Cuxhaven stemmt sich gegen Verklappung vor Scharhörn
Cuxhaven. Im Kampf gegen eine mögliche Verklappung von belastetem Elbschlick nahe der Insel Scharhörn haben sich Verwaltung und Politik der Rückendeckung der niedersächsischen Landesregierung versichert.
Gleichzeitig verabschiedete der Rat der Stadt am Donnerstag eine Resolution. Darin ist von gerichtlichen Schritten die Rede, falls Hamburg daran festhalten sollt, vor der Vogelschutzinsel Baggergut abzuladen.
Auf Einladung der Stadt hatte zunächst ein Vertreter des niedersächsischen Umweltministeriums gesprochen: Referatsleiter Rolf Kaiser ließ keinen Zweifel daran, dass die rot-grüne Landesregierung eine Schlickverbringung vor die nordwestlich von Neuwerk gelegene Vogelschutzinsel ablehnt. Darüber hinaus, so Kaiser, habe man auch aus dem Landtag heraus den Auftrag erhalten, nicht zu gestatten, dass vor Scharhörn kontaminiertes Material versenkt wird.
Hamburg will im neuen Jahr loslegen
Das Thema gewinnt in diesen Tagen neuerlich an Brisanz, Anlass dafür ist eine Ankündigung der Hamburger Hafenbehörde (Hamburg Port Authority, kurz: HPA), ab 1. Januar 2023 Baggergut in der Außenelbe zu verklappen. Ob sich die Hanseaten von diesem Ansinnen abbringen lassen, scheint angesichts des Entsorgungsdrucks auf der einen und des verbleibenden Zeitfensters auf der anderen Seite fraglich.
Auf Nachfrage hin betonte Kaiser am Donnerstag, dass man auf niedersächsischer Seite bestrebt sei, eine politisch vernünftige Lösung zu suchen. "Wir sind aber darauf vorbereitet, dass wir die nicht finden", ergänzte der Referatsleiter. In solch einem Fall werde das Land den Klageweg beschreiten.
Doch wie eigentlich könnte die "politische Lösung" aus niedersächsischer Sicht aussehen? Kaiser sprach über Sedimentmanagement, das das Umweltministerium anderenorts schon länger und mit Erfolg betreibt. Auf die Elbe übertragen würde das Konzept zunächst einmal bedeuten, zu verhindern, dass sich stark belastetes Material aus dem oberen Flusslauf und sauberer Schlick, der aus entgegengesetzter Richtung eingetragen wird, vermengen. Letzteres passiert bis dato unter anderem im Hamburger Hafen - mit dem Effekt, dass ein Rohstoff zu Sondermüll wird und Mengen anfallen, die für die Hamburger kaum noch handelbar sind. Unbelastetes Sediment sollte besser in dafür eingerichteten Lagern "reifen", um hinterher als Baumaterial (etwa zur unumgänglichen Erhöhung der Deiche) herhalten zu können. "Die Idee ist uralt, dafür brauchen wir keine Grundlagenforschung", betonte der Referatsleiter, der allerdings von der Notwendigkeit einer "Brückenlösung" sprach. Damit ist eine auf fünf bis sieben Jahre befristete Verklappung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone oder in niedersächsischen Küstengewässern gemeint - eine Kröte, die man Kaiser zufolge wohl oder übel schlucken müsste, um zu einer Umstellung der bisherigen Sediment-Politik zu gelangen.
Lob für dieses Konzept kam nicht nur aus den Reihen der Rats-SPD: "Das ist ein exzellenter Vorschlag; nur so ist das Problem zu lösen", kommentierte Enak Ferlemann (CDU). Viel verhaltener fiel der Applaus unter den Mitgliedern der Grünen-Fraktion aus: Ratsherr Norbert Welker sprach von einer "interessanten Reihe neuer Aspekte", mit der sich allerdings kaum das aktuelle Problem abwenden lasse. Grünen-Ratsfraktionschef Robert Babacé war ebenfalls nicht nach Hurra-Rufen zumute.
Rats-Reaktionen auf Landeskonzept
Positiv ist laut Babacé immerhin, dass die Hansestadt Hamburg mit der Schlickproblematik nicht alleine gelassen wird. Im Namen der FDP-Fraktion sprach sich Günter Wichert gegen die skizzierte Brückenlösung aus: "Wir sind der Meinung, kontaminierte Abfälle gehören nicht in die See!"
Einstimmig verabschiedete der Rat schließlich ein Positionspapier. Darin heißt es, dass die Stadt Cuxhaven eine Verklappung vor Scharhörn "entschieden" ablehnt. Im Gegenzug fordert die Kommune die Hansestadt auf, unter Einbezug des Bundes und der Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine ökologisch-vertretbare Lösung zu entwickeln. Sollten die Hamburger dennoch an den Verklappungsplänen vor Scharhörn festhalten, werde die Stadt Cuxhaven das Land in einem gerichtlichen Verfahren unterstützen, "um die Verbringung zu unterbinden".