Wie ist es um die Personallage, die Patientenversorgung und die Perspektiven der Helios-Klinik Cuxhaven bestellt? Diese Frage bewegt eine ganze Region - inklusive der Beschäftigten. Fotos: Reese-Winne
Wie ist es um die Personallage, die Patientenversorgung und die Perspektiven der Helios-Klinik Cuxhaven bestellt? Diese Frage bewegt eine ganze Region - inklusive der Beschäftigten. Fotos: Reese-Winne
Situation des Krankenhauses

Helios-Klinik Cuxhaven: "Verschobene Operationen will man Patienten gern ersparen"

von Maren Reese-Winne | 16.11.2021

CUXHAVEN. Eine Durststrecke in der Besetzung der OPs und in vielen Abteilungen sei unstrittig, so die Helios-Klinik Cuxhaven. Die Zusammenführung mit dem Helios-Seehospital Sahlenburg helfe gerade dabei, die Lücken zu schließen. 

Verstärkt durch den medizinischen Geschäftsführer der Helios-Region Nord Dr. Olaf Kannt aus Schwerin beantwortete kürzlich das Führungstrio der Helios-Klinik Cuxhaven in einem Gespräch zahlreiche Fragen unserer Redaktion. Gleichzeitig stellte sich der am 1. November angetretene neue Geschäftsführer Thomas Hempel vor (wir berichteten). Aber auch der ärztliche Direktor Dr. Mohamed Al-Mwalad und Pflegedirektor Bernd Hartig nahmen Stellung. Es ging vor allem um die nach wie vor angespannte Personallage.

Menschlich weiterkommen

Eine zwischen Medizin und Verwaltung bestehende Kluft hatten zuletzt mehrere Ärzte als Grund für ihre Kündigungen angegeben. Als erste Reaktion hat Thomas Hempel eine Kursänderung angekündigt. Kommunikation und Transparenz stünden ganz oben auf der Agenda; die Belegschaft solle vollumfassend in die Entwicklung der Klinik miteinbezogen werden, so Hempel. Er wolle das Haus, das ja auch einen Teil von Cuxhaven darstelle, voranbringen - auch auf menschlicher und kollegialer Seite.

Neben den Perspektiven für die im Moment besonders bewegte Unfallchirurgie (Artikel vom 11. November) haben wir auch nach anderen Bereichen gefragt. Hier Auszüge aus dem Gespräch.

Zum Zustand der Allgemein- und Viszeralchirurgie (deren Chefarzt Dr. Orhan Kahraman gleichzeitig in der Helios-Klinik Wesermarsch tätig ist) hieß es, die Abteilung werde von vier Fachärzten betrieben, die vielerlei Qualifikationen wie Allgemeinchirurgie, Viszeral- (Bauch-)chirurgie, Proktologie und spezielle Viszeralchirurgie mitbrächten. Die Versorgung sei trotz einer derzeit vakanten Assistenzarztstelle gesichert. Diese solle zeitnah nachbesetzt werden.

Assistenz beim Kaiserschnitt

Zur Situation in der Gynäkologie, wo unseren Informationen zufolge zeitweilig nur ein Facharzt übrig war, um Kaiserschnitte durchzuführen: Dr. Olaf Kannt bestätigt, dass bei Personalengpässen entweder die Operation verschoben oder - wenn dies nicht mehr möglich ist - Hilfe aus anderen Fachrichtungen angefordert werden müsse. Dies sei ein übliches Verfahren auch an anderen Orten und in anderen Fachrichtungen.

Kaiserschnitte würden immer von einem Facharzt oder einer Fachärztin und nie ohne Assistenz ausgeführt; meist handle es sich bei den Assistierenden um Ärztinnen oder Ärzte in der Facharztausbildung oder eine operationstechnische Assistentin. Darüber hinaus bestehe eine Verfahrensanweisung, nach der in Notfällen jeder Arzt aus den operativen Fächern bei Kaiserschnitten assistiert. Im Nachtdienst werde generell zwischen allen operativen Fächern interdisziplinär zusammengearbeitet.

Zur personellen Besetzung der Operationssäle: Die Engpässe in der Beschäftigung von Pflege- und ärztlichem Personal im OP seien nach einer Durststrecke behoben, so Dr. Mohamed Al-Mwalad. Es laufe täglich der Betrieb in drei Sälen.

Verstärkung aus eigenen Reihen gewinnen

Die Personallage werde durch die eigene Ausbildung operationstechnischer Assistenten und Assistentinnen sowie durch das Helios-Bildungszentrum aufgefangen, deren Absolventinnen und Absolventen auch das Arbeitsfeld Operationssaal kennenlernten, ergänzt Bernd Hartig.

Dennoch auftretende Engpässe seien auf akute Krankheitsfälle zurückzuführen. Diese würden aber mittlerweile gut durch die neu hinzugekommenen Kolleginnen und Kollegen aus Sahlenburg aufgefangen.

Zum Umzug der Wirbelsäulenchirurgie aus dem Helios-Seehospital in die Helios-Klinik an der Altenwalder Chaussee: Zu vernehmen seien "nur positive Signale". Die Hauptklinik biete Operationssäle, technische Ausstattung und die Sicherheit der Intensivstation. Operierte Kinder würden in der Pädiatrie (Kinderabteilung) durch Kinderpflegekräfte versorgt und zum Teil schwerkranke Patientinnen und Patienten mit anderen Krankheiten durch die jeweiligen Fachabteilungen mitbetreut.

Das lange Warten auf den Eingriff soll Ausnahme bleiben

Zu geplanten Operationen, die mehrfach verschoben werden und dann erst nachts beginnen: Verschiebungen durch den Vorrang von Notfällen könnten in einem Krankenhaus der Akutversorgung vorkommen, dürften aber nicht die Regel sein, so der medizinische Regionalgeschäftsführer. Zurzeit komme dies wieder seltener vor: "Man erspart das den Patienten gern." Vor allem, weil diese nüchtern bleiben müssten. In den meisten Fällen könnten die Betroffenen bis zwei Stunden vor der Operation zumindest trinken.

Zu möglichen Perspektiven beim medizinischen Spektrum, etwa der (Wieder-)Etablierung der Thorax- oder Gefäßchirurgie: Einer Thoraxchirurgie erteilt Olaf Kannt eine klare Absage: "Weil wir auf Qualität setzen und eine Thoraxchirurgie nur dort ansiedeln, wo auch elektive (geplante) Lungenkrebs-OPs durchgeführt werden." Er freue sich, wenn Operateure aufgrund einer generalistischen chirurgischen Ausbildung die Thoraxchirurgie noch beherrschten, aber eine klassische eigene Abteilung werde es schon mangels der nötigen Mindest-Fallzahlen nicht geben. Anders verhalte es sich bei der Gefäßchirurgie, die hier gern wieder gesehen würde. Dies hänge aber von Personen ab: Erstens brauche es gleich mehrere entsprechend qualifizierte Ärztinnen oder Ärzte, zweitens funktioniere ein solches Angebot nicht ohne die Unterstützung der Zuweisenden aus der Umgebung.

Honorarärzte springen ein

Zur Rund-um-die-Uhr-Besetzung des Herzkatheterlabors, nachdem die Chefarzt-Stelle vakant ist: Die Besetzung sei "definitiv gewährleistet", zurzeit durch einen Honorar-Kardiologen. Die Chefarzt-Stelle solle schnellstmöglich besetzt werden. In der Kardiologie würden derzeit zwei Honorarärzte eingesetzt, in den anderen Abteilungen "vereinzelt und nach Bedarf".

Zur Personalversorgung in anderen Abteilungen (Urologie, Pädiatrie, Geriatrie, Gastroenterologie): Der bundesweite Fachkräftemangel sei auch in dieser Klinik zu spüren. Durch die vorzeitige Integration des Seehospitals sei es möglich, Engpässe zu kompensieren und das Personal flexibel einzusetzen, auch in den kleineren Abteilungen, für die es nach den Worten von Dr. Olaf Kannt meist am schwierigsten ist, auf Ausfälle zu reagieren.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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