Harald Schewe ist Fan des Carsharing-Prinzips. Der Midlumer engagiert sich im Vorstand des Vereins Wurten-Hopper, der den E-Car- und -Lastenrad-Fuhrpark in der Gemeinde Wurster Nordseeküste verwaltet. Foto: Leuschner
Harald Schewe ist Fan des Carsharing-Prinzips. Der Midlumer engagiert sich im Vorstand des Vereins Wurten-Hopper, der den E-Car- und -Lastenrad-Fuhrpark in der Gemeinde Wurster Nordseeküste verwaltet. Foto: Leuschner
E-Fahrzeuge-Angebot

Gemeinde Wurster Nordseeküste: Wie Carsharing auf dem Land läuft

28.08.2022

KREIS CUXHAVEN. In Städten hat sich Carsharing etabliert. Die Gemeinde Wurster Nordseeküste möchte nun das Teilen von Autos im größeren Stil auch auf dem Land populär machen. Was steckt hinter dem E-Fahrzeuge-Angebot? 

In Städten hat sich Carsharing etabliert. Die Gemeinde Wurster Nordseeküste möchte nun das Teilen von Autos im größeren Stil auch auf dem Land populär machen. Was steckt hinter dem E-Fahrzeuge-Angebot? Wie kommt es bei den Bürgern an?

Die Gemeinde Wurster Nordseeküste steht Pate für zahlreiche norddeutsche Landgemeinden: viel Fläche, viele kleine Dörfer, lückenhaftes öffentliches Nahverkehrsnetz. Auf nicht wenigen privaten Auffahrten stehen zwei Autos. Seit Kurzem haben die 17.000 Einwohner der Gemeinde die Möglichkeit, ein öffentliches Carsharing-Angebot mit vier E-Autos vom Typ Hyundai Ioniq 5 sowie vier kleineren und vier größeren E-Lastenrädern auszuprobieren.

Jan Hilbrink, seine Partnerin Anne-Kathrin Liebke und ihr Sohn Lasse Jan Liebke aus Midlum leihen sich zum wiederholten Mal ein E-Fahrrad. "Für kleinere Einkäufe und Ausflüge in die Natur ist das eine Alternative zum Auto", ist sich das junge Paar einig. Die junge Familie findet es gut, dass das Rad nicht ihnen allein, sondern der Gemeinschaft gehört.

Die Gemeinschaft fördern

Das Projekt will nicht nur die Gemeinschaft fördern, sondern den Landbewohnern auch E-Mobilität näherbringen. "Eine super Idee", findet Jan Hilbrink. "Wir fahren zwei ältere Diesel, können uns kein neues E-Auto leisten." Berufspendler Hilbrink findet es auch unter Umweltaspekten "total überflüssig", jeden Tag allein im Fünfsitzer zur Arbeit zu fahren, wo das Fahrzeug dann Stunden ungenutzt parkt. "Ein Auto zu teilen, um diesen Wahnsinn von Überfluss einzudämmen, ist ein Beweggrund, bei dem Projekt mitzumachen", so der 33-Jährige.

Kümmerer übernehmen die Kontrolle der E-Fahrzeuge. Angeschafft wurden die - allesamt geleasten - Fahrzeuge von der Gemeinde und dem mitbeteiligten Kreis. Eine Anschubfinanzierung vom Land hat es ermöglicht. Harald Schewe freut sich, dass das Geld nicht nur für vier Autos, sondern auch für acht Lastenräder gereicht hat. "Es ist uns wichtig, nicht nur den Menschen in den größeren Orten, sondern auch auf den kleineren Dörfern ein Angebot zu machen", sagt der 2. Vorsitzende von Wurten-Hopper. Der gemeinnützige Verein verwaltet die Fahrzeuge und wirbt Paten an, die sich in Dörfern um das Einweisen der Kunden sowie Sauberhalten und Kontrolle der Autos kümmern.

Unterstützung aus dem Dorf

Ute und Dr. Ulf Reyer (Midlum) haben die Sorge für ein Lastenrad übernommen: "Weil wir das Konzept klasse finden und es uns wichtig ist, etwas für die Gemeinschaft zu tun", sagt das Ehepaar, das mitten im Dorf eine Zahnarztpraxis betreibt. Vor ihrer Praxis steht seit Kurzem eine Garage, in die eines der größeren E-Lastenräder passt. Der Unterstand wurde mit Unterstützung aus dem Dorf gebaut. Demnächst werden auch noch eine Ladestation und ein Rolltor eingebaut.

Die Fahrrad-Garage erregt bei Dorfbewohnern Aufsehen - genauso wie das neue E-Auto mit der Aufschrift Wurten-Hopper. "Leute kommen in die Praxis und erkundigen sich", sagt Anne Reyelt. Ein Mann habe gleich einen Vertrag abschließen wollen, weil sich sein Auto gerade in der Werkstatt befunden habe.

Wer ein E-Auto oder E-Lastenrat mieten will, muss Mitglied im Verein Wurten-Hopper werden. 36 Euro Vereinsbeitrag im Jahr zahlt ein Erwachsener, für eine Familie kostet es 72 Euro. Voraussetzung ist außerdem ein gültiger Führerschein. Weil die Fördermittel noch bis Mitte kommenden Jahres weiterfließen und daraus auch Versicherungen und Buchungssoftware bezahlt werden, muss der Auto- oder Fahrradmieter neben seinem Vereinsbeitrag zurzeit nur die Kosten für das Aufladen der Auto- oder Fahrradbatterie berappen.

Ladestation selbst suchen

Aktuell müssen die Mieter selbst eine Ladestation suchen, da es an den E-Auto-Standorten - Midlum, Nordholz, Dorum und Wremen - bislang noch keine Ladesäulen gibt. Die sollen in Kürze kommen. "Und die brauchen wir auch ganz dringend", sagt Schewe. Er wünscht sich Schnellladestationen. Denn nur damit lässt sich ein Auto innerhalb von weniger als einer Stunde von 10 auf annähernd 100 Prozent Ladeleistung bringen. "Das ist notwendig, um die Autos mehrmals am Tag vermieten zu können."

Damit das Carsharing-Projekt ein Volltreffer und kein Ladenhüter wird, braucht es aber noch mehr: "Wir müssen noch mehr Bürger überzeugen, Mitglied bei den Wurten-Hoppern zu werden", sagt Schewe, der bislang 117 Vereinsmitglieder zählt. Wichtig sei es, Hemmschwellen abzubauen, die es angesichts der neuen Technik gebe. "Das funktioniert eher, wenn man die Leute zu Probefahrten einlädt, als wenn man Tausende Flyer verteilt", ist er überzeugt. So mancher sei schon innerhalb weniger Kilometer von Skeptiker zum Fan geworden.

Von Heike Leuschner

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