Die Gerüchte, die zuletzt aus der Helios-Klinik Cuxhaven drangen, treffen zu: Eine Chefärztin und ein Chefarzt haben das Haus verlassen - zumindest in einem Fall nicht ganz freiwillig. Foto: Reese-Winne
Die Gerüchte, die zuletzt aus der Helios-Klinik Cuxhaven drangen, treffen zu: Eine Chefärztin und ein Chefarzt haben das Haus verlassen - zumindest in einem Fall nicht ganz freiwillig. Foto: Reese-Winne
"Ohne zwei"

Helios-Klinik Cuxhaven: Zwei Chefärzte haben Krankenhaus verlassen

von Maren Reese-Winne | 20.10.2020

CUXHAVEN. Die Helios-Klinik Cuxhaven ist ab sofort "ohne zwei": Einer Chirurgin wurde gekündigt, ein weiterer Chefarzt ist schon seit Monaten weg.

"Die Chirurgie größer denken" - so lautete die Überschrift über der Pressemitteilung, mit der die Helios-Klinik Cuxhaven am 28. August die Gründung eines standortübergreifenden Zentrums für die Allgemein- und Viszeralchirurgie mit Beginn am 1. September 2020 ankündigte. Personal solle aufgestockt werden, hieß es dazu in einem Pressegespräch. Inzwischen ist aber durchgesickert, dass die bisherige Chefärztin der Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. Maria Vollerthun vor wenigen Wochen eine fristlose Kündigung erhalten haben soll. Die Klinik bestätigt eine Kündigung.

Zudem soll der bisherige Chefarzt der Klinik für Intensivmedizin, Notfallmedizin und Palliativmedizin sowie Leiter der Notaufnahme Manuel G. Burkert die Klinik schon vor geraumer Zeit verlassen haben. Auch dies trifft zu; laut Klinik sei dies auf eigenen Wunsch völlig überraschend geschehen. Burkert, Facharzt für Anästhesie, ist inzwischen laut Klinikhomepage Chefarzt der Zentralen Notaufnahme in der Schön-Klinik Hamburg.

Häufig war er in den vergangenen Jahren in unserer Zeitung das Gesicht der Helios-Klinik Cuxhaven, etwa bei Themen wie der Neuordnung der Notaufnahme, dem Triage-System, dem Krankenhaus-Einsatz beim Deichbrand, in der Notunterkunft für Flüchtlinge in Altenwalde und zuletzt im Frühjahr beim Corona-Management.

"Mitgeteilt in zwei Sätzen"

Die Kündigung der Chefärztin Dr. Maria Vollerthun soll auch für die Beschäftigten der Klinik überraschend gekommen sein; "mitgeteilt in zwei Sätzen", wie zu erfahren war. Dem Vernehmen nach ist damit zu rechnen, dass die Medizinerin die Kündigung nicht unwidersprochen hinnehmen wird.

Die Frage, ob Dr. Vollerthun auf ihrem Posten bleibe, war beim Pressegespräch am 28. August noch bejaht worden; persönlich war sie nicht dabei bei der Vorstellung des neuen Zentrumsleiters Dr. Orhan Kahraman, der die Allgemein- und Viszeralchirurgie (Chirurgie des Bauchraums) übergreifend in einem Zentrum der Helios-Kliniken Wesermarsch und Cuxhaven leiten soll.

Ehrgeizige Ziele genannt

In dem Gespräch waren für die Abteilung in Cuxhaven ehrgeizige Ziele genannt worden: Die Zahl der Eingriffe sollte deutlich erhöht und die Abteilung ausgebaut werden (wir berichteten). Unsere Zeitung hat in einem Fragenkatalog die Klinikleitung um Aussagen zu Konsequenzen der Abgänge gebeten, die diese am Freitag schriftlich beantwortet hat. Demnach werde durch das neue Zentrum unter der Leitung von Dr. Orhan Kahraman die Patientenversorgung "nachhaltig verbessert" und die "aus der Personalentscheidung resultierende vakante Position zeitnah adäquat nachbesetzt".

Das Zentrum ermögliche einen standortübergreifenden Ausbau des chirurgischen Teams und des OP-Programms mit dem Ziel, "durch Synergien (gemeinsame Erfüllung von Aufgaben, d. Red.) im Alltag ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen". Ebenso sollten "in der Vergangenheit nicht ausgefüllte Kapazitäten" durch eine "qualitätsgesicherte und maßgeschneiderte Chirurgie" aufgestockt werden, "um die Abteilung zu einer tragenden Säule der Klinik entwickeln."

Auch ambulant geht es weiter

Für Patientinnen und Patienten im ambulanten Bereich, die bislang mit einer hausärztlichen Überweisung zur Chefärztin gehen konnten, ergäben sich keine Veränderungen.

Die beiden Oberärzte Dr. Bernward Steinhorst und Lukasz Gawlik führten vertretungsweise die ambulante Sprechstunde durch, bis neue Anträge zur Durchführung einer Ermächtigungssprechstunde an die Kassenärztliche Vereinigung gestellt würden, so die Antwort. Die ambulante Sprechstunde bleibe also erhalten.

Dr. Vollerthun besaß Informationen unserer Zeitung nach als einzige im Hause eine volle Weiterbildungsermächtigung zur Facharztausbildung der Assistenzärztinnen und -ärzte. Jene Ausbildung werde fortgesetzt, so die Klinik; angepeilt sei, dies künftig standortübergreifend zu tun. Die Assistentinnen und Assistenten würden "rotierend" an den Standorten innerhalb des Zentrums eingesetzt, um die Ausbildung zu verbessern.

Anästhesie soll gesichert sein

Auch im Bereich der Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin und Schmerztherapie (kurz ZAINS) ist am 1. September 2020 ein neues standortübergreifendes Zentrum unter der Leitung des Chefarztes Dr. Carsten Raufhake an den Start gegangen. Damit sei die Aufrechterhaltung des OP-Programms und selbstverständlich auch die Versorgung akut erkrankter Personen gewährleistet, heißt es aus dem Krankenhaus.

Engpässe im Bereich der Anästhesie sowie beim ärztlichen Personal in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation gebe es derzeitig nicht; falls Vakanzen aufträten, würden diese bedarfsgerecht nachbesetzt, versichert Sprecherin Katharina Recht. Die Suche nach einem Leitenden Oberarzt für diesen Bereich resultiere weder aus dem Weggang Burkerts noch der neuen Position von Dr. Raufhake. Die genannte Stelle werde voraussichtlich zum 1. Januar 2021 neu besetzt.

Zum Zuständigkeitsbereich des Cuxhavener Helios-Geschäftsführers Georg Thiessen gehört auch das zur Schließung vorgesehene Helios-Seehospital Sahlenburg. Im Sommer hatte bereits die Kündigung des dortigen Leitenden Oberarztes der Anästhesie für Unruhe gesorgt.

Dessen Stelle könne ebenfalls im Rahmen des Zentrums für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin und Schmerztherapie kompensiert werden, hieß es am Freitag. Unserer Kenntnis zufolge befinden sich der Anästhesist und die Klinik derzeit vor dem Arbeitsgericht in Stade.

Angespannte Stimmung

Stimmen aus dem Haus an der Altenwalder Chaussee, die über die Geschäftsführeretage hinaus nach draußen dringen, lassen darauf schließen, dass es mit der Stimmung unter dem Personal, das auch noch durch die Corona-Zeit erheblich angespannt ist, derzeit nicht, jedenfalls nicht überall, zum Besten steht. Es fehle an Offenheit; Kritiker fielen in Ungnade und ein ehrlicher Dialog sei auch nicht zugelassen worden, als kürzlich Fresenius-CEO Stephan Sturm (Helios gehört zur Fresenius AG) durch die Klinik geführt worden sei, heißt es.

Unter anderem wird die Befürchtung geäußert, dass es schon bald zu weiteren Entlassungen kommen könnte. Die Frage, ob dies vorgesehen sei, wird von Helios so klar wie knapp beantwortet: "Nein."

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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