
"Spiel ohne Grenzen": Nation schaute auf Cuxhaven
CUXHAVEN. Die ganze Nation schaute vor 50 Jahren an die Elbmündung. Cuxhaven kämpfte am 31. Mai 1969 im legendären "Spiel ohne Grenzen" gegen Wolfsburg.
Wenn Camillo Felgen in den 1960er-Jahren die Nation zum "Spiel ohne Grenzen" begrüßte, war die ganze Familie im Wohnzimmer vor dem Fernseher versammelt. Die Unterhaltungsshow erreichte damals eine Einschaltquote von unglaublichen 53 Prozent. Umso gespannter waren die Cuxhavener, als die WDR-Trucks am 31. Mai 1969 - heute vor 50 Jahren - an die Nordseeküste rollten: Cuxhaven kämpfte im "Spiel ohne Grenzen" gegen Wolfsburg. Rund 8000 Menschen wurden auf dem Platz zwischen der Alten Liebe und dem Modellbecken Zeuge des Spektakels; mehrere Millionen verfolgten es an den Fernsehbildschirmen.
Schon Stunden vor dem Beginn der WDR-Sendung war der größte Teil der 7500 Personen fassenden Tribünen besetzt Viele Zuschauer nahmen auf dem Rasen Platz. Weitere 1000 Gäste, die nach Schluss des Kartenverkaufs kamen, mussten abgewiesen werden. Donnernd brausten die Schlachtrufe, als Moderator Camillo Felgen um 15.30 Uhr die Spiele eröffnete. Dann ging es Schlag auf Schlag durch die Spielrunden. Die Cuxhavener rechneten sich echte Chancen aus, hatten sie doch die Generalprobe mit 14:12 Punkten für sich entscheiden können.
Beim ersten Wettbewerb, dem Trockenrudern, hatte der Cuxhavener Kandidat ausgesprochenes Pech. Er lag schon nach den ersten Metern mit einer halben Bootslänge in Führung und alles glaubte an einen sicheren Sieg. Plötzlich jedoch verfing sich ein Riemenblatt in den Holzstäben, die das Wasser ersetzten. Und ehe der Cuxhavener wieder freigekommen war, hatte sein Wolfsburger Kontrahent ihn bereits überholt und gab die Führung nicht mehr ab.
Scharte ausgewetzt
Doch die Scharte wurde im nächsten Spiel ausgewetzt: In der "Schlacht" auf dem Modellbecken hatte jede Mannschaft eine Flotte von drei ferngesteuerten Segelschiffen zur Verfügung. Ziel des Spiels war es, die Schiffe des Gegners zu versenken. Mit wohl gezielten Schüssen gelang es dem Cux-Piraten, die Wolfsburger Boote zum Kentern zu bringen. Der Gleichstand war erreicht.
Eines der spannendsten und spektakulärsten Spiele war das Entern von Schiff zu Schiff. Fünf "Piraten" mussten sich in kürzester Zeit an zwei Tauen zur gegnerischen "Kogge" hinüberhangeln. Zwar war Cuxhaven in diesem Spiel schneller, bekam allerdings von Schiedsrichter Felgen eine Strafsekundenzahl aufgebrummt - ein Cuxhavener Pirat hatte den Boden berührt.
Auf schwankendem Seil hatten sich anschließend von jeder Mannschaft zwei Kandidaten zu behaupten. Sie mussten ein Kanonenrohr auf Seilen über das Modellbecken transportieren. Die Cuxhavener begannen mit viel Elan und legten im ersten Durchgang eine recht gute Zeit vor. Beim zweiten Versuch stolperte jedoch der Cux-Kandidat. Resultat: Die Wolfsburger gewannen diese Runde.
Dann kam die Stunde der Wahrheit für die Verwaltungschefs von Wolfsburg und Cuxhaven. Es ging um einen WDR-Sonderpreis. Die beiden Oberstadtdirektoren mussten sich dafür als "Froschjäger" mit Taucheranzügen betätigen. Nach dem Startzeichen stürzte sich der Wolfsburger Oberstadtdirektor mit einem Hechtsprung ins Wasser. Möglicherweise hat ihn diese Leistung bereits zu viel Kraft gekostet. Denn Cuxhavens Oberstadtdirektor Dr. Hans-Heinrich Eilers stieg recht gemütlich ins kühle Nass und sammelte seelenruhig zwei Frösche mehr als sein Kontrahent. Der Geldgewinn ging an die Lebenshilfe.
Eine Tortur für beide Mannschaften wurde der Wassertransport. Mit hochschäftigen Seestiefeln musste Wasser aus dem Modellbecken geholt und in Messbehälter abgefüllt werden. Zunächst ging es recht flott bei beiden Mannschaften. Doch mit der Zeit ließ die Kondition nach - die Stiefel wogen "voll beladen" immerhin einige Kilogramm - und die Wolfsburger Akteure hatten am Ende einige Liter mehr in ihren Behältern.
Endgültige Entscheidung
Jetzt war die endgültige Entscheidung gefallen: Wolfsburg führte mit 14 zu 8, und auch das letzte Spiel, der Lauf mit dem Baumstamm, den die Cuxhavener sicher gewannen, konnte den Spielstand für die heimische Mannschaft nur noch auf 12:14 abschwächen.
Die Wolfsburger Schlachtenbummler nahmen den Sieg ihrer Mannschaft mit großem Jubel auf, während auf Cuxhavener Seite die Enttäuschung verständlicherweise groß war. Doch schon beim Abschiedsessen im "Seepavillon" war der große Frust verflogen. Wolfsburger und Cuxhavener feierten gemeinsam - auch diesmal ohne Grenzen.