"Hinterm Deich" geht das Licht aus
CUXHAVEN. Zum Jahreswechsel geht am Döser Seedeich eine Ära zuende.
Tschernobyl-Kinder haben im Haus Erholungsurlaube verbracht, Schulklassen nutzten die Einrichtung als Basis für Wattenmeer-Exkursionen, Erwachsene gingen dort in Klausur. Nach dem Jahreswechsel werden Gruppenräume und Speisesaal leer bleiben, denn 31. Dezember schließt das von der Donner-Stiftung betriebene "Haus hinterm Deich" seine Pforten.
"Erst einmal wir der Betrieb vorläufig eingestellt", teilte eine Mitarbeiterin am Freitagvormittag auf eine telefonische Anfrage hin mit. Aus dem Munde der Eigentümer klingen die Antworten wesentlich definitiver: Johann Christian von Donner, ein Ur-Urgroßneffe des Stifters, der verantwortlich für den Erhalt dessen Vermächtnisses ist, spricht von einem "Schock für alle Beteiligten" und davon, dass man gezwungen gewesen sei, die Reißleine zu ziehen.
Die Gründe für das Aus der einst als Erholungsheim des Altonaer Kinderhospitals gegründeten Einrichtungen sind seinen Angaben zufolge vielschichtiger Natur. Zum einen soll es schwierig gewesen sein, für die unter wirtschaftlichen Vorzeichen notwendige Auslastung des Hauses zu sorgen. Nicht etwa im Sommer, wo vom Deichverteidigungsweg aus regelmäßig Stimmengewirr, Gelächter und das Geräusch der unter den Basketballkörben auftitschenden Bälle zu vernehmen war. In den Wintermonaten hingegen war es deutlich komplizierter, das Heim mit Gästen zu füllen. Dazu kamen wachsende Belastungen durch Brand- oder Arbeitsschutzauflagen, angeblich aber auch ein Personalengpass: Die Hausleitung habe gekündigt, und Ersatz sei nicht in Sicht, erklärte von Donner, der das eigentliche (weil für die Stiftung existenzbedrohende) Problem in der Situation am Anlagemarkt erkennt. In Vorjahren habe die in Hamburg ansässige Conrad Hinrich Donner Stiftung große Summen in das aus der Gründerzeit stammende Gebäude gesteckt: Mittel, die sich auf dem Weg des von Zinserträgen lebenden Stiftungsmodell kaum noch erwirtschaften lassen. Wenn in Ermangelung von Zinseinkünften die Rücklagen angetastet werden, entstehen rechtliche Probleme: "Stiftungen können auch geschlossen werden", gab von Donner zu bedenken. "Wir mussten deswegen handeln."
Was der von der Donner-Stiftung gezogene Schlussstrich für die Zukunft der in Top-Lage am Döser Seedeich befindlichen Immobilie bedeutet, ist anscheinend noch unklar. Das versichert zumindest der Stiftungsvorsitzende, nach dessen Angaben die beiden Optionen Vermieten oder Veräußern aktuell noch nicht zur Debatte stehen. "Erst einmal ist für uns wichtig, dass die Mitarbeiterandere Jobs kriegen." Dass ein Verkauf in Betracht kommt,, ließ sich dennoch zwischen den Zeilen vernehmen: "Vielleicht findet sich jemand anderes, der dort etwas machen will", sagte von Donner, nach dessen Worten die Stiftung das Geld, was sie in das "Haus hinterm Deich" investiere, "vielleicht auch besser verwenden" könne. In der Hansestadt erkennt die Stiftung zum Beispiel auch Bedarf an sozialem Engagement.
Auf Stadtratsebene war über das der Stiftung gehörende Areal zuletzt im Jahr 2013 diskutiert worden. Im Rahmen einer Ausweitung des Bebauungsplans Döser Seedeich war die Rede auf eine "Überplanung des Donnerkomplexes" gekommen - ein Gedanke, den die Stadt seinerzeit jedoch zurückwies.