Elke Schröder-Roßbach bei der Querdenker-Demo ("Sonntagsspaziergänger") auf dem Kaemmererplatz. Foto: Mangels
Elke Schröder-Roßbach bei der Querdenker-Demo ("Sonntagsspaziergänger") auf dem Kaemmererplatz. Foto: Mangels
Kommentar

Prominente Politikerin bei Querdenker-Demo in Cuxhaven: Geht gar nicht mehr ums Impfen

von Maren Reese-Winne | 01.12.2021

CUXHAVEN. Mit ihrem Auftritt bei den "Sonntagsspaziergängern" in Cuxhaven hat sich Grünen-Politikerin Elke Schröder-Roßbach keinen Gefallen getan, findet unsere Kommentatorin.

Da geht gerade eine Menge Respekt für vierzig Jahre Ratsarbeit flöten - dieser Gedanke umfing mich stärker mit jeder Minute, die Elke Schröder-Roßbach am Sonntag auf dem Kaemmererplatz sprach. Zur Gegendemo gegen die sogenannten Sonntagsspaziergänger war ich aus dienstlichem und privatem Interesse gegangen; im Dienst war ich an diesen Sonntagnachmittag nicht.

Alles schien vorbei zu sein, nachdem Initiator Rüdiger von Gizycki seine ohne Mikrofon gehaltene (und durch Trommeln und Musik aus der Lautsprecherbox von der Gegenseite begleitete) Ansprache beendet hatte. Das Erstaunen hätte kaum größer sein können, als Elke Schröder-Roßbach plötzlich das Mikrofon ergriff; aufseiten der "Sonntagsspaziergänger", wohlgemerkt.

Brücken bauen wolle sie, beteuerte sie und betonte mehrfach, dass sie für die Grünen spreche. Das erste Mal wurde ich stutzig, als sie auf einen Zeitungsartikel zu sprechen kam, in dem davon berichtet worden war, dass Kinder bei einem solchen Marsch als Schutzschilde eingesetzt worden seien. Dies ist, wie von uns gründlich gecheckt, auch nachweislich der Fall gewesen, denn was sonst ist es, wenn ein Kleinkind unvermittelt am Arm mitten in die erste Reihe einer entstehenden Auseinandersetzung mit der Polizei gerissen wird?

Elke Schröder-Roßbach hingegen will festgestellt haben, dass "diese Leute sehr liebevoll mit ihren Kinder umgingen". Das ist noch kein besonderes Verdienst, sondern sollte allen Eltern zu eigen sein. Ich frage mich, wie kindgerecht es wirklich ist, seine Kinder seit Ostern jede Woche zum Demonstrieren und Aufmarschieren mitzunehmen.

Wer sich aber an die Seite der Spaziergehenden stellt, muss wissen, welche Werte und Verhaltensweise er oder sie damit unterstützt, nämlich zum Beispiel "Lügenpresse"-Schriftzüge vor dem Pressehaus, die gezielte Verfolgung und versuchte Einschüchterung von Pressevertretern oder das Verächtlichmachen von Lokalpolitikern und Drohauftritte vor deren Wohnung. Es geht längst nicht mehr um das Impfen, sondern um unsere demokratischen Werte. Es soll gespalten und nicht vereinigt werden. Elke Schröder-Roßbach muss das wissen, mit ihrer großen Erfahrung als eine Galionsfigur der örtlichen Grünen, als gerade ausgeschiedene Ratspolitikerin, die somit selbst Teil des von Querdenkern in Deutschland in Zweifel gezogenen demokratischen Systems ist. Und deswegen hätte sie sich besser nicht in dieser Form an die Seite der Spaziergehenden gestellt, die ihre Freude über die prominente Rednerin kaum verbergen konnten.

Schröder-Roßbachs Idee, jetzt noch ein Bürgerforum zum Umgang mit der Pandemie anzuregen, kommt zu spät, erst recht, weil die Augenhöhe längst verloren gegangen ist. Die Spaziergehenden äußern sich seit Monaten lautstark und hätten genügend Möglichkeiten gehabt, einen konstruktiven Diskurs zu führen, wenn ihnen wirklich daran gelegen gewesen wäre. Die Gesellschaft ist längst gespalten. Was soll eigentlich werden, wenn die Wut der Impfgegner mit der Fassungslosigkeit der Geimpften zusammentrifft, die sich fragen, warum sie, obwohl sie sich an alle Regeln und Empfehlungen gehalten haben, nun in 2G plus gefangen sind?

Zu den am Sonntag von der Grünen-Politikerin geäußerten Positionen zur Corona-Politik nur so viel: Der Vorwurf der fortwährenden Einschränkung der Freiheitsrechte war spätestens seit der Aufhebung des allgemeinen Lockdowns passé und braucht nun auch nicht mehr als Grund für die Proteste hergeholt zu werden. Wo die Deutschen eingeschränkt in ihrer Reisefreiheit sind und waren, war das allenfalls dort, wo Länder sie nicht mehr reinließen.

Und wer gegen alles ist im Corona-Management, der soll auch sagen, wie die Pandemie sonst aufgehalten werden kann und wo all die zusätzlichen Erkrankten, die bei Tatenlosigkeit drohen, versorgt werden sollen.

Sicher nicht in einer als Krankenhaus für Katastrophenfälle erhaltenen Helios-Klinik in Sahlenburg, so wie Elke Schröder-Roßbach das angeregt hat. Damit wäre das persönliche Leid durch die akute Erkrankung und Long Covid auch nicht aufgefangen - abgesehen von der Frage, wo denn das Pflegepersonal für all diese Kranken herkommen soll.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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