Zahntechnikermeister Herbert Stolle ist am 15. Dezember 2020, kurz vor seinem 85. Geburtstag, in seiner Cuxhavener Wohnung verstorben. Foto: CNV-Archiv
Verstorben

Nachruf für Zahntechnikmeister: Engagierter Cuxhavener mit Visionen

von Jens Potschka | 04.01.2021

CUXHAVEN. Der bekannte Cuxhavener Zahntechnikermeister und Kunstfreund Herbert Stolle ist kurz vor seinem 85. Geburtstag verstorben.

Kurz vor seinem 85. Geburtstag verstarb der bekannte Zahntechnikermeister Herbert Stolle dieser Tage durch einen tragischen Unfall in seiner Wohnung. Herbert Stolle wurde 1935 als Sohn des Fischauktionators Alfred Stolle und dessen Frau Ilse in Cuxhaven geboren. Nach Lehr- und Wanderjahren in Cuxhaven, Lindau und Konstanz besuchte er die Meisterschule für Zahntechniker in Köln. In dieser Zeit pflegte er auch seine Liebe zur Musik. Zwei Saisons lang wirkte er im Chor der Bregenzer Festspiele mit. In Bayern ließ er sich zudem bei einem bekannten Trainer im Fechtsport ausbilden. Er war Mitglied im Mannschaftskader und wurde mehrfach Landesmeister.

Mit erfolgreich bestandener Meisterprüfung in der Tasche gründete der junge Unternehmer 1965 in seiner Heimatstadt sein erstes zahntechnisches Labor in der Heinrichstraße. In dieser Zeit war Herbert Stolle wirtschaftlich sehr erfolgreich. Er folgte dem Rat seiner Banker und Steuerberater und investierte in weitere Laboratorien. Nach Cuxhaven, Bremerhaven und Stade kamen neun weitere Standorte in Deutschland und in Italien hinzu. In Bremerhaven lernte er auch seine erste Frau Brigitta kennen, mit ihr hat er einen Sohn und eine Tochter.

In einer Atmosphäre der freien Marktwirtschaft wurde die Dental-Stolle in nur 15 Jahren mit 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu dem seinerzeit größten Dental-Labor Europas. Der repräsentative Stammsitz der Firma existiert am Feldweg 24 noch heute. Die Siedlungsgesellschaft Cuxhaven und die Ameos-Klinik sind jetzt in dem Gebäude zu Hause. Als Bauherr hat Herbert Stolle das Gebäude gemeinsam mit dem Cuxhavener Architekten Paul-Otto Gerdts entwickelt, nachdem die beiden Männer sich in ganz Deutschland etliche Laboratorien angeschaut hatten.

Herbert Stolle wollte am Stammsitz in Cuxhaven ein zukunftsweisendes Gebäude errichten. Es sollte in erster Linie mitarbeiterfreundlich sein. So holte der junge Chef seine Angestellten im wahrsten Sinne des Wortes ans Licht. In den 1970er-Jahren war es nicht unüblich, dass Zahntechniker in Kellerlabors oder hinter dicken Wänden arbeiten mussten. In dem modernen Gebäude am Feldweg waren die Labors rundherum mit Glasfronten ausgestattet.

Herbert Stolle legte zudem großen Wert auf eine gute Ausbildung. Er wollte sich seinen eigenen qualifizierten Nachwuchs heranbilden und hat viel dafür getan. In den spätern 1980er Jahren rief er die "Gruppe 2000" ins Leben. Dort kamen die besten seiner Azubis aus allen seiner Zweigstellen zusammen. Der weitsichtige Unternehmer ließ ihnen Fortbildungen unter anderem an der Universitätsklinik in Aachen zu Teil werden. Selbst nach Italien schickte er den Nachwuchs.

Während seiner langen Karriere hat er auch für Zahnärzte und Zahntechniker anderer Unternehmen in Cuxhaven Fortbildungen angeboten. Das "Nordsee-Seminar" fand gleich mehrfach in der Döser Kugelbake-Halle statt. Herbert Stolle holte dafür das "Who is Who" aus der Wissenschaft an die Cuxhavener Küste. Aus Verbundenheit zur Bundesmarine organisierte er eine Reihe von "Herbsttagungen" für Sanitätsoffiziere der Zahnmedizin.

Nach der Gesundheitsreform und anderen wirtschaftlichen Einflüssen meldete die Firma Dental-Stolle im Jahr 2003 Insolvenz an. Herbert Stolle sprach in dieser Zeit oft von der "Entmündigung des Zahntechnikerhandwerks" und gründete mit gleichgesinnten Kollegen den "Freien Verband Zahntechnischer Laboratorien e.V.", dessen Bundesvorsitzender er bis zu seinem Tode blieb. Herbert Stolle war ein sehr umtriebiger Mann mit vielen guten Ideen. Er engagierte sich in der Kunst wie in der Politik. Er war Mitglied in der CDU und war in verschiedenen Vereinen aktiv.

Mit einer Reihe von Sportfreunden gründete er einst den Küstengolf-Club Hohe Klint. Noch mit über 80 Jahren zog es ihn gelegentlich auf das Grün. Als Caddy an seiner Seite war stets Hanne Veit dabei, seine beste Freundin und Lebenskameradin. Mit ihr engagierte er sich bis zuletzt auch als Vorsitzender des Vereins "Künstlerhaus im Schlossgarten" (KiS e.V.).

Als Verfasser unzähliger Artikel mit dem Themenschwerpunkt Sozial- und Gesundheitspolitik wurde er zu einem Kämpfer gegen staatliche Bevormundung und für die Freiheit, Gerechtigkeit und Eigenverantwortung des mündigen Bürgers. Herbert Stolle war ohne wenn und aber ein Mann mit vielen Ecken und Kanten, der sagte, was er dachte. Mit einem großen Sendungsbewusstsein und rhetorischem Können ausgestattet, konnte er auch sehr direkt sein.

Doch eines war Herbert Stolle dabei immer immens wichtig: "Die Bürgerinnen und Bürger sind der Souverän und die Politiker sind ihre auf Zeit gewählten Vertreter." Als solche hätten sie transparent und für alle nachvollziehbar zu handeln. Herbert Stolle engagierte sich in seinen letzten Lebensjahren auch bei Transparency International Deutschland. Dort wirkte er unter anderem an einem Antikorruptionsgesetz mit.

Familie, Freunde und Wegbegleiter trauern um einen liebevollen Vater, weisen Berater und engagierten Cuxhavener. Nach der Corona-Pandemie wird Herbert Stolle auf See beigesetzt.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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