Vor der Asylbewerberunterkunft in Stade-Bützfleth gedachten zahlreiche Menschen dem Verstorbenen. Foto: Archiv
Vor der Asylbewerberunterkunft in Stade-Bützfleth gedachten zahlreiche Menschen dem Verstorbenen. Foto: Archiv
Im Fall Aman Alizada

Nach tödlichem Polizei-Einsatz in Stade: Ermittlungen neu aufgenommen

23.08.2020

KREIS STADE. Der Fall Aman Alizada muss neu bewertet werden. Die Stader Staatsanwaltschaft wurde zu weiteren Recherchen aufgefordert.

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat die Staatsanwaltschaft Stade angewiesen, weitere Ermittlungen zu führen. Ob es dann zu einer Anklage gegen den Polizisten kommen werde, sei aber völlig offen, so die Generalstaatsanwaltschaft. Für den Hamburger Strafverteidiger Thomas Bliwier ist dagegen eine Anklage eine "logische Konsequenz".

Vor einem Jahr wurde der Flüchtling Aman Alizada in Bützfleth aus einer Polizeipistole tödlich getroffen. Die Stader Staatsanwaltschaft kam nach langen Ermittlungen zu dem Schluss, dass es eine "glasklare Notwehrsituation" gegeben habe und deswegen ein 28-jähriger Polizist nicht angeklagt werden darf. Eine Anklage und damit ein Gerichtsverfahren sei nur möglich, wenn es eine "hinreichende Wahrscheinlichkeit" für eine Verurteilung gebe, und die sei nicht vorhanden.

Beschwerde eingelegt

Gegen diese Entscheidung hatte Strafverteidiger Thomas Bliwier im Auftrag des Bruders des Getöteten Beschwerde eingelegt und die Stader Staatsanwaltschaft formal aufgefordert, erneut zu ermitteln und Anklage zu erheben. Das allerdings lehnte die Stader Staatsanwaltschaft am 23. Juli ab, weil es auch durch die Beschwerdebegründung keine neuen Anhaltspunkte gebe. Staatsanwaltschafts-Sprecher Kai Thomas Breas spricht von einer "glasklaren Notwehrlage".

Folgerichtig gingen die Akten zur Überprüfung an die Generalstaatsanwaltschaft in Celle, die schnell zu einer ersten Reaktion kam. "Die Stader Staatsanwaltschaft wird angewiesen, dem Verfahren Fortgang zu geben", so die juristische Begründung aus Celle.

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Was dies heißt, wird unterschiedlich beurteilt: "Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Sachverhalt noch nicht ausreichend aufgeklärt ist", sagt Bernd Kolkmeier, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Damit seien die Stader Staatsanwälte aufgefordert, weitere Ermittlungen zu führen. In welche Richtung, mochte der Oberstaatsanwalt mit Hinweis auf mögliche weitere Zeugenbefragungen nicht sagen. Bernd Kolkmeier: "Wir sehen nur weiteren Ermittlungs und Aufklärungsbedarf." Mit dieser Entscheidung sei der Ausgang des Verfahrens in beide Richtungen offen. Zu der von seinen Kollegen in Stade festgestellten "glasklaren Notwehrlage" sagte der Oberstaatsanwalt: "Diesen Schluss können wir noch nicht ziehen."

Verteidiger rechnet mit Anklage

Thomas Bliwier wertet die Entscheidung in Celle so: "Die haben der Staatsanwaltschaft deutlich gemacht, dass es so nicht geht." Bliwier geht davon aus, dass es jetzt zu einer Anklage kommen werde. "Für uns ist eine andere Alternative nicht vorstellbar." Formal muss jetzt die Stader Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen aufnehmen und bewerten. "Wir kennen noch nicht die schriftliche Begründung aus Celle", sagte Burkhard Vonnahme, Chef der Staatsanwaltschaft Stade. Der Fall liegt jetzt aber wieder in seiner Behörde. Wenn die Stader Staatsanwälte weiter von Notwehr ausgehen, kann erneut Beschwerde eingereicht werden.

Am Freitag, 21. August, gibt es um 17 Uhr auf dem Stader Pferdemarkt eine Trauer-Gedenkfeier für Aman Alizada. Eingeladen haben der Flüchtlingsrat und die Bürgerinitiative Menschenwürde.

Von Wolfgang Stephan

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