr 2021. Um dann nicht auf dem Trockenen zu sitzen, ist die Hamburg Port Authority als zuständige Hafenbehörde mit Hochdruck auf der Suche nach alternativen Verklappungsstellen.

Gleichzeitig versucht sie den Vertrag mit Schleswig-Holstein noch einmal um fünf Jahre zu verlängern. Ob sich Kiel erneut auf den Deal einlässt, ist offen.

Scharhörn als Plan B

Plan B sieht nun eine Fläche vor Scharhörn vor, auf hamburgischem Gebiet. Die Entscheidung für eine derartige "Unterwasserdeponie", die etwa 1,5 Kilometer west-nordwestlich der Vogelinsel eingerichtet werden soll, könnte eine kostengünstige Alternative zu E 3 darstellen, da die Hamburger sich selbst die Erlaubnis zum Verklappen ausstellen könnten, vorausgesetzt, sie werden sich intern mit dem Umweltressort einig.

Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat allerdings auch ein Wörtchen mitzureden. Schließlich besteht auch aus Sicht von Klaus Schroh die Gefahr, dass ein Teil des vor Scharhörn verklappten Schlicks durch die Strömung in die nahe Rinne des Elbfahrwassers getrieben werden könnte, was dort zu einem erhöhten Baggeraufwand führen würde.

Hamburg muss im Hafen seit Jahren immer mehr Schlick baggern, um die Fahrwasser und Liegeplätze auf Tiefe zu halten. Laut HPA liegt das vor allem daran, dass vom Oberlauf der Elbe weniger Wasser als sonst kommt, das den Schlick in die Nordsee spült.

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Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF gehen auf die Barrikaden. Sie wollen eine weitere Verklappungsstelle in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark unbedingt verhindern. Dabei sprechen sie von "politischer Impertinenz" und fordern erneut, das Projekt Elbvertiefung in Gänze sofort zu stoppen.

Auch OB Uwe Santjer setzt das Vorhaben mit der Elbvertiefung in Beziehung: Diese passe schlichtweg nicht zu den Herausforderungen, die der Klimawandel und die Verschlickung der Flüsse den Hafenstandorten stellten. Der steigende Meereswasserspiegel und nicht kalkulierbare Flussgeschwindigkeiten durch Vertiefungen ließen Baggerarbeiten deutlich aufwendiger werden und setzten das Ökosystem der Elbe einer höheren Belastung aus. Zudem gelte es, die Deiche für die Zukunft zu sichern. Die Elbvertiefung würde diese Lage weiter verschärfen. Eine Alternative zur Vertiefung sieht Santjer in der Hafenkooperation der norddeutschen Küstenländer. Diese müssten ihre Stärken und Chancen bündeln und sich als Gesamtpaket der europäischen Konkurrenz stellen.

Zu den schärfsten Gegnern der Elbvertiefung gehört auch der Cuxhavener Klaus Schroh. Er kennt als früherer Kapitän eines Baggerschiffs die Verhältnisse auf der Elbe sehr genau. Außerdem ist er regelmäßig im Austausch mit Lotsen, die ihm über Veränderungen im Bereich des Fahrwassers zwischen der Elbmündung und Hamburg berichten.

Gefahr fürs Cux-Watt?

Auf Cuxhaven sähe Schroh eine besondere Gefahr durch die neuen Pläne Hamburgs zukommen. Würden die Hamburger Baggermassen von jährlich rund 10 Millionen Kubikmetern tatsächlich am Rande des Elbfahrwassers bei Scharhörn "umgelagert", könnte eines der bedeutendsten deutschen Vogelschutzgebiete erheblichen Schaden nehmen.

Offensichtlich vergäßen die Hamburger die besondere Schutzwürdigkeit Scharhörns und ihres eigenen Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer. Als weiteres Problem drohe das Eintreiben von Baggergut und ein Verlanden des Neuwerker Fahrwassers.

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