Treibjagd durch die Cuxhavener Küstenheide
CUXHAVEN. Eine großangelegte Treibjagd im Bereich der Naturerbefläche Cuxhavener Küstenheiden rief am vergangenen Wochenende rund 50 Jägerinnen und Jäger in den Wald.
"Jagdbetrieb! Betreten verboten" steht in großen Lettern auf einem Warnschild, das mit Absperrband an Bäumen und Büschen befestigt ist und Passanten den Zugang zum westlichen Teil der Naturerbefläche Cuxhavener Küstenheiden versperrt. Forstdirektor Wolfgang Löwe hat an diesem Sonnabendmorgen zur Waldtreibjagd eingeladen. Rund 50 Jäger sind seinem Aufruf gefolgt.
Es ist kalt geworden. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt haben sich die Jägerinnen und Jäger warm eingepackt. Viele tragen auffallende, orangefarbene Jacken oder haben wenigstens eine leuchtende Mütze angezogen. Sie wollen schließlich im Dickicht erkannt werden. Bei einem Unterstand in der Nähe der Schießanlage in Altenwalde erhalten sie letzte Instruktionen. "Alle Jäger mussten ihre Jagdscheine vorlegen. Danach gab es im Rahmen der üblichen Sicherheitsbelehrungen noch eine konkrete Einweisung für die anstehende Drückjagd", erklärt Förster Henning Wehebrink.
500 Hektar großes Jagdrevier
Rund 500 Hektar groß ist das Jagdrevier, das sich über das gesamte Areal des ehemaligen Truppenübungsplatzes Altenwalde erstreckt. Auch angrenzende Flächen in Arensch-Berensch und Oxstedt gehören dazu. Auftraggeber der Jagd ist die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Die Jäger verteilen sich. Die Schützen unter ihnen beziehen auf Hochsitzen Stellung. Die anderen, die sogenannten Durchgeher oder Treiber, durchstreifen mit ihren Hunden in Kleingruppen den Wald. Sie wollen die Wildschweine und Rehe in ihrer Tagesruhephase beunruhigen und sie dazu verleiten, sich im Wald zu bewegen. So bekommen die ansitzenden Jäger die Chance, das Wild zur Strecke zu bringen. "Bei den Gewehren der Jäger handelt es sich um Büchsen. Es wird mit einer Kugel geschossen", informiert Henning Wehebrink und weist darauf hin, dass mit "bleifreier Munition" geschossen wird. "Wir sehen das Wildbret als hochwertiges Lebensmittel an, das wir auch entsprechend vermarkten wollen. Daher ist es wichtig, dass wir kein Blei verwenden."
"Rehwild gehört in den Wald"
Ringsherum ist der Wald abgesperrt. Trotzdem darf sich kein Jäger in Sicherheit wiegen, dass er alleine in der Natur unterwegs ist. Vor jedem Schuss muss er sicherstellen, dass keine unbeteiligten Dritten - wie beispielsweise Spaziergänger oder Reiter - im Wald unterwegs sind und gefährdet werden könnten.
"Unser Ziel ist es nicht, den Bestand vom Wild zu verringern. Wir müssen allerdings versuchen, ihn auf dem aktuellen Niveau zu halten", erklärt Förster Wehebrink und fügt hinzu: "Rehwild gehört natürlich in den Wald, es ist sein typischer Lebensraum. Doch das Rehwild steuert durch seinen Verbiss schon sehr wirksam die Waldentwicklung. Es darf deshalb nur so viel Wild sein, das sich die Eichen und Buchen im Wald auch unbeeinflusst entwickeln können."
Auf dieser Jagd werden insgesamt fünf Schüsse abgefeuert. "Jeder Schuss ein Treffer", freut sich Holger Stocki. Er hat den einzigen Keiler an diesem Morgen vor seine Büchse bekommen - angesetzt, gezielt und getroffen. Die Kugel hat den Keiler im oberen Bereich des rechten Schulterblattes erwischt. Bei einem Tempo von bis zu 40 Stundenkilometern, die so ein Wildschwein problemlos zurücklegt, gehört schon eine gewisse Erfahrung dazu, das Tier so zur Strecke zu bringen.
Noch im Wald wird das Wildschwein aufgebrochen und ausgewaidet. Danach wird es mit einem Clip gekennzeichnet und auf die Ladefläche eines Pick-up gehievt und dann zum Unterstand der Jäger gebracht. Das geschossene Wild wird generell mit einem Clip gekennzeichnet. Anhand der Wildnummer lässt sich für den Händler nachvollziehen, welcher Jäger das Tier wann und wo genau zur Strecke gebracht hat.
"Das geschossene Wild wird in der Regel an den Wildhändler weiter gegeben, der es dann an den heimischen Handel verkauft", sagt Holger Stocki. Als erfolgreicher Jäger hat er allerdings den ersten Zugriff auf das erlegte Tier. Doch auch die Jäger müssen das Wild bezahlen, wenn sie es für den Eigenbedarf konsumieren wollen. Der erlegte Keiler muss jedoch noch vor der weiteren Verwendung von einem Veterinär auf Trichinen untersucht werden. Erst dann darf er verkauft werden.
Stärkung am Lagerfeuer
Der Unterstand der Jäger füllt sich gegen 14 Uhr so nach und nach. Es brennt ein Lagerfeuer. Die Männer und Frauen stärken sich bei einem deftigen Eintopf. Bei dieser Jagd wurden auch noch vier Rehe geschossen. Sie werden der Reihe nach auf dem Streckplatz nieder gelegt.
"Eines unserer Ziele war es, den Rehwildbestand zu reduzieren. Wir haben in diesem Bereich im vergangenen Jahr mehr als 100 000 junge Buchen gepflanzt. Diese jungen Bäume wollen geschützt sein", erklärt Forstdirektor Wolfgang Löwe vor versammelter Runde. "Die Strecke (Ausbeute) hätten wir uns bei dieser Jagd natürlich deutlich größer gewünscht, das kann ich nicht verhehlen. Wir haben heute einen relativ großen Aufwand betrieben. Gleichwohl ist es das Wesen der Jagd, das die Strecke nicht programmierbar ist", sagt Wolfgang Löwe. Die Jagdhornbläser-Gruppe aus Cuxhaven blies zum Abschluss das Signal "Halali".
Auf einen Blick
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die die Jagd beim Bundesforstbetrieb Niedersachsen in Auftrag gegeben hatte, betreut 40 Liegenschaften in ganz Deutschland. Sie führt insgesamt 40 Jagden durch.
Gejagt wird streng nach Intervallen. "Wir haben lange Phasen, in denen hier gar nicht gejagt wird. Dann herrscht hier völlige Ruhe. Wir reduzieren die Jagdphasen auf die Wintermonate", sagt Forstdirektor Wolfgang Löwe.
Die afrikanische Schweinepest ist zur Zeit ein Thema und stellt nach Angaben der Fachleute eine Gefahr für Schweinemastbetriebe dar.
"Aus tierseuchenhygienischen Gründen sind wir deshalb gehalten, den Bestand der Wildschweine so gering wie möglich zu halten", informiert Jörg Tillmann vom DBU.
Die Wildschwein-Population ist in unserem Bereich jedoch unproblematisch, wie die Jagd gezeigt hat.