
ICE, Elektrifizierung, Wasserstoffantrieb: Für Enak Ferlemann steht der Zugverkehr an erster Stelle
CUXHAVEN. CDU-Bundestagskandidat Enak Ferlemann will den "Deutschland-Takt" im Zugverkehr umsetzen. Und den Bau der A20 weiter verfolgen.
Die blau-gelben EVB-Züge am Cuxhavener Bahnhof strahlen in der Sonne. Sie strahlen mit Enak Ferlemann um die Wette. Der CDU-Spitzenpolitiker, der am 26. September zum sechsten Mal in den Bundestag einziehen möchte, hat gute Laune - trotz der derzeit mageren Umfragewerte für die Union. Und das hat mit der Bahn zu tun.
Bahnbeauftragter der Bundesregierung
Was viele hier in der Region nicht so wahrnehmen: Ferlemann, der seit zwölf Jahren - für den Berliner Politikbetrieb eine gefühlte Ewigkeit - Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist und damit zweiter Mann hinter Minister Andreas Scheuer (CSU), ist nicht nur für Straßen zuständig. Sondern vor allem für die Bahn. Seit 2018 ist er Bahnbeauftragter der Bundesregierung. Der erste. Und als dieser hat er die Aufgabe, die Zug-Welt der Republik zu revolutionieren. Die Bahn soll schneller, häufiger und pünktlicher unterwegs sein, um so attraktiv zu sein, dass sie eine echte Alternative zu Auto und Flieger wird.
"Deutschland-Takt" nennt sich der Plan, und Ferlemann will ihn umsetzen. Seit zwölf Jahren arbeite er dafür, verrät er. Jetzt sei die Zeit dafür reif. Auch wegen des Klimawandels, der die Bundespolitik treibt. Im August hat er in Berlin sein milliardenschweres Investitionsprogramm vorgestellt, die Voraussetzung für die Umsetzung der ambitionierten Bahn-Pläne. Und das ist der Grund, warum er jetzt am heimatlichen Bahnhof sitzt und strahlt.
Elektrifizierung der beiden Bahnstrecken
Auch für die Region soll was herausspringen. Ein ICE- oder wenigstens ein IC-Anschluss für Bremerhaven und Cuxhaven, die Elektrifizierung der beiden Bahnstrecken Cuxhaven-Bremerhaven und Cuxhaven-Stade, die komplette Umrüstung der EVB-Zugflotte in der Elbe-Weser-Region auf Wasserstoff ("damit werden wir die erste Strecke weltweit sein, die komplett mit Wasserstoff-Antrieb läuft") - das sind die Ziele, die sich der leidenschaftliche Verkehrspolitiker in den nächsten Jahren in Berlin gesetzt hat.
"Deutschland als Bahn-Land"
"Deutschland muss wieder Eisenbahn-Land werden", sagt der CDU-Mann. "Das waren wir früher mal, dann sind wir Auto-Land geworden, jetzt müssen wir wieder Bahn-Land werden." Ferlemann, der Bahn-Freund, das dürfte manchen verwundern. Schließlich ist er derjenige, der seit bald zwei Jahrzehnten mit Verve für den Bau der Küstenautobahn kämpft. Dafür attackieren ihn viele, die Grünen, die "Fridays-for-Future"-Jugend, Klima- und Naturschützer. Aber für den Vollblut-Politiker aus Cuxhaven sind Klimaschutz und Küstenautobahn kein Widerspruch. Autos an sich seien nicht böse, sagt er, sie müssten nur die richtigen Antriebe haben, Strom und Wasserstoff eben. "Und wir hier in unserer Randlage brauchen die A 20 und den Elbtunnel, wenn wir als Region nicht abgehängt werden wollen", ist er überzeugt.
Verkehrsministerium
Deshalb treibt er den Bau der Küstenautobahn weiter voran - und hofft darauf, dass im nächsten Jahr endlich Baustart gefeiert werden kann. Am liebsten würde er dort natürlich als Verkehrsstaatssekretär den Spaten schwingen. Aber das ist durch die Wahl natürlich noch offen. Klar ist aber: Enak Ferlemann hat im Verkehrsministerium seinen Traumjob gefunden. Ein Vollblut-Politiker ist er ohnehin - seit er im zarten Alter von neun Jahren seinen ersten Wahlkampf bestritten hat. Mit dem Bonanza-Rad und einem Packen Info-Blätter unterwegs, warb Ferlemann im Bundestagswahlkampf des Jahres 1972 für die CDU.
Mit 16 trat er in die Junge Union ein, von da an ging es stetig bergauf: mit 22 Stadtrat, mit 27 in den Kreistag, mit 38 Bundestag. 2009 dann das mächtige Amt des Staatssekretärs. Schon als Kommunalpolitiker stand der Ausbau von Häfen und Hinterlandverbindungen, von Autobahnen und Bahngleisen ganz oben auf seiner Agenda. Jetzt stürzt sich der 58-Jährige auf die Bahn. "Die Bahn ist das komplizierteste Verkehrsmittel", erzählt er. Ein Betätigungsfeld, wie geschaffen für "Bob den Baumeister", wie die Berliner taz ihn wegen seiner Macher-Qualitäten einmal genannt hat. Ferlemann ist ganz in seinem Element, wenn er davon schwärmt, wie er die Bahn zum Verkehrsmittel der Zukunft machen will, wenn er von Zugtakten und Knotenpunkten erzählt, von Groß-Bahnhöfen, die unter die Erde verlegt werden müssen.
"Platz im Parlament ist sicher"
Ob er aber nach der Bundestagswahl da weitermachen kann, steht in den Sternen. An seinem Wiedereinzug in den Bundestag zweifelt Enak Ferlemann nicht: "Mein Gefühl hier im Wahlkreis ist gut, ich bekomme einen Riesen-Zuspruch, auch über die Parteigrenzen hinweg." Er werde das Ticket nach Berlin direkt lösen, ist er überzeugt. Zudem steht das CDU-Schwergewicht auf Platz 5 der Landesliste, damit dürfte sein Platz im Parlament ohnehin sicher sein. Aber ob die CDU in Berlin wieder stärkste Partei wird? Ferlemann gibt sich optimistisch: "Ich glaube, wir werden den Kanzler stellen, aber in einer Dreier-Koalition." Doch selbst wenn das klappt: Ob "Bob der Baumeister" wieder in sein Lieblingsministerium einziehen darf, bleibt offen.
Von Inga Hansen