Viel Betrieb rund um die Kirche in den 70ern. Links steht schon das Pfarrzentrum, im Hintergrund die im November 1974 fertiggestellten Berufsbildenden Schulen Cuxhaven. Foto: CNV-Archiv
Viel Betrieb rund um die Kirche in den 70ern. Links steht schon das Pfarrzentrum, im Hintergrund die im November 1974 fertiggestellten Berufsbildenden Schulen Cuxhaven. Foto: CNV-Archiv
Mit historischen Fotos

60 Jahre St. Marien-Kirche in Cuxhaven: Damals größte spanische Gemeinde Deutschlands

von Maren Reese-Winne | 10.09.2024

Menschen aus über 50 Nationen gehören der katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Cuxhaven an. Ein besonderer Anlass brachte viele von ihnen am Sonntag zusammen.  Vor 60 Jahren ist die Kirche St. Marien gebaut und geweiht worden.

Gleichzeitig wurde damals auch die Pfarrgemeinde St. Marien aus der Taufe gehoben. Zuvor trug die katholische Gemeinde in Cuxhaven den Namen "Herz Jesu" - so wie bis heute die Kirche im Strichweg. Gäste aus nah und fern kamen zum Jubiläumsgottesdienst am Sonntag, an dem sich auch der Kindergarten beteiligte und in dem zwei portugiesische Kinder getauft wurden.

Portugiesen machen heute die größte Gruppe aus

Die Cuxhavener Portugiesen machen mit rund 1200 Personen einen besonders großen Anteil in der Gemeinde aus. Den friedlichen Zusammenhalt dieser bunten Gemeinde hebt auch die frühere Gemeindereferentin Annemarie Höchtl als Charakteristikum hervor, zu spüren auch beim fröhlichen Beisammensein im Gemeindesaal und im Garten nach dem Gottesdienst.

Durch den Bau des Gemeindezentrums wurde 1970 der Innenhof geschaffen - nach dem Gottesdienst der perfekte Ort, um zusammenzukommen und über die 60-jährige Geschichte zu plausern. Fotos: Reese-Winne

Corona habe dem Zusammenleben nichts anhaben können: "Wir haben uns auch in der Zeit getroffen und sogar unser Konzertangebot fortführen können, wenn auch mit Abstand", erinnert sie sich. 

Internationalität spiegelt sich wider

Die Kinder und Jugendlichen der spanischen Gemeinde erfreuten die Gäste mit ihrer Tanzdarbietung.

Pfarrer Christian Piegenschke berichtet über die vielfältigen Gottesdienste, in denen sich die Internationalität widerspiegelt und in die auch die Filialkirchen Herz Jesu und Zwölf Apostel in Altenwalde einbezogen sind: "Für viele Nationen gibt es in unterschiedlichen Abständen Gottesdienste in ihrer Muttersprache." Das reiche von der wöchentlichen Vorabendfeier in portugiesischer Sprache in St. Marien bis zum vierteljährlichen Gottesdienst auf Vietnamesisch in Altenwalde.

Annemarie Höchtl, Gemeindereferentin im Ruhestand, freute sich besonders über den Besuch von Father Anthony aus Otterndorf, der der Cuxhavener Gemeinde eng verbunden ist und schon häufig vor allem in der Herz-Jesu-Kirche ausgeholfen hat.

Ausgehend von der kaiserlichen Marine

Die Geschichte der katholischen Gemeinde in Cuxhaven geht auf die Aktivitäten der kaiserlichen Marine zurück. Am 18. November 1900 wurde die katholische Garnisonskirche geweiht, damals als Michaels-Kirche, ein Name, der nie so recht Eingang in den Sprachgebrauch gefunden haben soll. Ab 1924 trug sie als Gemeindekirche den Namen "Herz Jesu". Die Zahl der in Cuxhaven wohnenden Katholiken wurde damals weit von den Urlauberzahlen übertroffen, die bei ihren Aufenthalten in die Kirche strömten.

Durch klare Linien geprägt: Foto aus der Entstehungszeit der Kirche, hier von der Gurlittstraße aus gesehen. Foto: CNV-Archiv

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in Cuxhaven, ganz wesentlich geprägt durch die Flüchtlinge aus dem Osten und den Zuzug zahlreicher Gastarbeiter. Der damalige Pfarrer Carl Spichal schrieb dazu im April 1964: "Von 1000 Seelen im Jahr 1939 stieg die Zahl der Gläubigen auf fast 6000 im Jahre 1964 an, dabei sind die Soldaten noch nicht einmal mitgezählt.

Damals größte spanische Gemeinde Deutschlands

Wie überall ist auch hier das Einströmen der Flüchtlinge in erster Linie Ursache, aber die Gemeinde Cuxhaven erfuhr noch einen bedeutenden Zuwachs durch die 1000 spanischen und 200 italienischen Gastarbeiter, die durchweg in der Fischindustrie beschäftigt sind. Cuxhaven ist damit die größte spanische Gemeinde in Deutschland, denn alle diese Frauen und Männer gehören zu dieser einen Kirche."

Wochenmarkt neben der Kirche St. Marien in der Beethovenallee im Jahr 1971. Bis 1969 fand der Wochenmarkt im Elfenweg statt. Foto: CNV-Archiv

Ein ehemaliger Kuhstall, der auf dem Gelände der heutigen Kita St. Willehad und des Spanischen Zentrums in eine Kapelle mit Platz für 200 Personen umgewandelt worden war, reichte nicht aus, um den Engpass zu beheben. Ein größeres Gotteshaus war vonnöten. Der Cuxhavener Architekt Wilhelm Viehoff wurde mit der Planung für eine Kirche an der Grodener Chaussee beauftragt, für die 1959 sogar schon eine Baubenehmigung erteilt wurde. Doch dann ergab sich die Gelegenheit, den Neubau mitten in die Stadt zu verlegen -  ins damals neu errichtete Pädagogenviertel. Dies hielt man wegen der Nähe zu den Menschen für deutlich sinnvoller.

Mit der Realisierung des neuen Vorhabens wurde eigenen Angaben zufolge der im Jahr 1961 als Juniorpartner ins Architekturbüro Viehoff eingetretene Architekt Paul-Otto Gerdts beauftragt, der hierüber vor zehn Jahren anlässlich des 50-jährigen Kirchenjubiläums ausführlich berichtete.

5881 Quadratmeter Land (noch ohne die Fläche für die spätere Kita) gab die Stadt zum Quadratmeterpreis von zehn DM ab. Den Rohbau errichtete die Cuxhavener Firma Lüdke.

Ab Juli 1964 wurden dort bereits Gottesdienste gehalten. Offiziell geweiht wurde die Kirche mit ihren 330 Sitzplätzen am 29. August des Jahres. Der freistehende Glockenturm, in dem fünf Glocken untergebracht sind,  ist 24,5 Meter hoch und wird durch ein sechs Meter hohes Kreuz gekrönt.

In mehreren Schritten erweitert

Sechs Jahre später, am 12. September 1970, wurde der zweite Bauabschnitt -  Pfarrhaus, Gemeindesaal und Leseraum mit Küche, fünf Gruppenräume, Werk- und Tischtennisraum sowie Wohnungen für Pfarrer, Kaplan, Küster und weitere Mitarbeiter - seiner Bestimmung übergeben. Im September 1975 kam dann der auf einer Erweiterungsfläche von 1500 Quadratmetern errichtete Kindergarten hinzu.      

Aus dem heutigen Stadtbild ist die Kirche in der Beethovenallee nicht mehr wegzudenken. Zunächst stand sie einsam auf weiter Flur. Erst im Jahr 1972 entstand gegenüber die Rundturnhalle; die BBS hinter dem Wochenmarktplatz wurden im November 1974 in Betrieb genommen.

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Maren Reese-Winne

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