Die Grafik zeigt im Bildhintergrund den sogenannten Hafenkopf mit dem "Tor zur Welt". Es handelt sich um einen Entwurf, der darstellen soll, wie eine Überplanung aussehen könnte. Grafik: AFH GmbH
Die Grafik zeigt im Bildhintergrund den sogenannten Hafenkopf mit dem "Tor zur Welt". Es handelt sich um einen Entwurf, der darstellen soll, wie eine Überplanung aussehen könnte. Grafik: AFH GmbH
Fronten sind verhärtet

Cuxhaven: Diskussion um "Hafenkopf" sorgt Eklat im Bauausschuss

von Jens Potschka | 17.05.2023

Der Alte Fischereihafen in Cuxhaven sorgt für hitzige Diskussionen zwischen der CDU-Fraktion und der Koalition im Stadtrat. Die viel diskutierten Pläne sorgten jetzt im Bauausschuss für einen Eklat.

Das die Fronten in Sachen Bebauung des Alten Fischereihafens (AFH) zwischen der CDU-Fraktion und der "Koop" im Rat der Stadt  im Allgemeinen und im Besonderen mit Blick auf die vom Verfahren abgetrennte Planung für den "Hafenkopf" festgefahren sind, ist ein offenes Geheimnis. Auf der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Mobilität, Bau und Demografie kam es am Montagnachmittag zwischen Enak Ferlemann (CDU) und Oliver Ebken zu einem verbalen Schlagabtausch, der sich derart hochschaukelte, dass die Anspannung im Raum förmlich mit Händen greifbar war.

Beim "Hafenkopf" geht es um einen in der Vergangenheit umstrittenen Teil des Entwicklungsprojektes Alter Fischereihafen, das in puncto Bauleitplanung im Jahr 2021 vom Gesamtvorhaben abgetrennt wurde, also nicht Gegenstand des bereits verabschiedeten Bebauungsplans für den AFH ist. Für die von Investorenseite unter dem Arbeitstitel "Tor zur Welt" propagierte Überplanung muss jetzt ein zweiter B-Plan entwickelt werden.

Bebauungsplan sorgt für Dissens

Dissens gibt es zwischen der CDU-Fraktion und der "Koop" vor allem bezüglich des zu wählenden B-Planverfahrens: Während die CDU die Bebauung des elbseitigen Hafenkopfes auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen B-Planes realisiert wissen will, plädieren die politischen Kontrahenten für einen Angebotsplan als das Mittel der Wahl. Stein des Anstoßes: Bei einer angebotsbezogenen Bebauungsplanung entfällt beispielsweise die Bauverpflichtung innerhalb einer definierten Frist. 

Stadtbaurat Andreas Eickmann führte am Montag kurz in das Thema ein und verwies auf viele Gespräche, die die Verwaltung in den zurückliegenden Monaten und Wochen mit den Verantwortlichen der AFH Alter Fischereihafen Cuxhaven GmbH geführt habe, um Regelungen aufzusetzen und Vereinbarungen zu treffen, wie das kommende Planverfahren abgewickelt werden kann.

Rechtsnachfolge ein wichtiges Thema

Wesentliche Eckpunkte des Planes sind: Es soll ein angebotsbezogener Bebauungsplanung entwickelt werden, der eine Bebauungshöhe von maximal 60 Metern am Hafenkopf zulässt. Im Vertrag sollen weitere Details bezüglich der für die Außenfassade verwendeten Materialien geregelt werden. Außerdem sei für das Bauvorhaben ein Architektenwettbewerb vorgesehen. Auch die Zusammensetzung der Jury werde festgelegt. Letztere soll nach Schaffung des Planungsrechts die konkretisierte Planung quasi beschließen. "Wir haben jetzt eine Regelung vorliegen, zu der der Vorhabenträger bereit ist, den Vertrag abzuschließen", erklärte Andreas Eickmann.

Enak Ferlemann teilt die Auffassung der Verwaltung nicht. "Dieser Vertrag ist doch sehr eindeutig zugunsten des Investors ausgefallen." Aus Ferlemanns Sicht ist die Frage der Rechtsnachfolge ein wichtiges Thema. "Wir haben praktisch als Stadt keine Rechte, wenn das Vorhaben an einen Dritten weiter verkauft werden sollte", kritisierte der CDU-Politiker. Seiner Meinung nach könne sich der jetzige Investor seinen Nachfolger ganz alleine aussuchen. "Die Stadt hat derzeit keine Möglichkeit, die Rechtsnachfolge zu beeinflussen", kritisiert Ferlemann, der noch einen weiteren Schwachpunkt in dem Vertrag ausgemacht haben will: "Es gibt die Maßgabe eines Architektenwettbewerbs. Die Frage ist, warum macht man diesen Wettbewerb erst nach dem Bebauungsplanverfahren? Eigentlich macht man es andersherum!"

Ferlemann: "Stadt erteilt dem Investor einen Freibrief"

"Im Grunde erteilt die Stadt hier einen Freibrief. Das impliziert auch die Fassadengestaltung", merkt Ferlemann an und geht ins Detail:  Zwar habe sich die Bauverwaltung ein Recht auf Bemusterung der Materialien vertraglich zugesichert doch über ein Durchsetzungsrecht bei "Nichtgefallen" verfüge sie eben nicht. Im Vertrag stünde zudem eine Formulierung, dass für den Hafenkopf eine Gebäudehöhe von 60 Metern angedacht sei. "Der Investor kann an der Stelle also auch ein Gebäude von 80 Metern bauen, wenn sich das aus einem Wettbewerb ergeben sollte." Falls das angedachte Hotel auf dem Hafenkopf mit einer "Brückenlösung" realisiert werden sollte, müsse die Durchfahrt so gebaut werden, dass unter ihr auch Schiffe durchfahren können.

"Ein Vertrag ist ein Geben und Nehmen, ein ständiger Aushandlungsprozess. Das war kein einfaches Ringen mit Herrn Plambeck. Beseelt war unser Handeln von der Idee, dass das Vorhaben realisiert wird und dass es jetzt weiter geht. Dabei werden natürlich auch die Interessen der Stadt berücksichtigt.  Das jetzige Ergebnis ist die Kompromisslinie, die aushandelbar war", erwiderte Stadtbaurat Eickmann, der betonte dass die Stadt auch in diesem Vertragswerk "nicht rechtlos ist". Außerdem hätte der Rat die finale Möglichkeit, den B-Plan nicht zu billigen. "Wir versuchen jedem Vorhabenträger einen roten Teppich auszubreiten. Das heißt jedoch nicht, dass wir blauäugig durch die Welt gehen. Wir arbeiten offen und sind am Ergebnis orientiert. Unser Rechtsamt war und ist bei diesem Vertrag eingebunden. Die Rechtmäßigkeit des Vertrages ist somit gegeben."

Hand in Hand mit dem Investor

Oliver Ebken von der SPD bedankte sich bei der Verwaltung für die gründliche Ausarbeitung des städtebaulichen Vertrages. "Wir haben fast sieben Monate gebraucht, bis wir zu dieser Vorlage gekommen sind. Das zeigt, wie Ernsthaft die Verwaltung mit dem Investoren gerungen hat, um die einzelnen Interessen abzuwägen." Aus Ebkens Sicht ist es gut, Investoren bei solchen großen Vorhaben einen gewissen Spielraum zu gewähren. "Das ganze Projekt ist mit viel Transparenz in der Öffentlichkeit kommuniziert worden. Die TWG hat immer wieder zu Infoabenden und Präsentationen eingeladen. Die Einwohner konnten sich zu jedem Zeitpunkt einbringen und ihre Wünsche und Befürchtungen kundtun", erinnerte Oliver Ebken. "Man kann dieses Projekt von der ersten Sekunde an nicht gut finden, dann ist das so. Oder man sagt, es ist eine Entwicklungschance für die Stadt. Dann muss man auch mit dem Investor Hand in Hand gehen."

Enak Ferlemann legte noch einmal nach: "Alle Fraktionen haben dem ersten Bebauungsplan AFH zugestimmt. Anders ist es beim Hafenkopf. Die Stadt ist der absolute Verlierer bei diesem Vertrag." Sie habe jetzt kaum Möglichkeiten, dieses Verfahren zu beeinflussen.

Ton spitzt sich zu

In Richtung Stadtbaurat erklärte Ferlemann: "Ich weiß nicht, ob dieses Vorgehen so einhellig in der Verwaltung war. Ich will das mal so glauben. Doch die Verwaltung muss ja das vertreten, was der Oberbürgermeister sagt. Ich habe den Eindruck der OB hat das hier mit Macht und Kraft so angeordnet."

Ebken widersprach dieser Aussage nachdrücklich. Man könne der Cuxhavener Verwaltung keine Unmündigkeit vorwerfen. Dass der OB in dieser Angelegenheit etwas durchgedrückt hätte, sei an den Haaren herbeigezogen und "totaler Quatsch".

Der Ton in der Sitzung spitzte bei diesem Tagesordnungspunkt noch weiter zu. Am Ende stimmten die Mitglieder des Bauausschuss bei drei Gegenstimmen für den Beschlussvorschlag der Verwaltung. Abschließend wird sich der Rat der Stadt am 1. Juni mit der Thematik beschäftigen.  

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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