
4000 Menschen setzen in Cuxhaven ein Zeichen: Die Bilder von der Kundgebung
In der Cuxhavener Innenstadt sind am Samstagmittag rund 4000 Menschen zusammengekommen, um gegen Rassismus, Ausgrenzung und gegen die politische Gedankenwelt der AfD zu protestieren. Alle Infos und die Fotos von der Kundgebung.
In Cuxhaven sind nach von der Polizei bestätigten Zahlen rund 4000 Menschen gegen Rassismus, Ausgrenzung und gegen die politische Gedankenwelt der AfD auf die Straße gegangen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die am Sonnabend nicht nur aus der Stadt selbst, sondern auch aus Kreisgemeinden zusammenströmten, folgten einem Aufruf des lokalen Bündnisses für Respekt und Menschenwürde.
"Cuxhaven ist bunt" lautete der übergeordnete Slogan der auf dem Ritzebütteler Marktplatz anberaumten Kundgebung. Mit der Veranstaltung folgten die Initiatoren - ein Zusammenschluss aus Vereinen, Verbänden, Wirtschaftsvertretern und Parteien - dem Beispiel der landauf, landab stattfindenden Großveranstaltung gegen Rechtsextremismus und zur Stärkung der Demokratie.
Der Zulauf vor Ort übertraf zuvor gehegte Erwartungen: "Halb Cuxhaven" sei auf den Beinen, resümierte Arne Ehlers, stellvertretender Vorsitzender der Hafenwirtschaftsgemeinschaft, nachdem er vom Podium den Blick über ein Meer von Menschen schweifen ließ. Als Sprachrohr der Unternehmerschaft ans Mikro getreten, beließ es Ehlers nicht dabei, auf die ökonomische Bedeutung einer vielfältigen Gesellschaft hinzuweisen.
Ehlers: "Extremismus abmustern"
Getreu seiner Vita als Kapitän und Reederei-Geschäftsführer sprach der gebürtige Cuxhavener von Weltoffenheit als "Teil unserer lokalen Genetik". So liege es gleichsam in der Natur der Sache, dass sich die Hafenwirtschaftsgemeinschaft für respektvollen Umgang einsetze. Wer den Konsens an Bord nicht teile, dürfe die Fahrt nicht fortsetzen, zog Ehlers eine weitere Parallele aus der Seefahrt - um mit dem Appell, "Extremismus abmustern" zu schließen.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens bezog sich unmittelbar auf die Enthüllungen des Recherche-Netzwerks Correctiv, die eine Initialzündung für die bundesweit stattfindenden Kundgebungen gebildet hatten. "In Niedersachsen hat jeder vierte Mensch einen Migrationshintergrund", betonte die SPD-Politikerin. "Und diese Leute sollen nun gehen, sagt die AfD?!" Durch die sogenannten "Remigrationspläne", welche die Rechtsaußenpartei gemeinsam mit Neonazis vorbereitet habe, wisse nun tatsächlich jeder im Land, wofür die AfD stehe. "Wir erleben das im Landtag", fuhr die Ministerin, auch im Namen der Abgeordneten Ebken, Lottke und ihres CDU-Kollegen Claus Seebeck, fort. Die AfD geriere sich dort als parlamentarischer Arm der Rechtsextremisten. Nach Behrens Worten kann man es vor diesem Hintergrund kaum als Zufall bewerten, dass ein Landesparteitag der selbst ernannten "Alternative" ausgerechnet am 20. April und an einem historisch belasteten Ort (Unterlüß bei Celle) geplant sei. "Wir kämpfen heute gegen Demokratieverächter", betonte die Ministerin, die an die Kundgebungsteilnehmer appellierte, die Rolle der AfD überall, "auch am Arbeitsplatz, im Verein, im Freundeskreis" klar zu benennen.
AfD als "Täter" gebrandmarkt
In der auf dem Marktplatz versammelten Menge machten viele Anwesende mit Plakaten und selbst geschriebenen Schildern deutlich, was sie von den "Wölfen im Schafspelz" (Zitat Pastor Achim Wolff) halten: "EkelhAFD" oder "Menschenrechte statt rechte Menschen" stand dort zu lesen - Statements für eine pluralistische Gesellschaft, die angesichts der großen Zahl der sich dahinter vereinenden Menschen auch dem CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Christoph Frauenpreiß Mut machten. "Alle, die unsere Demokratie gefährden, dürfen in Deutschland keine Machtoption haben", sagte der Ortsbürgermeister von Altenbruch, der die AfD, die nach seinen Worten viel zu weit rechts steht, entgegen dem Opfermythos als Täter brandmarkte. Frauenpreiß verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Europawahlen in diesem Jahr: "Jede Stimme für eine demokratische Partei ist wichtig und stärkt die europäische Gemeinschaft."
Keine Migranten "1. und 2. Klasse"
"Pari"-Geschätsführerin Helle Vanini zählte vor den Kundgebungsteilnehmern die Gründe auf, die sie einst dazu bewogen hatten, ihr Leben südlich der (dänischen) Grenze zu führen. "Es gibt keine Migranten 1. Und 2. Klasse", merkte sie in diesem Zusammenhang an und sprach von "Herz und Haltung": Beides mache "ihr" Cuxhaven aus; dafür habe sie sich einbürgern lassen. Vanini berichtete auch aus ihrem Arbeitsalltag beim "Paritätischen", von Migranten die entsetzt auf das Erstarken reaktionärer Parolen reagieren. Aber auch von Eltern behinderter Kinder, "die überlegen, wo in Europa sie wohl noch hinkönnen". Für diese Menschen, so Vanini, müsse Cuxhaven eine Schutzkette bilden - wenn nicht in physischer, dann doch zumindest in symbolischer Form.
Santjer: "Ihr macht das heute nicht nur für euch!"
Ein ähnliches Bild aufgreifend hatte Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer bereits zu Kundgebungsbeginn, dazu aufgerufen, sich symbolisch an den Händen zu fassen. "Ihr macht das hier heute nicht nur für euch", rief er den Menschen auf dem Platz zu, bevor er unter Verweis auf die sozialdemokratische Leitfigur Willy Brandt dafür plädierte "noch mehr Demokratie zu wagen". Das ominöse Geheimtreffen von Potsdam nannte Santjer einen Angriff auf die Verfassung: "Das ist rassistisch, das ist faschistisch". Der Oberbürgermeister sprach auch davon, dass es, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt ("den Frieden an unseren Küchentischen") zu sichern, einer neuen gesellschaftlichen Verabredung, bedürfe.
Nach den Worten des SPD-Ratsfraktionsvorsitzenden Gunnar Wegener dürfen es sich alle, die es ernst meinen mit der Demokratie, nicht zu lange in den eigenen vier Wänden bequem machen. Man müsse weiterhin Flagge zeigen, bekräftigte Wegener, nachdem das für den musikalischen Teil der Kundgebung zuständige Duo "Ebbe und Flut" gemeinsam mit der Menge den Reinhard Mey-Song "Über den Wolken" intoniert hatte.