Hermann Gerken (2.v.r.) hat am Montagabend das Ehrenbürgerrecht seiner Heimatstadt erhalten. Otterndorfs Bürgermeister Thomas Bullwinkel (links) und Stadtdirektor Harald Zahrte (rechts) überreichten die Urkunde sowie Blumen an Gerkens Frau Inge. Foto: Mangels
Hermann Gerken (2.v.r.) hat am Montagabend das Ehrenbürgerrecht seiner Heimatstadt erhalten. Otterndorfs Bürgermeister Thomas Bullwinkel (links) und Stadtdirektor Harald Zahrte (rechts) überreichten die Urkunde sowie Blumen an Gerkens Frau Inge. Foto: Mangels
Gesellschaft

Hermann Gerken ist nun Ehrenbürger

von Christian Mangels | 18.12.2018

OTTERNDORF. Alle im voll besetzten Ratssaal erhoben sich von ihren Plätzen. Der Landrat, der Bürgermeister, die Ratskollegen, die Vertreter aus Verwaltung, Kirche und Vereinen.

Ihr lang anhaltender Applaus - eine tiefe Verneigung vor der Lebensleistung jenes 87-jährigen Mannes, der im Mittelpunkt stand beim Empfang der Stadt im historischen Rathaus: Hermann Gerken. Ihm verlieh Bürgermeister Thomas Bullwinkel am Montagabend die Ehrenbürgerwürde Otterndorfs.

51 Jahre sind vergangen, seit die Stadt Otterndorf letztmals einen Ehrenbürger ernannt hat. Es war der Rektor und Heimatforscher Richard Tiensch. Jetzt ist Hermann Gerken, Otterndorfs Bürgermeister von 1972 bis 2011, diese Ehre zuteilgeworden. Der FDP-Politiker hat in den vergangenen Jahren schon viele Auszeichnungen erhalten und Dankesreden gehört. Doch keine davon dürfte ihm so nahe gegangen sein wie die Verleihung der Ehrenbürgerwürde durch seine Heimatstadt.

Winnetou und Old Shatterhand

Vier Ehrenbürger hat Otterndorf bislang gehabt, wie Bürgermeister Thomas Bullwinkel in seiner Begrüßung schilderte. 1922 wurde Friedrich Bayer, Landrat des Kreises Hadeln, geehrt. 1926 folgte Otto Hencke, Seilermeister, Bürgervorsteher und Senator der Stadt Otterndorf. Im Jahr 1950 erhielt Hinrich Wilhelm Kopf, erster Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, die Ehrenbürgerwürde. 1967 war dann der eingangs erwähnte Richard Tiensch an der Reihe. Und jetzt also Hermann Gerken, der "nicht nur in Otterndorf, sondern weit über die Grenzen der Samtgemeinde und des Landkreises hinaus bekannt ist", so Bullwinkel. Der Bürgermeister verglich Gerken und dessen politischen Weggefährten Hans-Volker Feldmann (CDU) mit Winnetou und Old Shatterhand: "Zusammen sind sie durch Höhen und Tiefen geritten."

Feldmann griff den Freundschaftsfaden auf: "Wir haben ein ganzes Leben miteinander verbracht." Er erinnerte an die erste Begegnung mit Gerken, an Erfolgserlebnisse im Sport und gemeinsame Fahrten. Zusammen seien sie "illegal in die DDR eingereist, um Penzlin zu entdecken". Der Glaube an die deutsche Einheit habe die Freunde stets geeint.

Bedeutsame Entscheidungen

Die Laudatio auf "den mit 39 Jahren ununterbrochener Regentschaft dienstältesten FDP-Bürgermeister Deutschlands und Ehrenbürgermeister seiner Heimatstadt" hielt Landrat Kai-Uwe Bielefeld. Bei allen für Otterndorf bedeutsamen Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte habe Gerken ganz maßgeblich in der Verantwortung gestanden. "Seine besondere Fähigkeit, ergebnis- und lösungsorientiert zu agieren, gereichte der Stadt und ihren Einwohnern tagtäglich zum Vorteil", so Bielefeld. Insbesondere Gerkens FDP-Mitgliedschaft und seine Kontakte zu Ministern wie Walter Hirche, Philipp Rösler oder Jörg Bode hätten der Medemstadt oft Vorteile gebracht.

Stadtdirektor und Samtgemeindebürgermeister Harald Zahrte sprach von einer "beispielhaften Lebensleistung". Gerken habe das Amt des Bürgermeisters fast 40 Jahre nicht nur ausgefüllt, sondern vorbildlich geprägt und angepackt, wenn es darauf ankam. Er habe es verstanden, alle Bürger hinter sich zu sammeln. In "kluger, stiller Diplomatie" brachte er Otterndorf voran, zum Beispiel als es um die Zukunft des Schulzentrums ging.

Unprätentiös und immer vermittelnd habe Gerken zum Wohl der Stadt und ihrer Bürger agiert, würdigte Claus Johannßen (SPD) seinen Vorgänger im Bürgermeisteramt. Und: Bei der Auswahl der Stadtdirektoren habe er stets ein gutes Händchen bewiesen.

Als "Überraschungsgast" trat der frühere Stadtdirektor Wolfgang Schmitz ans Rednerpult. Die Zeit mit Gerken in Otterndorf - Schmitz agierte von 1978 bis 1986 in der Medemstadt - bezeichnete er als die "effektivsten Jahre, die ich gestalten durfte".

Vieles wurde damals auf den Weg gebracht, das Stadtschreiberstipendium zum Beispiel oder der Bau der Stadtscheune. Eines sei den Akteuren in Politik und Verwaltung allerdings nicht gelungen: "Wir wollten den König von Tonga nach Otterndorf holen. Das hat leider nicht geklappt."

Vorbild für die Demokratie

Dirk-Ulrich Mende, Geschäftsführer des niedersächsischen Städtetags, würdigte Gerken als Vorbild für die Demokratie. In einer Zeit, in der die demokratischen Errungenschaften zunehmend infrage gestellt werden, sei es wichtig, solche Leitbilder zu haben.

Gerken zeigte sich "überwältigt" von den Lobreden, fasste aber seinen Dank kurz, um einige Anekdoten und Erinnerungen aus seiner Zeit als Bürgermeister und von seinen vielen Reisen - von Australien bis zu den Lofoten - zu erzählen. So überreichte Gerken zur Zeit der Apartheid in Afrika dem Bürgermeister von Windhoek einen Otterndorf-Schlips, was daheim für einen Aufschrei der Empörung sorgte.

Als Hermann Gerken von einer Begegnung mit einer älteren Dame in Israel berichtete, schossen ihm die Tränen der Rührung in die Augen: Sein damaliger Versuch, die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs anzusprechen, scheiterte. Die Frau sagte nur einen Satz, den Gerken bis heute nicht vergessen hat: "Wir würden vergessen, wenn wir wüssten, dass Ihr nicht vergesst."

Hermann Gerkens Blick ging nicht nur zurück, sondern auch nach vorne. So überraschte der frühere Bürgermeister der Samtgemeinde Hadeln (1970 bis 1972) die Zuhörer mit einem Bekenntnis zur Einheitsgemeinde.

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Christian Mangels

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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