Laut Entwurf für das neue niedersächsische Krankenhausgesetz soll  eine Fahrtzeit von bis zu 45 Minuten zum nächsten Kreißsaal zumutbar sein. Foto: Caroline Seidel/dpa 
Laut Entwurf für das neue niedersächsische Krankenhausgesetz soll  eine Fahrtzeit von bis zu 45 Minuten zum nächsten Kreißsaal zumutbar sein. Foto: Caroline Seidel/dpa 
Petition läuft

Paritätischer Cuxhaven warnt: Schnell kann der Kreißsaal weg sein

von Maren Reese-Winne | 15.05.2022

CUXHAVEN. 45 Minuten bis zum nächsten Kreißsaal? Verbände und Hebammen, auch aus Cuxhaven, schlagen Alarm: Dieser Plan könne für noch mehr geburtshilfliche Abteilungen im Land der Todesstoß sein.  

Das niedersächsische Krankenhausgesetz steht vor einer Neufassung. Der aktuelle Entwurf sieht vor, die Geburtshilfe als Fachabteilung einzustufen. Die zumutbare Frist für die Erreichbarkeit eines Kreißsaals würde - bei guten Verkehrsverhältnissen - auf 45 Minuten hochgesetzt. Dies ist aus der Sicht des Niedersächsischen Aktionsbündnisses "Gesundheit rund um die Geburt" nicht zumutbar. Es hat eine Petition gestartet, die sich für eine flächendeckende und wohnortnahe Geburtshilfe in der Grundversorgung einsetzt.

Jetzt rasch handeln

"Die zeitnah geplante Verabschiedung des Gesetzes erfordert rasches Handeln", betont der Paritätische Cuxhaven in einer Pressemitteilung.

"Sollen die Frauen nach Bremerhaven oder Stade fahren?"

"So viele Menschen wie möglich sollten diese Petition unterstützen und unterzeichnen", so Heike Kastner, Hebamme in Cuxhaven und Familienhebamme beim Paritätischen: "Kaum vorstellbar, wenn unser Kreißsaal in Cuxhaven schließen müsste, aufgrund eines Gesetzes, in dem die Geburtshilfe keine Grundversorgung mehr sein soll! Wohin sollen die Schwangeren fahren: nach Bremerhaven, nach Stade? Wie kommen Frauen ohne Auto dorthin?", gibt Heike Kastner zu bedenken.

Viele Risiken um die Geburt

Aus Angst, zu spät in die Klinik zu kommen, könnten sich werdende Mütter auch viel zu früh auf den Weg machen - mit dem Risiko, dass der natürliche Geburtsverlauf am Ende künstlich beschleunigt wird. "Nein, die wohnortnahe Geburtshilfe muss erhalten werden und muss Grundversorgung bleiben", so Heike Kastner.

Jedes Jahr weitere Schließungen

Die Geburt ist der häufigste Grund, ein Krankenhaus aufzusuchen, allein 74 000 Kinder wurden 2020 in Niedersachsen geboren. Ungeachtet dessen wurden weitere geburtshilfliche Abteilungen, wie im letzten Jahr in Emden und Friesoythe, geschlossen.

Weite Wege und überfüllte verbleibende Kreißsäle führten zu gesundheitlichen Risiken und ließen den Frauen keine Wahlmöglichkeiten mehr, warnt der Paritätische. Bereits die übrig gebliebenen 64 geburtshilflichen Abteilungen im Land (2015 waren es noch 84) seien teilweise überlastet und müssten Frauen abweisen.

So wichtig wie Chirurgie und Innere Medizin

Der Zugang zu einer natürlichen Geburt, ausreichender Schmerzmedikation und allen nötigen Eingriffen müssten unbedingt genauso erreichbar sein wie die Grundversorgung für die Chirurgie und die Innere Medizin: "Eine Geburt kann genauso dringend sein wie ein Herzinfarkt oder ein Beinbruch!" sagt Birgit Ehring-Timm, Sprecherin des Aktionsbündnisses, das sich seit 2017 für die flächendeckende Umsetzung des Nationalen Gesundheitsziels "Gesundheit rund um die Geburt" einsetzt.

Niedersachsen erfüllt Erwartung nicht

Wohlfahrtsverbände, Elterninitiativen und Frauenverbände setzen sich für eine wohnortnahe Geburtshilfe sowie für gute Rahmenbedingungen während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes ein. In Niedersachsen lasse die Umsetzung des Gesundheitsziels auf sich warten und die Frauen und Familien würden nicht entsprechend ihrem Bedarf betreut, kritisiert das Bündnis.

Der Schritt, nun die Geburtshilfe zur Fachabteilung - mit entsprechend geringerem Versorgungsnetz - zu erklären, werde Folgen haben: "Weitere Kreißsäle werden schließen, die Versorgung sich weiter verschlechtern und es wird häufiger zu unbegleiteten Geburten auf dem Weg kommen", heißt es. Das möchte das Aktionsbündnis unbedingt verhindern und mit einer Petition die Sicherung der geburtshilflichen Grundversorgung im Gesetz erreichen.

Breites Bündnis ruft auf

"Mit dem neuen Krankenhausgesetz werden die Weichen für die nächsten Generationen gestellt. Es ist wichtig, dass unsere Töchter und Enkelinnen wohnortnah ihr Kind zur Welt bringen können. Wir alle können uns jetzt dafür stark machen und die Petition mitzeichnen", sagt Birgit Ehring-Timm, Sprecherin des Aktionsbündnisses.

Die Zeichnung der Petition ist auf der Plattform Change.org möglich: Change.org/Geburtshilfewohnortnah. Zahlreiche Sozial- und Hebammenverbände rufen zur Teilnahme auf, im einzelnen sind das: Arbeitsgemeinschaft Sozialdienst kath. Frauen Niedersachsen, AWO Niedersachsen, Landesarbeitsgemeinschaft Caritas in Niedersachsen, Gleichberechtigung und Vernetzung e.V., Hebammenverband Niedersachsen e.V., Hochschule Osnabrück, Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros Niedersachsen, Landesfrauenrat Niedersachsen e.V., Mother Hood e.V., Paritätischer Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V., proFamilia Niedersachsen, wellcome - Praktische Hilfe nach der Geburt Landeskoordination Niedersachsen, SoVD-Landesverband Niedersachsen e.V., Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Landesverband Niedersachsen e.V. (VAMV).

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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