
Kostenexplosion in Pflegeheimen im Kreis Cuxhaven befürchtet
KREIS CUXHAVEN. Es zeichnet sich ab: Es kommt zu einer Kostenexplosion für den Platz in Alten- und Pflegeheimen - auch in Cuxhaven und umzu. Dass es teurer wird, steht fest. Aber wie teuer wird es - und welche Gründe gibt es dafür?
Ein wichtiger Faktor sind Personalkosten. Ab 1. September müssen die Arbeitskräfte laut Pflegereform nach Tarif bezahlt werden. Diese Kosten dürfen laut Verbraucherschützern eins zu eins an die Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise ihre Familien weitergegeben werden. Die Auswirkungen sind zwar noch nicht genau beziffert - aber unterm Strich müssen Betroffene erheblich höhere Rechnungen in Kauf nehmen. Und hinzukommen erheblich ansteigenden Energie- und Lebenshaltungskosten.
Aktuell werden Verhandlungen geführt
Wer im Pflegeheim lebt, ist per Gesetz an den Kosten für Pflege und Unterkunft beteiligt - ebenso muss ein Beitrag zu den Investitionskosten der Einrichtung geleistet werden. Diese Kosten betreffen die Pflege und Betreuung, die Unterkunft, Reinigung, sowie die Mahlzeiten. Bei Pflege und Betreuung können gestiegene Personalkosten zu einer Erhöhung führen. Landkreis-Pressesprecherin Kirsten von der Lieth erläutert dazu, dass die Betreiber von Pflegeheimen die Preise jedoch nur im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen mit den Pflegekassen und den örtlichen Sozialhilfeträgern vornehmen können. Aktuell fänden dazu Verhandlungen statt. In ihnen spielten auch die steigenden Preise auf dem Energiesektor oder bei den Lebensmitteln eine Rolle - "allerdings nur eine untergeordnete, denn diese Positionen machen nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Gesamtkosten eines Heimplatzes aus". Die aktuell zu erwartenden Preiserhöhungen von zum Teil mehreren hundert Euro hätten ihre Ursache in Anpassungen der Gehälter in der Pflege. Die Betreiber von Pflegeeinrichtungen seien nach dem GVWG (Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung) verpflichtet, spätestens ab September dieses Jahres ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege nach Tarif oder vergleichbar einem Tarif zu entlohnen.
Verhandlungen seien komplexe Angelegenheit
Dies müssten sie auch nachweisen. Das DRK Cuxhaven-Land Hadeln ist einer der großen Betreiber von Pflegeeinrichtungen in der Region. Prokurist Christian Stollmeier erläutert, dass Preisverhandlungen in der Pflege - egal ob ambulant oder stationär - ein sehr komplexes Thema seien. Der Bereich Energiekosten sei nur eine von sehr vielen Positionen, die mit den Pflegekassen verhandelt werden.
Jeder Preis, der mit den Pflegekassen verhandelt werde, sei eine Mischkalkulation aus Personal- und Sachkosten, erklärt Stollmeier. Im Zuge der laufenden Pflegesatzverhandlung und im Zuge des Tariftreuegesetzes würden die Gehälter des Pflege- und Betreuungspersonals massiv ansteigen. Stollmeier: "Diese Steigerung kommt direkt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege an und ist eine tolle Wertschätzung des wirklich lohnenden Pflegeberufes. Im Zuge dessen gehen wir davon aus, dass sich die Eigenanteile in den Seniorenheimen erhöhen werden."
Die Kosten für Bewohner in den DRK-Pflegeeinrichtungen und Klienten in der ambulanten Pflege stiegen durch höhere Energiekosten "nicht einfach so an". Christian Stollmeier erklärt: "Jede Preissteigerung müssen wir zunächst mit den Kostenträgern wie Pflege- und Krankenkassen und Sozialhilfeträger verhandeln. Dies kann frühestens alle zwölf Monate passieren." Das gelte für alle Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste in Niedersachsen. "Nur weil Energiekosten steigen, dürfen Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen nicht ihre Preise erhöhen. Das DRK als Träger von insgesamt zehn Pflegeeinrichtungen trägt also das Risiko dieser Preissteigerungen bis zu einer Neuverhandlung in voller Höhe. Und auch bei einer Neuverhandlung wird nur eine Preissteigerung für die Zukunft verhandelt. Wir können also in den Verhandlungen nicht auf einer höheren Steigerung bestehen, nur weil wir in den letzten Monaten höhere Ausgaben hatten."
Zeitnahe Information
Wie hoch die Steigerung für den Bereich Energiekosten ausfallen werde, könne aufgrund der laufenden Verhandlungen aktuell noch nicht abgeschätzt werden. "Sie wird aber höher als in den vergangenen Jahren ausfallen müssen, wenn Einrichtungen weiterhin wirtschaftlich betrieben werden sollen." Darüber würden die Bewohner in den DRK-Einrichtungen zeitnah, gemäß den gesetzlichen Vorgaben informiert.
Aber was geschieht, wenn wegen der Erhöhungen der Heimplatz nicht mehr bezahlt werden kann? Landkreis-Sprecherin von der Lieth teilt mit: "Sofern die Bewohner diese Erhöhungen nicht mehr aus ihrem Einkommen oder ihrem Vermögen tragen können, besteht die Möglichkeit Hilfe zur Pflege beim Amt Soziale Leistungen zu beantragen." Aber es gibt Einschränkungen: Für Bewohner von betreuten Wohnmöglichkeiten gelte dies aber nicht gleichermaßen. "Diese Wohnformen stehen rechtlich in der Regel normalen Mietwohnungen gleich. Da die Kosten für die Wohnungen jedoch meist erheblich über denen einer normalen Mietwohnung liegen, ist in diesen Wohnformen eine Unterstützung durch Sozialleistungen nur im Ausnahmefall möglich."
Eine pauschale Bewertung, ob und was sich in der ambulanten Pflege ändert, v mochte Stollmeier nicht vornehmen: "Ob und in welcher Höhe sich etwas für die ambulanten Klienten ändert, hängt von den individuell erhaltenen Leistungen ab."
So müssen Pflegeunternehmen vorgehen
Preiserhöhung im Pflegeheim sind nicht ohne Zustimmung möglich. Laut Verbraucherzentrale Deutschland gibt es ein fest vorgeschriebenes Verfahren, das das Unternehmen bei Erhöhungen einhalten muss.
Dabei spiele es keine Rolle, ob es das Entgelt für Pflege- oder Betreuungsleistungen, Unterkunft, Verpflegung, Investitionsaufwendungen oder sonstige Entgeltbestandteile erhöhen will. Erfüllt das Unternehmen auch nur eine gesetzliche Vorgabe nicht, ist die Erhöhung unwirksam.
Das Unternehmen muss schriftlich mitteilen, dass es das Entgelt erhöhen möchte, um welchen Betrag es das Entgelt erhöhen möchte, ab welchem Zeitpunkt es das erhöhte Entgelt verlangt.
Das Unternehmen muss die Entgelterhöhung begründen. Die Begründung muss die Positionen benennen, für die sich Kostensteigerungen ergeben haben, die alten und neuen Entgeltbestandteile gegenüberstellen, den Maßstab angeben, wie die einzelnen Positionen der Kostensteigerung auf den Leistungsnehmer umgelegt werden.
Die Mitteilung über die beabsichtigte Preiserhöhung müssen die Betreffenden vier Wochen vor dem Tag, zu dem sie den erhöhten Betrag zahlen sollen, erhalten.
Dieses Verfahren gilt übrigens für alle Bewohnerinnen und Bewohner, egal ob es sich um Selbstzahler handelt oder Leistungen der Pflegekassen oder eines Sozialhilfeträgers in Anspruch genommen werden.