Das 2,7 Hektar große Areal mit mehrern Grundstpücken steht für mindestens 230.000 Euro zum Verkauf. Foto: Bima
Das 2,7 Hektar große Areal mit mehrern Grundstpücken steht für mindestens 230.000 Euro zum Verkauf. Foto: Bima
Lokales

Observatorium in der Wingst steht zum Verkauf

von Wiebke Kramp | 14.06.2019

WINGST. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) verkauift das ausgediente erdmagnetische Observatorium im Wingster Wald.

Eine über 80 Jahre alte Geschichte geht zu Ende. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) stellt jetzt einen riesigen Komplex in idyllischer Wingster Waldlage zum Verkauf: Das ausgediente erdmagnetische Observatorium mit mehreren Gebäuden. Das Grundstück ist 2,7 Hektar groß. Mindestens 230 000 Euro sollen dafür in die Staatskasse fließen. Das ist die unterste Gebotssumme.

Die aus zwei Flurstücken bestehende Liegenschaft hat eine Gesamtgröße von 27 336 Quadratmeter. Auf dem komplett eingezäunten Gelände befand sich seit 1938 das Erdmagnetische Observatorium Wingst, in dem noch bis vor kurzem zeitliche und örtliche Schwankungen des Erdmagnetfeldes durch verschiedener Messgeräte erfasst wurden. Das ist jetzt Geschichte, das Institut hat ausgedient. Auf dem Areal stehen verschiedene Gebäude aus den Jahren 1938 und 1939: ein Wohn-, ein Diensthaus, ein Werkstattgebäude sowie fünf weitere kleinere Zweckbauten. Die Wärmeversorgung der Gebäude erfolgt durch eine zentrale Gasheizanlage (Baujahr 1993).

Die Wohnfläche beträgt circa 701 Quadratmeter, die Nutzfläche rund 540 Quadratmeter. Die Zufahrt erfolgt in Richtung Waldspielplatz Wingst über die Gemeindestraße "Am Olymp", die an dem nahezu rechteckig geschnittenen Grundstück vorbeiführt. Entlang der Grundstückfläche verläuft ein Wanderweg.

Es existiert derzeit kein rechtskräftiger Bebauungsplan für dieses Gebiet. Im Flächennutzungsplan ist das Grundstück noch als Sondergebiet Observatorium ausgewiesen. Sämtliche Nutzungsänderungen seien mit dem Landkreis Cuxhaven als Bauaufsichtsbehörde und der Gemeinde Wingst abzustimmen, teilt die Bima mit.

Der Gemeinde Wingst ist das Exposé bekannt. "Wir haben aber selbst noch keine konkrete Idee, und werden uns darüber abstimmen, ob wir selbst Interesse bekunden" teilt der Wingster Bürgermeister Patrick Pawlowski auf Nachfrage mit. Die Lage des Grundstücks sei attraktiv und befindet sich in Nachbarschaft zu gemeindeeigenen Ländereien wie Zoo und Olymp und wäre theoretisch gut geeignet als Erweiterung des Zoos.

Mitsprache der Gemeinde

Unmissverständlich deutlich macht der Bürgermeister, dass ohne gemeindliche Zustimmung dort keine Entwicklung möglich sein wird: "Die Gemeinde Wingst hat planerisch die Hand drauf." Man sei jedoch offen für potenzielle Investoren, die für das Areal eine passende Nutzungsidee haben, die der Weiterentwicklung der Wingst diene. Keinerlei Interesse habe man hingegen an Leuten, die dort nur auf günstige Art und Weise Wohnraum schaffen wollten, sagt Pawlowski vorsorglich..

Damit geht eine über 80-jährige Geschichte zu Ende. Ab 1937 ließ die Kriegsmarine das Observatorium in der Wingst als Nachfolgerin einer Einrichtung in Wilhelmshaven bauen. Der Wingster Waldstandort in t erschien ideal. Die Wingst liegt auf einer hohen eiszeitlichen und sandigen Endmoräne und im Untergrund gibt es kein erzhaltiges Gestein, das die Magnetfühler hätte ablenken können. Das Observatorium wurde als abgelegenes Gehöft getarnt,sodass es sogar aus der Luft als Waldbauernhof wirkte. Mit den Messungen des Magnetfelds und seiner Veränderungen sollten für den U-Boot-Krieg möglichst genaue Seekarten geschaffen werden.

Daten für Seekarten

Nach dem Krieg ging das Observatorium über an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydragrafie (BSH). Hauptaufgabe war viele Jahrzehnte die Datensammlung für Seekarten. Es war das einzige westdeutsche Observatorium. Ein gutes Dutzend Leute arbeitete und wohnte dort.. Später teilten sich BSH und Geoforschungszentrum die Anlage, bis sie vollständig in die Zuständigkeit Potsdams ging. 2004 wurde das Erdmagnetische Observatorium Wingst als Außenstation des Adolf-Schmidt-Observatorium Niemegk vom Deutschen Geoforschungszentrum im Helmholtz-Zentrum Potsdam betrieben. Es wurde immer weiter automatisiert, bis vor wenigen Jahren nur noch eine Hausmeisterin nach dem Rechten schaute und die Anlage abgebaut wurde und jetzt zum Verkauf steht. Bei dem Preis in Höhe von 230 000 Euro handelt es sich laut Bima um ein Mindestgebot. Der tatsächliche Verkauf erfolge zum wirtschaftlichsten Bestgebot.

Der Erwerb ist für den Käufer provisionsfrei. Bis 5. Juli können Interessenten ein Gebot an die Bima abgeben. Für Montag, 17. Juni, ist von 11 bis 13 Uhr ein Besichtigungstermin anberaumt, für den allerdings um Anmeldungen gebeten wird.

Hintergrund:

Ein geomagnetisches Observatorium ist eine Einrichtung zur kontinuierlichen Beobachtung, Erfassung und Dokumentation der zeitlichen und örtlichen Schwankungen des Erdmagnetfeldes durch verschiedener Messinstrumente. Der Standort eines solchen Observatoriums sollte frei von lokalen geologischen Besonderheiten sein: Elektrische Bahnen sollten mehr als 15 Kilometer, Wasser- und Abwasseranlagen mehr als 200 Meter vom Messplatz entfernt sein. Hochspannungsleitungen sollten sich nicht in der Nähe des befinden, und die baulichen Anlagen des Observatoriums sollten aus nichtmagnetischen Materialien bestehen. In der Wingst war es sogar so, dass Bauten in der Nähe nicht magnetisch sein durften, das galt auch für die Gehege des nahe gelegenen Zoo, die aus nichtmagnetischen Stahl und Beton sein mussten. Dies verteuerte beispielsweise den Bau des Wolfs- und Bärenwaldes 2010 erheblich.

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Wiebke Kramp

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