
Heizungs-Obermeister aus Cuxhaven schlägt Alarm für Kunden
CUXHAVEN. "Die Aussicht auf eine Verdreifachung des Gaspreises bringt die Leute zum Nachdenken", stellt Claus-Uwe Gerling fest. Der Innungs-Obermeister berichtet von einem Run auf die Branche in der Region.
Wer eine Gasheizung hat, kommt ins Nachdenken. Nur der Hochsommer hat die körpereigene Energie und den Tatendrang kurzzeitig zum Stocken gebracht.
Seit Tagen über 30 Grad. Der Ventilator gibt alles. Auf der Liege dreht man sich noch mal um. Wer denkt da an die Heizung? Viele gerade tatsächlich nicht, so die Erfahrung von Claus-Uwe Gerling, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Cuxhaven-Land Hadeln. Die Kunden, die im Hochsommer vorsprächen, täten dies durchweg ruhig und besonnen: "Das derzeitige Wetter entspannt." Erst im Ende September komme erfahrungsgemäß der Gedanke an den Winter zurück - und dann auch gleich als Schub. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Ansturm.
Der habe im Grunde schon mit dem Regierungswechsel im vergangenen Herbst eingesetzt und sei durch den Ukraine-Krieg nach kurzer Verunsicherung nochmals massiv befeuert worden.
"Was kann ich jetzt machen?"
Die große Frage lautet: "Was kann ich jetzt machen?" Und das fragen sich beileibe nicht nur die Kundinnen und Kunden mit den 15 bis 20 Jahre alten Gasheizungen, sondern auch solche, die erst vor drei, vier oder fünf Jahren eine klassische Gasheizung erworben haben und sich nun mit Zweifeln herumplagen, ob sie dabei wohl die richtige Entscheidung getroffen haben.
"Das geht nicht überall"
Unbestritten gehen die meisten Nachfragen derzeit in Richtung Wärmepumpe. "Sie passt aber nicht überall und in jedes Haus", erklärt Gerling, geschäftsführender Gesellschafter der Gock Haustechnik GmbH in Cuxhaven. Manchmal sei aber die Kombination mit einer Gasheizung denkbar.
Verschiedene Varianten - verschiedene Vor- und Nachteile
Die verschiedenen Varianten haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Luft-Wasser-Wärmepumpen entziehen der Außenluft die Energie. Doch der Betrieb der wie Schränke mit einem Ventilator aussehenden Anlagen, die immer häufiger neben Häusern zu sehen sind, geht nicht geräuschlos vonstatten.
Die etwas leistungsstärkeren Sole-Wasserpumpen nutzen Erdwärme, erfordern aber eine deutlich aufwendigere Installation. Gerling: "Der Erdkollektor und die Bohrung sind teuer."
Das Haus muss in Schuss sein
ür die Entscheidung pro oder contra Wärmepumpe seien aber auch noch andere Faktoren wichtig: Wie gut ist das Haus gedämmt, sind die Fenster erneuert und das Dach in Schuss? Ohne diese Voraussetzungen seien die wirtschaftlichen Vorteile dahin, gibt Gerling zu bedenken. Nicht umsonst habe auch die Bau-Branche gerade gut zu tun.
Fußbodenheizung muss nicht unbedingt sein
Dem häufig genannten Argument, eine Wärmepumpe sei nur mit Fußbodenheizung zu betreiben, widerspricht der Obermeister hingegen: Auch ausreichend dimensionierte Heizkörper könnten den wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten.
Betriebe voll ausgelastet
Ist die Grundsatz-Entscheidung getroffen, kommt erst die richtige Herausforderung. Einen Betrieb zu finden, der in Zeiten anhaltenden Fachkräftemangels noch freie Kapazitäten hat, mag vielleicht noch gelingen - "aber Wärmepumpen sind definitiv ausverkauft", weiß Claus-Uwe Gerling.
Erstmals Vorrat angelegt
Wer jetzt bestelle, müsse mit Wartezeiten von bis zu neun Monaten rechnen. In einer Vorahnung habe er im Frühjahr einige Modelle auf Vorrat bestellt: "Das habe ich vorher noch nie gemacht."
Ab einem Anlagenalter von 15 bis 20 Jahren findet Claus-Uwe Gerling die Überlegung, ob es sich lohnt, jetzt noch eine große Reparatur zu machen, sinnvoll. Die meisten Anfragen kämen gerade auch von Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern mit Anlagen in dieser Altersklasse.
Die seien oft schon vorinformiert und wüssten ziemlich genau, was sie wollten. Andere wollten sich erst mal die Meinung des Fachbetriebs anhören.
In Neubauten bald gar kein Gas mehr
Während sich bei der Nachrüstung große Fragen stellen, sind Gas- oder gar Ölheizungen für Neubauten inzwischen passé. Ab 2024 sollen sie voraussichtlich gar nicht mehr verbaut werden. Gerling: "Für Neubaugebiete sind dann gar keine Gasanschlüsse mehr vorgesehen."
Ohne Strom geht´s nicht
Statt dessen ist auch hier der Trend zu Wärmepumpen unangefochten. Autark sind Hausbesitzerinnen und -besitzer hiermit aber auch nicht, da diese Anlagen mit Strom betrieben werden. Fast immer wird eine Wärmepumpe daher mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach kombiniert.
Die Nachfrage nach anderen Heizvarianten wie Holzpelletheizungen sei im städtischen Bereich gering, so Gerling - auch, wenn diese den Vorteil hätten, dass sie alle Temperaturbereiche gut abdecken könnten.
"Die Aussicht auf eine Verdreifachung des Gaspreises bringt die Leute zum Nachdenken", stellt Claus-Uwe Gerling fest. Zumindest zum Teil: "Manche haben es noch nicht verinnerlicht." Für ihn könnten die Bestrebungen zum Energiesparen gerne noch ausgeprägter sein. Viele Hausverwaltungen verzichteten zum Beispiel gänzlich auf die Nachtabsenkung - "da könnte man ohne große Investitionen noch einsparen, ohne zu viel Komfort einzubüßen."
Noch mehr rausholen
Im privaten Bereich könne ein hydraulischer Abgleich, bei dem das ganze Heizungsnetz genauer auf den Wärmebedarf des Hauses ausgerichtet werde, noch einiges herausholen.
Insgesamt betont er - stellvertretend für alle Innungsbetriebe: "Die Heizungsfachbetriebe beraten gern auch bei allgemeinen Fragen zum Energiesparen."