
Einmalig in Niedersachsen: So soll der neue Deich in Sahlenburg aussehen
CUXHAVEN. So groß war das Bürger-Interesse an einer Sitzung des Sahlenburger Ortsrates schon lange nicht mehr: Anfang der Woche stellte die Stadtverwaltung erstmals öffentlich Pläne für einen Deich in der Sahlenburger Wolskermarsch vor. Das Küstenschutzbauwerk soll die Anmutung einer Naturdüne bekommen, was einmalig in ganz Niedersachsen wäre.
In der Aula der Sahlenburger Schule war am Montagabend kaum noch ein Stuhl zu bekommen. Selbst im Flur nahmen einige interessierte Sahlenburger nach der obligatorischen 3G-Kontrolle platz. Sie wollten die erste öffentliche Präsentation der Deichpläne nicht verpassen, sondern aus nächster Nähe verfolgen.
20 Mio. Euro von Land und Bund
An neun großen Stellwänden hatten die städtischen Mitarbeiter Anja Stute und Andreas Damm vom Fachbereich Naturschutz die Pläne der drei an den Deichplanungen beteiligten Büros ausgehängt. Die überregional tätigen Planungsbüros waren über einen Auswahlprozess eingeladen worden. Auf Grundlage einer konkreten Aufgabenstellung haben sie ihre Gestaltungsideen entwickelt.
Die Pläne orientieren sich zum einen an den Erfordernissen des Küstenschutzes und haben zum anderen die Ziele des Naturschutzes inmitten des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer zu berücksichtigen. Zudem hatten die Planer die intensive touristische Nutzung an dieser Stelle Sahlenburgs in ihre Deich-Visionen mit einzubringen.
Zurückgeblickt: Im März 2021 hatte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) die freudige Botschaft verkündet, das die kalkulierten Gesamtkosten für das Deichbauprojekt von knapp 20 Millionen Euro vom Land Niedersachsen und vom Bund übernommen werden. Bereits im Juli wurde dann in einem Workshop der organisierten Öffentlichkeit sowie den Vertreterinnen und Vertretern der Ratsfraktionen ein erster Entwurf zur Information, Prüfung und Ergänzung vorgestellt. Nach einem gemeinsamen Ortstermin gingen die Fachleute an die Arbeit. Mitte November tagte die Jury.
Neuer Deich soll einer Düne ähneln
Andreas Damm stellte in der Schulaula zunächst in aller Kürze, die Ideen der Büros "nsp landschaftsarchitekten + stadtplaner" aus Hannover und "SWUP Landschaftsarchitekten" aus Berlin/Quickborn vor. Da die Jury des Gutachterverfahrens sich nach intensiver Prüfung einstimmig für den Entwurf des Büros "Horeis + Blatt" aus Bremen/Verden entschieden hatte, dient dieser Entwurf jetzt als Grundlage für die weitere Planung des Deiches in der Wolskermarsch. Dort soll die letzte Lücke in der Deichlinie Cuxhavens geschlossen werden. Der neue Deich soll in seinem äußeren Erscheinungsbild einer Düne ähneln. Damit fügt er sich harmonisch in das jetzige Landschaftsbild ein. Der Dünendeich wird sich über eine Gesamtlänge von circa 1,5 Kilometern ersttrecken. Er wird wasserseitig vom Helios-Areal bis zum Wernerwald Höhe Spielplatz verlaufen.
Rauheitselemente aus Beton
Die Deichhöhe soll circa 8,85 Meter über Normalhöhennull betragen. Wie Anja Stute auf Nachfrage unseres Medienhauses erklärte, könne die Standardhöhe für Deichbauwerke von aktuell 9,80 Meter auf circa 8,80 Meter unterschritten werden, weil in den Dünendeich sogenannte Rauheitselemente eingebaut werden. Diese massiven Betonteile schützen die Küste im Falle einer Sturmflut zusätzlich.
Cuxhavener Deichverband und NLWKN schultern Aufgabe
Die Mammutaufgabe wird, wie bereits bericht, in enger Abstimmung mit dem Cuxhavener Deichverband und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) geschultert werden.
Sahlenburg gilt nicht nur unter Urlaubern als einzigartige Destination an der Nordseeküste: Der Zugang zum Wattenmeer ist derzeit für alle Cuxhavener und Gäste ohne Deichüberquerung möglich. Das soll sich ändern. Voraussichtlich 2026/27 könnte mit dem Bau eines Deiches in Dünenform begonnen werden.
Dem Klimawandel Rechnung tragen
Die Wolskermarsch, in der Campingplätze, Hotels, Gästehäuser und Gastronomie zu finden sind, wird seitlich durch zum Teil bewaldete Geestrücken umklammert. Das weitläufige Areal besitzt jedoch zum Meer einen nahezu freien Zugang und Ausblick. Der Bau des Deiches wird diese geografische Situation stark verändern.
Der Deich wird eine Klammer zwischen dem Wernerwald und den Wald-/Heideflächen am UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer-Besucherzentrum bilden und die dort vorhandenen "Höhenrücken" aufnehmen, um die tief liegende Marsch vor Sturmfluten und Überschwemmungen zu schützen. Diese könnten in den kommenden Jahren Berechnungen zufolge höher ausfallen als bislang.
Ausstellung vom Watt-Bz vorsorglich im ersten Obergeschoss aufgebaut
Von der Sahlenburger Promenade, den Straßen, Plätzen und den unteren Stockwerken der Hotels und Gästehäuser wird nach dem Deichbau kein direkter Blick mehr auf das Wattenmeer möglich sein. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte der scheidende Baudezernent Martin Adamski dieser Tage: "Deshalb haben wir die Ausstellung des Watt-Bz auch schon in der ersten Etage eingerichtet."
Auch touristische Belange berücksichtigen
Der neue Deich soll neben dem Hochwasserschutz auch touristische Belange berücksichtigen. So sollen Aufenthaltsbereiche auf dem Deich geschaffen werden, die Deichkrone wird begehbar sein. Das Bauwerk wird auf der Seite zum Watt ein Deckwerk aus Betonsteinen bekommen. Durch Sandaufschüttungen und Strandhafer soll ein natürliches Bild erzielt werden. Die Deichüberquerungen werden über großzügige Treppen oder Rampen erfolgen. Die unterschiedlichen Besucherströme - Strand/Wassersport, Reiter, Wattenkutschen - werden separat gelenkt, um einen reibungslosen Zugang zum Wattenmeer zu gewährleisten.