Von einer schönen Landschaft mit altem Baumbestand umgeben liegt das Gebäudeensemble, in dem einst das Marine-Lazarett an der Altenwalder Chaussee beheimatet war. Im zweiten Hauptgebäude (Bild) haben viele Kreative ihre Ateliers angemietet. Foto: Potschka
Von einer schönen Landschaft mit altem Baumbestand umgeben liegt das Gebäudeensemble, in dem einst das Marine-Lazarett an der Altenwalder Chaussee beheimatet war. Im zweiten Hauptgebäude (Bild) haben viele Kreative ihre Ateliers angemietet. Foto: Potschka
Gesellschaft

Historisches Gebäude in Cuxhaven: Altes Marine-Lazarett ist verkauft

von Jens Potschka | 07.12.2020

CUXHAVEN. Es ist kalt an diesem Sonnabendmittag. Gerade hat es zum ersten Mal in diesem Jahr geschneit. Gabriele R. Luetgebrune und Anke Rösner öffnen die schwere Holztür zum zweiten Hauptgebäude des ehemaligen Marine-Lazaretts an der Altenwalder Chaussee.

Ein paar Treppenstufen und einen langen Gang weiter befinden sich die Ateliers der beiden Künstlerinnen. Insgesamt 95 Mieteinheiten beherbergt das riesige Gebäude, das gleich hinter dem ehemaligen Stadtarchiv inmitten einer schönen Naturlandschaft mit altem Baumbestand liegt.

Anke Rösner schaut aus dem Fenster. Ihr Blick wandert in Richtung einer uralten Buche, die mit zwei weiteren Bäumen ihrer Art unter Naturschutz stehen. "Ein paar Meter weiter hat ein Imker seine Bienenstöcke aufgestellt. Die Natur ist hier einfach fantastisch. Wir haben Eichhörnchen, Breitflügelfledermäuse und eine Schleiereule", freut sich die Naturliebhaberin, die seit Ende der 1990er Jahre hier ein kleines, privates Atelier unterhält.

Auch Gabriele Luetgebrune hat sich in dem ehemaligen Krankenhaus ihr kreatives Domizil eingerichtet. "Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine Mutter hier als Wöchnerin gelegen hat. Mein Bruder wurde hier in diesen Räumen im Jahr 1957 geboren", erzählt die Cuxhavenerin, die in ihrem großzügig geschnittenen Atelier nicht nur selbst arbeitet, sondern in normalen Zeiten auch regelmäßig Kunstkurse anbietet. "Ich verdiene hier meinen Lebensunterhalt, was in Zeiten von Corona natürlich nur schwerlich möglich ist."

Ateliers, Musikschule & Co.

Hier im zweiten Hauptgebäude sind aktuell 15 Ateliers, ein Fotostudio, eine private Musikschule und Schulungsräume der Seerettung untergebracht. Zudem werden einige weitere Räume gewerblich genutzt. Im Dachgeschoss befinden sich außerdem zwei Wohnungen, wobei eine davon zu Wohnzwecken und die andere als Werkstatt mit zeitweiser Wohnnutzung vermietet ist.

"Wir fühlen uns hier rundum wohl. Doch wir sorgen uns, weil man uns mitgeteilt hat, dass die gesamte Immobilie verkauft werden soll", berichten die beiden Frauen. Im März dieses Jahres informierte der Eigentümer des Gebäudeensembles, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), ihre Mieter per Aushang über den beabsichtigten Verkauf. Bereits im November 2019 endete das offizielle Bieterverfahren. Als Mindestgebot waren seinerzeit im Exposé 1.100.000 Euro aufgerufen.

Auf mündliche und schriftliche Anfrage unseres Medienhauses erhielten wir "mit Rücksicht auf die Vorgaben des Datenschutzes und die Gepflogenheiten im Grundstücksverkehr" keine Auskünfte zu Kaufinteressenten, Käufern, Vertragsverhandlungen oder anderen Inhalten von der BImA.

Martin Adamski, Leiter des Baudezernates der Stadt Cuxhaven, erklärte auf Nachfrage: "Ich bin froh, dass das geschützte Gebäudeensemble erhalten werden soll. Der Investor hat den Charme der alten Immobilie erkannt. Er will dort in der Nähe zum Schlossgarten Dauerwohnungen errichten. Wenn das Coming Out kommt, werden wir vom Investoren sicherlich konkretere Informationen bekommen."

Konkrete Pläne stehen aus

Nach Recherchen unseres Medienhauses hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das ehemalige Marine-Lazarett Mitte Februar 2020 an die VDM Bestandswerte GmbH aus Hannover veräußert. Die konkreten Nutzungspläne sollen in einer angemessenen Frist mit der Stadt abgestimmt werden, bevor der Ankauf abschließend realisiert wird.

"Wir wurden in einem Aushang grob über die Pläne informiert", erinnert sich Gabriele Luetgebrune, die im Juni dieses Jahres Besuch in ihrem Atelier bekam. "Ich habe ein sehr anregendes Gespräch mit einer Dame und einem Herren geführt, die sich als Immobilienbeauftragte zu erkennen gegeben haben. Ich habe einige meiner Ideen mit ihnen besprochen. Ich kann mir gut vorstellen, hier eine Art Kunstschule zu errichten. Das gibt es in anderen Städten bereits. Dieser Ort wäre ideal auch für kreative Feriengäste. Die könnten sich in ihrem Urlaub zum Beispiel dann im zum Gästehaus umgebauten ehemaligen Stadtarchiv einmieten und hier an Kursen teilnehmen", sagt Gabriele Luetgebrune.

Auch Anke Rösner hegt die Hoffnung, dass mit den Investoren aus Hannover eine für alle verträgliche und lohnende Lösung gefunden werden kann. "Das gesamte Areal ist so groß. Mit etwas gutem Willen können wir hier sicherlich eine allgemeinverträgliche Lösung erarbeiten."

Mit dem Übergang des Ensembles übernimmt der neue Eigentümer übrigens alle Rechte und Pflichten aus den laufenden Mietverträgen.

Marine-Lazarett auf einen Blick

Im Zuge der Ernennung Cuxhavens zur Garnisonsstadt im Jahre 1893, ging das Marine-Lazarett 1899 an der Ostseite der Altenwalder Chaussee in Betrieb.

Ursprünglich handelte es sich bei dem Komplex um ein Haupthaus nebst Nebengebäude. Erst 1919 erfolgte eine Erweiterung durch ein zweites Hauptgebäude.

Die Nutzung als Krankenhaus endete in den 1960er Jahren.

In den 70ern und 80ern bezog das Stadtarchiv das Hauptgebäude, welches das Straßenbild nachhaltig prägt. Seit Auszug des Stadtarchivs steht das Gebäude leer.

Das Nebengebäude verfügt über etwa 200 Quadratmeter Nutzfläche. Die sieben Mieteinheiten sind komplett vermietet.

Im zweiten Hauptgebäude, mit fast 3100 Quadratmeter Nutzfläche und 95 Mieteinheiten, haben verschiedenste Nutzer mit überwiegend sozialer und kreativer Ausrichtung über die Hälfte der Räume angemietet.

Nach unseren Recherchen hat die VDM Bestandswerte GmbH aus Hannover den Gebäudekomplex von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben im Februar 2020 erworben. Im Altbestand sollen Wohnungen entstehen.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

jpotschka@no-spamcuxonline.de

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