Blick auf die Werftanlagen von Pella Sietas in Neuenfelde. Wegen zu starker Verschlickung der Este-Mündung können derzeit keine Schiffe den Werft-Hafen verlassen. Erst im April soll durch Ausbaggerung für ausreichend Tiefgang gesorgt werden. Foto: Charisius / dpa
Blick auf die Werftanlagen von Pella Sietas in Neuenfelde. Wegen zu starker Verschlickung der Este-Mündung können derzeit keine Schiffe den Werft-Hafen verlassen. Erst im April soll durch Ausbaggerung für ausreichend Tiefgang gesorgt werden. Foto: Charisius / dpa
Pella Sietas-Werft

Neues Baggerschiff mehr als zwei Jahre in Verzug

von Ulrich Rohde | 14.01.2021

KREIS CUXHAVEN. Für die Pella Sietas-Werft in Hamburg-Neuenfelde könnte es derzeit besser laufen. Die krisengebeutelte Traditionswerft hatte zuletzt eine Ausschreibung der Reederei Hadag über den Bau von drei Fähren verloren. Zudem ist die Mündung des Elbnebenflusses Este derart verschlickt, dass nicht genügend Tiefgang zum Ausdocken von Schiffen in den Werft-Hafen vorhanden ist. Vor den Werfthallen wartet derzeit ein Saugbagger auf seine Fertigstellung, finanziert vom Bund. Von der Auftragsvergabe im Dezember 2016 bis heute sind mehr als vier Jahre vergangen.

Voraussichtlich wird im April das Hafenbecken der Werft ausgebaggert werden, so zumindest die Zusage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesverkehrsminister, Enak Ferlemann. Die Vorbereitungen dazu seien getroffen. Dann könnte der neue Bagger, der den vom Bund betriebenen 43 Jahre alten Saugbagger "Nordsee" in Zukunft ersetzen soll, endlich in Dienst gestellt werden. Bund, Hamburg und Pella Sietas teilen sich die Kosten für die Baggerarbeiten. Das angeschlagene Unternehmen, in dem Kurzarbeit angesagt ist, werde seinen Kostenanteil tragen können, versichert Ferlemann.

Auch dass die Werft den Bagger fertigstellen werde, steht für den Parlamentarischen Staatssekretär fest. Doch er räumt zugleich ein: "Die Werft tut sich schwer, einige Zulieferer ebenso." Das sorgt beim Bund nicht zwangsläufig für helle Freude, im Gegenteil, von Verärgerung ist die Rede. Ferlemann macht deutlich: "Das Schiff muss fertig werden."

Schließlich ist der Bagger, der im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Dienst gestellt werden soll, dazu ausersehen, ein Baustein für die Regulierung des Marktes im Baggergeschäft zu werden. "Wir wollen den Markt wieder stärker ins Gleichgewicht bringen", so Ferlemann. Gemeint ist: Derzeit liegt das Ausbaggern der Bundeswasserstraßen und Hafenbecken fast vollständig in den Händen privater Reedereien aus den Benelux-Ländern. Und die lassen sich die Unterhaltung der Flüsse gut bezahlen. Mit stetig zunehmenden Baggermengen aufgrund des verstärkten Flutstroms aus der Flussmündung, begleitet von den Folgen der aktuellen Elbvertiefung ist an eine Senkung der Baggerkosten nicht zu denken. Das Gegenteil ist der Fall.

Einsatz ab Sommer?

Kritiker halten den Zeitrahmen von mehr als vier Jahren zwischen Auftragsvergabe und voraussichtlicher Fertigstellung des Saugbaggers für nicht mehr nachvollziehbar. Ursprünglich sollte das Schiff 2018 in Dienst gestellt werden. Einige Monate Verzögerung sind normal, aber mehr als zwei Jahre? Wenn das Schiff im April die Werft verlassen sollte, folgt anschließend noch eine Phase der Endausrüstung und Erprobung, sodass der erste echte Einsatz vermutlich frühestens im Sommer, aber eher ab Herbst erfolgen dürfte.

Der Cuxhavener Schifffahrtsexperte und Sachverständige für Schiffsbetriebstechnik, Jürgen Grzeskowiak, beschäftigt sich seit Jahren mit der Baggerei auf den Bundeswasserstraßen, war bis in die 80-er Jahre für den technischen Bereich des Baggers "Johannes Geers" beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Cuxhaven zuständig. Er kritisiert seit langem das Übergewicht der privaten Reedereien im Baggergeschäft und plädiert für einen Systemwechsel hin zum Bau einer Flotte bundeseigener Baggerschiffe, die, so Grzeskowiak, in staatlicher Eigenregie vor dem Hintergrund der enorm steigenden Baggerkosten wirtschaftlicher betrieben werden könnten als es die Privatreedereien derzeit anböten. Die ausufernden Preise für die Baggerarbeiten bei stark steigenden Mengen sind auch für den Bund und Hamburg ein eklatantes Problem geworden. Die Hansestadt allein investiert jährlich rund 100 Millionen Euro in die Unterhaltung der Hafenbecken, Tendenz steigend.

Kosten verdoppelt

Die Rechnung des Experten Grzeskowiak für den in Bau befindlichen Laderaumbagger geht so: Im Dezember 2016 wurde das Schiff bei Pella Sietas für 95 Millionen Euro in Auftrag gegeben. Voraussichtliche Fertigstellung hätte Ende 2018/Anfang 2019 sein sollen. Mittlerweile verzögert sich die Auslieferung also um gut zwei Jahre. In der Zeit bis heute hätte der Bagger, wäre er eingesetzt worden, für Einsparungen bei den Aufträgen an die Privatreedereien sorgen können, die Grzeskowiak mit etwa 124 Millionen Euro beziffert. Rechne man zusätzliche Werftkosten und die geschätzten Baggerkosten für die Este noch hinzu, so werde der neue Bagger in staatlicher Regie den Steuerzahler am Ende insgesamt 233 Millionen Euro gekostet haben. Dagegen hält er die wegen der Verzögerung in der Werft weggefallenen Kosten für Personal, Kraftstoff und Reparaturen, die Grzeskowiak auf etwa 42 Millionen Euro schätzt. Am Ende werde sich der Preis für den Bau des Baggerschiffs verdoppeln.

Trotz aller Probleme und Verzögerungen ist Staatssekretär Ferlemann der festen Überzeugung, dass die Werft in der Lage ist, den Bagger diesem Jahr zu Ende zu bauen. Über alle Themen, auch die Kalkulation, werde mit Pella Sietas gesprochen. Eins stehe aber fest, so Ferlemann: "Wir brauchen das Schiff."

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