
16 tote Tiere: Wolf schlägt diesmal in Lüdingworth zu
CUXHAVEN-LÜDINGWORTH. Der Wolf ist in Lüdingworth angekommen. Im Dorf wurde er zwar noch nicht gesehen. Dafür hat er in der Nacht auf Montag auf einer Wiese, etwa einen Kilometer entfernt von Schule und Kindergarten, zugeschlagen.
Sechs Muttertiere und zehn Lämmer fand Landwirt Matthias Tiedemann dort Montag gegen 14 Uhr tot, vermutlich gerissen von einem oder mehreren Wölfen. "Das geht mir schon an die Nieren", sagt der 57-jährige Landwirt, den sonst nicht so leicht etwas umhaut.
Ortsbürgermeister Thomas Brunken (CDU) ist alarmiert: "Der Wolf passt nicht in unsere Kulturlandschaft. Er gehört unbedingt ins Jagdrecht", sagte Brunken am Mittwoch auch Nachfrage.
Matthias Tiedemann konzentriert sich eigentlich auf die Milchviehhaltung, hat rund 300 Kühe im Stall. Seine 40 Schafe laufen eher nebenher. Schon bei einer ersten Wolf-Attacke vor fünf Jahren hat der Lüdingworther Landwirt fünf Tiere verloren. Diesmal ist der Schaden noch wesentlich höher. Außerdem müssen sich der Landwirt und seine Familie jetzt um die zum Teil erst wenige Tage alten Lämmer kümmern, deren Mütter durch den Wolf getötet oder schwer verletzt wurden. "Wir versuchen sie jetzt mit der Flasche zu füttern - ein Wahnsinnsaufwand", berichtet Tiedemann, für den bereits fest steht, dass er in Zukunft die Schafhaltung aufgeben wird.
Folgen noch immer spürbar
Da geht es Tiedemann wie Gerhard von Holten. Der Landwirt aus Köstersweg hat noch immer unter den Folgen eines Wolfsangriffs vor vier Jahren zu leiden. Inzwischen hat er seine Herde stark verkleinert und hält seine drei Muttertiere nur noch im Stall. In Sorge ist er auch permanent um die Kälber seiner 20 Angus-Kühe und die Pferde, die auf der Weide laufen. Die Erfahrungen mit den von der öffentlichen Hand mitfinanzierten, 1,40 Meter hohen Wolf-Schutzzäunen sind für von Holten niederschmetternd. "Das ist für einen kleinen Betrieb unpraktikabel und nicht zu finanzieren", hat der 75-Jährige festgestellt. Vor allem wegen des Aufwands beim Umsetzen.
Dass die elektrische Umzäunung ein wirksamer Schutz gegen den Wolf sein kann, hat der aktuell Geschädigte gemerkt. Nachdem Tiedemann das Veterinäramt beim Landkreis Cuxhaven über den mutmaßlichen Wolfsriss informiert hatte, erhielt er umgehend Hilfe, für die er sehr dankbar ist. Die Kreis-Veterinärin, der Wolfsberater und ein Mitarbeiter hätten mit ihm zusammen noch in der Nacht einen für ein halbes Jahr zu Verfügung gestellten Schutzzaun aufgestellt und unter Strom gesetzt.
Weiteren Schaden verhindert
Vermutlich habe ihn die Aktion vor weiterem Schaden bewahrt. Denn noch in der gleichen Nacht hätte er beim Entsorgen der Kadaver die Augen von zwei Tieren im Scheinwerferlicht gesehen. Er gehe davon aus, dass die Wölfe zurück gekommen waren.
"Den Spuren nach zu urteilen, die meine Kolleginnen und Kollegen gesichert haben, ist tatsächlich von einem Wolfsangriff auszugehen", berichtet Wolfgang Ehrecke, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer. Die Herde sei zwar vorher schon von einem Zaun gesichert gewesen, der aber nicht den Richtlinien entsprochen habe. Daher habe Tiedemann keinen Anspruch auf Entschädigung. Es wurden Genproben entnommen, die nun im Labor des Senckenberg Instituts untersucht werden. Tierhalter, die ihre Nutztiere nach den Vorgaben schützen wollen, können auf der Seite der Landwirtschaftskammer erfahren, wie ein Schutzzaun beschaffen sein muss und wie man ihn korrekt aufstellt.
Erholen vom Schock
Landwirt Tiedemann muss sich von dem Schock erst einmal erholen und die Bilder von seinen zugerichteten Tieren aus dem Kopf bekommen. Wirklich gefressen hätten die Wölfe nur ein Lamm sowie ein Muttertier angefressen. Alle übrigen Schafe und Lämmer hätten die Angreifer nur getötet.
Ortsbürgermeister Thomas Brunken weiß von keinen weiteren Zwischenfällen in Lüdingworth. Jäger hätten ihm allerdings berichtet, dass sie wiederholt Wölfe im Bereich Feuerstätte gesichtet hätten.