Ann-Christin Lischer und Ben Bethge, die Gesicher von Fokus 65+ in Groden, brennen für das Konzept, den Stadtteil und seine Menschen. Foto. Reese-Winne
Ann-Christin Lischer und Ben Bethge, die Gesicher von Fokus 65+ in Groden, brennen für das Konzept, den Stadtteil und seine Menschen. Foto. Reese-Winne
Pilotprojekt ist voll eingeschlagen

Cuxhaven: Gemeinschaftsprojekt für Groden steht vor dem Aus

von Maren Reese-Winne | 23.07.2024

35 Monate, angefüllt mit Gesprächen, Veranstaltungen und Innovationen, sind fast vorüber. Der Stadtteil Groden ist Ann-Christin Lischer und Ben Bethge vom Paritätischen Cuxhaven ans Herz gewachsen. Und doch stehen die Zeichen auf Abschied.

Die Förderung für das Projekt Fokus 65+ läuft nach einmaliger zehnmonatiger Verlängerung zum 31. August aus.

Wenn die beiden aufzählen, was sie auf die Beine gestellt haben - immer zusammen mit örtlichen Akteuren, denn es sollte ja nachhaltig sein -, drängt sich unweigerlich der Gedanke auf: "So sollte es überall sein."

So lange wie möglich zu Hause leben können

Als Pilotprojekt, finanziert je zur Hälfte durch Kreis und Land, sollte Fokus 65+ Wege aufzeigen, wie Ältere so lange wie möglich zu Hause bleiben können. Zum anderen ging es um Möglichkeiten der aktiven Beteiligung im Stadtteil.   

Während Ben Bethge von Anfang an dabei war, kam Ann-Christin Lischer im März 2022 für die ausgeschiedene Kollegin Anke Brandt-Adickes dazu. Wenn sie mit ihren Lastenrädern mit dem Fokus 65+-Logo durch Groden kurven, schallen ihnen über die Gartenzäune Grüße entgegen.

Interesse an den Neuen war da

"Zu Beginn hatten wir alle über 65-Jährigen angeschrieben", berichtet Ben Bethge. Und das Interesse an den "Neuen" war da. Bei Hausbesuchen oder in der offenen Sprechstunde jeden Dienstag von 10 bis 12 Uhr im Gemeindehaus kommen ganz unterschiedliche Themen auf den Tisch: Pflege, Hilfe in Haus und Garten, Einsamkeit, Probleme mit Computer oder Handy, Suche nach einer sinnvollen Aufgabe. Während Ann-Christin Lischer und Ben Bethge informieren und beraten, haben sie schon ihr großes Netzwerk im Kopf: Wer könnte weiterhelfen? Gibt es dazu schon ein Angebot? Können wir eines neu schaffen? 

Lokale Akteure näher zusammengebracht

Sie haben Institutionen wie Kita, Schule, Kirchengemeinde, Bürgerrat und Sportverein an einem runden Tisch zusammengebracht und gleich noch einen für die Bürger gegründet. Für die Fortführung neuer Projekte wurden Ehrenamtliche gefunden, auch Neubürger, die sich anboten und direkt integriert wurden.

Ein Schaukasten am CAP-Markt informiert über alle Aktivitäten. Alle 14 Tage startet dort ein Fahrdienst zur Stadtsparkasse und zur Apotheke in Altenbruch. Im Rahmen der Projektarbeit "Jung hilft alt" unterstützten Gymnasiasten der BBS Senioren. Im Herbst wurde Hilfe für das Laubharken organisiert. "Hilfe im Garten ist ein wichtiger Faktor für die Frage, ob man noch im eigenen Haus leben kann", sagt Ann-Christin Lischer.

Neu im Dorfleben etabliert

Das preisgekrönte Angebot "3000 Schritte" des Grodener Sportvereins wird nun zur Freude aller einmal im Monat durch Kindergartenkinder begleitet. Ein weiterer Seniorennachmittag mit und für Groden, das Freiluft-Dorfdinner, das Schlagersingen vor dem Gemeindehaus und der Spielenachmittag 65+ haben sich im Dorfleben etabliert; alles kostenfrei und ungezwungen.

Seniorinnen, die sich für Kinder engagieren wollten, sind nun Lesepatinnen in der Schule und ein gemeinsamer Ausflug mit der Bürgerinitiative "Für ein lebenswertes Cuxhaven" nach Oldenburg lieferte Ideen zu alternativen Wohnformen im Alter. Ben Bethge und Ann-Christin Lischer ("wir wurden mit offenen Armen aufgenommen") spüren, wie das Projekt geholfen hat, die Grodener noch näher zusammenzubringen. Das Netzwerk reicht sogar weit über den Stadtteil hinaus.

Genau das wollen andere Stadtteile auch

Ein weiterer Schwerpunkt lag für die gelernten Pflegefachkräfte im Bereich Gesundheit. Sie initiierten ein Rollatortraining und bildeten neue Sachkundige aus. Allein rund 650 Personen haben sie bereits mit ihren kostenlosen Demenz-Schulungen erreicht. Ann-Christin Lischer ist als Mitarbeiten des Angebots "HilDe - Hilfen bei Demenz"des Paritätischen dem Thema ohnehin eng verbunden. Zum Thema Sicherheit gehörte ein Vortrag des Polizeibeamten Carsten Bode, der im August in Altenbruch wiederholt werden soll.

Was in Groden passiert, ist im Nachbarort nicht unbemerkt geblieben, wo beide inzwischen ebenfalls aktiv sind. Auch Lüdingworth und Sahlenburg strecken schon die Fühler aus. Die Gesellschaft füreinander zu sensibilisieren, tue allen gut und könne sogar den Fachkräftemangel lindern, so Ben Bethge: "Ohneeinander geht es einfach nicht und ohne Ehrenamt auch nicht." Trotz aller Trauer und Ungewissheit wollen beide beim Grodener Straßenfest (24./25. August) das Projekt und den gesamten Paritätischen noch einmal würdig vertreten und freuen sich auf viele Kontakte.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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