
Wahlpanne in Geestland: 181 Briefe in Karton gefunden
Geestland. Am Mittwoch mussten die Briefwahlstimmen zur Kommunalwahl aus 13 Wahlbezirken der Stadt Geestland neu ausgezählt werden.
181 Wahlbriefe aus Geestland sind bei der Auszählung der Kommunalwahl am Sonntagabend übersehen worden. Am Mittwoch mussten daher nicht nur die Briefwahlstimmen aus den betroffenen 13 von 30 Wahlbezirken der Stadt neu ausgezählt werden. Für neun von 16 Ortsräte bedeutete die Panne sogar: Alle Stimmzettel zurück in die Wahlurne, das Zählen beginnt wieder von vorn.
Die Bilanz am Ende des Tages: Jede Menge Aufregung, aber kaum Auswirkungen auf die Wahlergebnisse. Wenn ein Bürgermeister aus dem Rathaus flieht, weil dort ein Karton mit hochexplosivem Inhalt gefunden wurde, weiß man in Geestland seit dieser Woche: Es muss nicht immer eine Bombe im Spiel sein. Durchgeschüttelt wurde die Stadtverwaltung dennoch, und zwar von einem Karton, den Mitarbeiter am Montagmorgen in einem Raum des Langener Rathauses fanden. 181 Wahlbriefe lagerten darin, und das bereits seit mehreren Tagen, wie Stadträtin Gabi Kasten am Mittwoch betonte: "Alle Befragten konnten bezeugen, dass der Karton schon länger dort stand und dass die Briefwahlunterlagen auch tatsächlich vor Wahlende eingegangen waren."
Stadtwahlleiterin Heike Arendt-Senkbeil und Gabi Kasten, ihre Stellvertreterin, nahmen am Montag sofort Kontakt mit der Kreiswahlleitung auf, die sich wiederum mit der Landeswahlleitung verständigte. Die Entscheidung zum weiteren Vorgehen fiel dann aber in Geestland: "Nach intensiver Beratung haben wir uns dazu entschieden, die Briefwahlstimmen aus den betroffenen Wahlbezirken neu auszuzählen", sagte Arendt-Senkbeil.
Um 8 Uhr am Mittwoch machten sich die acht Mitglieder des neu gebildeten Wahlvorstands im Sitzungssaal des Langener Rathauses an die Arbeit. Schon am Mittag stand fest, dass es im Kreistag und im Geestländer Stadtrat zwar minimale Änderungen bei den Prozenten, nicht jedoch bei der Sitzverteilung geben würde. "Das wäre auch eine Überraschung gewesen, schließlich hatten wir insgesamt mehr als 14 000 Wähler in Geestland", sagte Gabi Kasten.
Bürgermeister zieht um
Oder anders formuliert: In dem vergessenen Karton befanden sich die Unterlagen von etwas mehr als einem Prozent der Wähler. Für den gerade wiedergewählten Bürgermeister Thorsten Krüger (SPD) bedeutete die Wahlpanne: Sachen packen und umziehen nach Bederkesa. "Ich arbeite heute und morgen im Rathaus 2 in Beers, um bei der Auszählung und bei der Sitzung des Wahlausschusses nicht vor Ort zu sein", erklärte Krüger am Mittwoch.
Schließlich sei er bei der Wahl als Kandidat angetreten, so der Bürgermeister, der auch in den Wochen vor der Wahl im Homeoffice geweilt oder Urlaub genommen hatte, um nicht in den Verdacht der Einflussnahme zu geraten. Was das Wahlergebnis betrifft, sind die Auswirkungen für den Bürgermeister dagegen deutlich weniger spürbar. Von den 181 nachträglich gezählten Stimmen konnte Krüger 138 und Herausforderer Ferdinand Schmarje 34 verbuchen. Im Endergebnis büßte Krüger dadurch von seinen 81,84 Prozent ganze 0,02 Prozentpunkte ein. "Kein Problem, das ist immer noch ein tolles Ergebnis", meinte der Wahlsieger am Mittwoch schmunzelnd.
Dass sich die Nachzählung der neun betroffenen Ortsräte - Debstedt, Drangstedt, Elmlohe, Flögeln, Köhlen, Krempel, Kührstedt, Lintig und Ringstedt - bis in den späten Nachmittag hinzog, erklärte Gabi Kasten mit einer Besonderheit im Wahlrecht. "Bei den Ortsräten haben wir das Problem, dass wir die nachträglichen Stimmen nicht einfach zum Gesamtergebnis dazuzählen können." Der Grund dafür sei das Wahlgeheimnis. Weil in allen neun Ortsräten jeweils weniger als 50 Wähler vergessen worden seien, mussten die nachträglich entdeckten Wahlzettel gemeinsam mit allen bereits ausgezählten Stimmzetteln zurück in die Wahlurne. "Selbst die ungültigen Stimmen kommen da wieder rein", erklärte Kasten das aufwendige Verfahren. "Dann wird wieder so getan, als sei es Sonntag 18 Uhr", so die Stadträtin, "jede Stimme wird neu gezählt."
Dienstbesprechung im Rathaus
Das Ergebnis auch hier: lediglich kleine Veränderungen bei der Stimmenzahl einzelner Kandidaten. Mit Blick auf die in zehn Tagen anstehende Bundestagswahl kündigte Kasten eine Dienstbesprechung im Langener Rathaus an. "Menschen machen Fehler, das kann immer wieder passieren, aber wir werden natürlich deutliche Worte finden, um die Mitarbeiter zu sensibilisieren."
Von Mark Schröder