
Ministerpräsident Weil in Cuxhaven: "Niedersachsen wird Energieland Nummer eins"
CUXHAVEN. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil will die Zuversicht und das Vertrauen im Land stärken. Welche Hilfen er sich vorstellt und welche Chancen der für Niedersachsen sieht, erläuterte er am Freitag in Cuxhaven.
Am 4. Oktober 2017 hatte Stephan Weil schon mal einen denkwürdigen Abend in Cuxhaven erlebt. Damals nicht mit einem amtierenden Bundeskanzler, sondern mit dem damaligen SPD-Bundesvorsitzenden Martin Schulz, der es gern geworden wäre und in der Kugelbake-Halle das erste Mal überhaupt nach seiner Wahlniederlage an die Öffentlichkeit trat. Für Stephan Weil war dieser Abend, wie er am vergangenen Freitag konstatierte, der "Auftakt zu einem fulminanten Wahlkampf mit einem fulminanten Ausgang" - Grund genug, auch in diesem Jahr die heiße Wahlkampf-Phase vor der Landtagswahl am 9. Oktober in Cuxhaven einzuläuten.
Zerreißprobe verhindern
Wie vor ihm Bundeskanzler Olaf Scholz stellte auch Stephan Weil den Ukraine-Krieg und seine Folgen in den Mittelpunkt, wohl wissend um die Zerreißprobe, die der Gesellschaft droht. Deutschland brauche einen aktiven Staat, der für seine Bevölkerung einstehe, und eine starke Gesellschaft: "Das muss das Ziel für die nächsten Wochen, Monate und Jahre sein", so Weil.
Licht am Ende des Tunnels verhieß nichts Gutes
chon der Corona-Schock sei allen unter die Haut gegangen. Er sei stolz, dass Niedersachsen diese Krise stabil und mit einer der niedrigsten Todesraten in Deutschland und Europa bewältigt habe. Weil erinnerte an den Februar dieses Jahres, als alle die Nase von der Pandemie gestrichen voll gehabt hätten: "Und wenn Du Licht am Ende des Tunnels siehst, bedenke, dass das der nächste Zug sein kann", zitierte er ein Sprichwort. Das sei der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar gewesen.
Geflüchtete "fast lautlos" aufgenommen
Er, Weil, habe sein Leben lang für stabile Verhältnisse mit Russland gearbeitet und müsse nun wie alle erkennen, dass die Aggression von Russland ausgehe. In einem leidenschaftlichen Plädoyer warb der Ministerpräsident um den Zusammenhalt in Niedersachsen, in dem schon 90 000 aus der Ukraine geflüchtete Menschen dank großartigen bürgerschaftlichen Engagements "fast lautlos" aufgenommen worden seien.
Unabhängigkeit erreichen
Weil stellte sich an die Seite des Bundeskanzlers, der zuvor gesprochen und die zusammen mit anderen Partnerstaaten gegen Russland verhängten Sanktionen begründet hatte. "Wir dürfen nie wieder in die Situation kommen, von einem Menschen wie Wladimir Putin abhängig zu sein", bekräftigte Stephan Weil. Das setze aber auch erhebliche Innovations- und Tatkraft frei, erklärte Weil mit Blick etwa auf die zügige Genehmigung und Finanzierung der Flüssiggasterminals in den norddeutschen Häfen und auf den Schub für die für Cuxhaven elementare Offshore-Industrie. "Wir können jeden Tag ein Stück zuversichtlicher sein", sagte Weil und bezog damit die Sorge um unbezahlbare Energiepreise ein. Die Verzweiflung reiche bis tief in die Mitte der Gesellschaft.
Ähnlich wie 2008 in der Bankenkrise brauche es jetzt einen starken Staat, der gegenhalte - so wie Olaf Scholz, der in der Weltwirtschaftkrise als Arbeitsminister Arbeitsplätze und die Wirtschaft auf Kurs gehalten habe. "Wir wissen, wie man Krisen bewältigt", versicherte Weil.
100 Millionen für Härtefälle
Weil kündigte einen mit 100 Millionen Euro ausgestatteten Härtefallfonds des Landes und der Kommunen zur Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei den Energiekosten an: "Wir müssen denen zur Seite stehen, die Hilfe brauchen."
Trotz allem biete die Krise Chancen. Niedersachsen verspreche "Energieland Nummer eins" in Deutschland zu werden. Dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder prophezeite Weil, bald dankbar für von den Häfen ausgehende Flüssiggas-Pipelines zu sein - ganz ohne das von Söder angeregte Fracking im Norden, das Weil mit den Worten "Geht's noch?!" quittiert hatte.
"Autoland, aber klimaneutral!"
"Wir bleiben Autoland, aber klimaneutral!", kündigte Weil an. In einem Rundumschlag durch die Felder der Landespolitik kündigte er außerdem die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft an, widmete sich der Gesundheits- und Schulpolitik.
Unter dem Jubel der Anhängerinnen und Anhänger in der Kugelbake-Halle legte er als Ziel den dritten Wahlsieg in Folge fest. Der Landes-Chef und die Riege der Ministerinnen und Minister blieben noch lange in der Halle, während Kanzler Olaf Scholz zügig von Sicherheitskräften hinausbegleitet wurde.
Klingbeil für Übergewinnsteuer
In der Eingangsrunde hatte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zuvor ein klares Bekenntnis zur Übergewinnsteuer für Unternehmen, die von der Krise profitieren, abgegeben.
Sozialministerin Daniela Behrens beschrieb die "ureigene Angst" der Bürgerinnen und Bürger, nicht mehr im Alltag klarzukommen. Immer mehr Familien, die noch nie staatliche Hilfe erhalten hätten, seien betroffen. Es brauche daher schnellstens greifbare Hilfen.
"Corona-Leugner, Querdenker und Demokratieverächter brauchen wir hingegen nicht", so Daniela Behrens. Lars Klingbeil ergänzte: "Wir lassen uns dieses Land nicht kaputtmachen durch Spalter und Hetzer."