
Wie Cuxhavener Sportvereine zu einer Riesen-Chance für Senioren werden können
Die Cuxhavenerinnen Sabine Güntzler und Ulrike Hirschfelder sowie Harald Sommerfeld vom Kreis-Seniorenbeirat setzen sich dafür ein, dass Sportvereine Orte sein, an denen Menschen zusammen alt werden können. Diese Chance dürfe nicht ungenutzt bleiben.
Altengerechte Vereine stellen sich auf die Bedürfnisse von Senioren mit Angeboten ein, in denen nicht nur körperliche und geistige Fitness, sondern auch Teilhabe und Geselligkeit großgeschrieben werden. Im Gespräch mit Redakteurin Maren Reese-Winne schildern die langjährigen Übungsleiterinnen Sabine Güntzler und Ulrike Hirschfelder sowie Harald Sommerfeld, Vorsitzender des Seniorenbeirats im Kreis Cuxhaven, ihre Erfahrungen und zeigen, wie Seniorenarbeit Fahrt aufnehmen kann.
Frau Güntzler, Sie sind Seniorenbeauftragte des Grodener SV. Was gehört denn dort zu Ihren Aufgaben?
Güntzler: Ich beantworte gerne alle Anfragen rund um das Seniorenangebot in unserem Stadtteil; nicht nur zu unseren Sportgruppen oder dem Programm "3000 Schritte für die Gesundheit". Regelmäßig erhalte ich Anrufe von Zugezogenen oder von Leuten, die demnächst zuziehen und vorher wissen wollen, was im Ort geboten wird. In Groden sind das zum Beispiel auch vielfältige Aktivitäten der Kirchengemeinde oder das Projekt "Fokus 65+" des Paritätischen, für das wir glücklicherweise eine Verlängerung erreichen konnten. In Kooperation veranstalten alle drei zum Beispiel einen Seniorenklönschnack, Spielenachmittage und bieten Fahrten mit dem Vereinsbus zur Stadtsparkasse in Altenbruch an. Ich habe auch schon eine "Leseoma" an die Grundschule vermittelt, die ist mit dieser Aufgabe sehr glücklich.
"3000 Schritte für die Gesundheit" läuft in Groden schon seit 2019 super erfolgreich als Kooperation von GHSV und Kirchengemeinde. Die Sahlenburger Sportfreunde haben in diesem Jahr nachgezogen. Frau Hirschfelder, wie läuft's und was hat Sie bewogen, dieses Angebot für Sahlenburg auf die Beine zu stellen?
Hirschfelder: Nach einem Vorlauf, der schon seit September 2024 lief, haben wir am 2. März dieses Jahres offiziell begonnen. Eingeladen sind Mitglieder und Nichtmitglieder, die meist ganz überrascht sind, dass sie auch mitdürfen. Meist machen wir uns mit einem guten Dutzend Gästen auf den Weg. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen sogar aus Altenwalde und Stickenbüttel und staunen immer, was sie noch alles Neues entdecken können, obwohl sie früher einmal selbst in Sahlenburg gewohnt haben.
Sommerfeld: Das Programm läuft auch an anderen Orten im Kreis, zum Beispiel in Otterndorf (mit teilweise über 40 Personen pro Termin), Nordholz, Hemmoor oder bei uns in Beverstedt einfach toll. Zwei 90-jährige Damen gehören bei uns zu den treuesten Teilnehmerinnen.
Bei so einer Altersspanne ist sicher die Leistungsfähigkeit sehr unterschiedlich. Wie gehen Sie damit um?
Güntzler: Alle schätzen gerade so sehr, dass es ein extrem niedrigschwelliges Angebot ist; ohne Leistungsdruck. Wir hatten mal erwogen, die Gruppe zu teilen, das wollte aber überhaupt niemand. Die soziale Komponente - die Begegnung, das Plaudern - nimmt eben auch eine sehr große Rolle ein.
Hirschfelder: Wir beobachten auch, dass es nicht immer dieselben sind, die sich zum Reden treffen, sondern dass sich immer neue Formierungen ergeben. Das ist sehr schön mitzuerleben.
Frau Güntzler, Sie setzen noch einen drauf: Einmal im Monat werden Ihre Wanderer von Kita-Kindern aus Groden begleitet. Kommen an den Tagen noch mehr Leute?
Güntzler: Ob es sich wirklich auf die Teilnehmerzahl auswirkt, weiß ich nicht, aber die Vorfreude auf diese Termine ist auf jeden Fall immer noch größer!
Herr Sommerfeld, als Vorsitzender des Kreis-Seniorenbeirats ist Ihnen sehr daran gelegen, Ältere aus der Isolation zu holen und deren Lebensqualität zu verbessern. Sie setzen dabei große Hoffnung auf die Einsatzbereitschaft der Sportvereine ...
Sommerfeld: Ja, weil ich die hier dargestellte beispielhafte Arbeit als sehr erfolgreich wahrnehme und mir wünschte, dass die Seniorenarbeit in den Vereinen noch mehr zum Thema würde. Viele machen es ja auch schon. Vereine, die diesen Weg einschlagen, können auch auf Unterstützung zählen.
Welche Unterstützungs- und Begleitmöglichkeiten gibt es?
Güntzler: Der Niedersächsische Turnerbund (NTB) hat vor Jahren die Kampagne "Gesund und Mobil älter werden (GEMO) gestartet und verleiht Vereinen das Gütesiegel "Altersgerechter Sportverein mit vielfältigen (Bewegungs)-Angeboten". Es ist wirklich beeindruckend, was aus GEMO alles entstanden ist; eine richtige kleine Welt. Es gibt viele Vorschläge und Leitfäden, wie gesundheitsfördernde Angebote im eigenen Verein etabliert, Anträge gestellt, Kooperationspartner gewonnen und Werbung gestaltet werden können. Wir in Groden möchten hierdurch von älteren Menschen als soziale Begegnungsstätte und Gesundheitsförderer wahrgenommen werden und sie durch unsere Angebote in die Lage versetzen, möglichst lange selbstständig, mobil und gesund in ihrem gewohnten Umfeld zu leben.

Hirschfelder: Das Gütesiegel stellt eine wichtige Orientierung dar. Ausgezeichnete Vereine sind auf der Internetseite des NTB aufgeführt. Online, auch auf dem Smartphone, unterwegs zu sein, ist zunehmend auch für die Altersgruppe 80+ selbstverständlich. Senioren sind kritisch, aktiv, informieren sich. Und auch unsere Neubürger wollen online etwas finden.
Was sind denn neben Walking und Gymnastik Sportarten, mit denen Ältere im Verein besonders angesprochen werden könnten?
S.G.: Boule (lacht)! Das kann man bei uns auch im Rahmen von "Open Boule" spielen. Wir haben außerdem auch schon E-Bike-Touren gemeinsam mit dem ADFC angeboten.
Was macht die Besonderheit in der Arbeit mit der Altersgruppe aus?
Hirschfelder: Ältere Menschen haben andere Bedürfnisse, auch andere soziale Bedürfnisse. Vereine können oft individueller auf sie eingehen als ein Fitnessstudio. Bei uns sind auch über die reinen Übungsstunden hinausgehenden Veranstaltungen immer voll. S.G. (spricht Ulrike Hirschfelder an): Ich erinnere mich an einen Workshop des Turnkreises, bei dem eine Teilnehmerin über Dich sagte: "Bei Ulrike werde ich abgeholt, angesprochen, sie geht auf mich ein!" Übungsleiterinnen und Übungsleiter kennen oft die ganze Lebensgeschichte.
Gibt es beim Aufbau dieser persönlichen Bindung Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
Hirschfelder: Es sind vor allem Frauen, die das soziale Umfeld der Gruppe schätzen. Männer warten tatsächlich häufig so lange, bis es nicht mehr geht.
Was ist noch zu beachten?
Hirschfelderf: Die Suche nach Räumlichkeiten und verfügbaren Hallenzeiten stellt die Vereine zunehmend vor Schwierigkeiten. Durch den weiteren Ausbau der Ganztagsangebote in der Grundschule verspricht dies ab 2026 noch enger zu werden, auch für die Mutter-Kind-Turngruppen. Für die Älteren sind jedoch die Nachmittagsangebote wichtig, um vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein zu können.
Sommerfeld: Nicht zu vergessen ist auch, dass Angebote für Senioren bezahlbar bleiben müssen. Mitgliedsbeiträge sollten daher moderat gehalten werden. Vereinen bieten sich da durch die Ansprache der Senioren sogar Chancen. Sie könnten so ihre Mitgliederzahl steigern.
Wie wichtig ist das Netzwerken im Kreis Cuxhaven?
H.S.: Sehr wichtig! Alle können durch den Erfahrungsaustausch voneinander lernen. Für mich ist der Seniorenbeirat das ideale Forum, um Ideen weiterzugeben und über schon erfolgreich laufende Projekte zu informieren. Ich bin ja auch Seniorenbeauftragter in Beverstedt und habe dafür ein Budget.
Unser Anspruch ist es, jeden Tag mindestens ein Angebot zu machen: Gymnastik, Tanz, Computerclub, Wandergruppe und - mit einem externen Anbieter - Reha- und Lungensport. Einmal in der Woche geht es ins Schwimmbad in Hambergen. Die Buskosten trägt die Gemeinde, sodass der Teilnehmerbeitrag lediglich vier Euro beträgt.
Wie wir das hinbekommen, müsste doch auch Menschen in anderen Gemeinden interessieren. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Seniorenbeirat in der Stadt Cuxhaven das Netzwerk noch verbessern könnte. Viele Leute sind bereit, mitzuhelfen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Durch gemeinsame Angebote könnten außerdem Synergie-Effekte erzielt werden. Das funktioniert natürlich in beide Richtungen: Ich bin zum Beispiel vom Projekt "Fokus 65+" des Paritätischen begeistert und sähe dieses gerne auf den Kreis ausgedehnt.
Güntzler: Ich glaube auch an die Chance eines solchen Beirats. Schließlich wird immer betont, dass Cuxhaven eine alternde Stadt ist. Wir haben extra deshalb den "Rollator-fit"-Kurs gemacht und können alle Kniffe verraten, die den Umgang damit leichter machen. Wir dürfen sogar einen Rollator-Führerschein ausgeben!
Hintergrund und Kontakt
Die Freundinnen, ehemalige Kolleginnen und langjährigen Übungsleiterinnen Sabine Güntzler, Telefon (01 51) 25 99 08 38, E-Mail info@grodener-sv.de, und Ulrike Hirschfelder, Telefon (0 47 21) 3 27 79, teilen gerne ihre Erfahrungen mit Interessierten. Auch Harald Sommerfeld, Telefon (01 60) 97 20 46 17, gibt gerne weitere Auskünfte.
Die einstündigen Wanderungen unter dem Motto "3000 Schritte für die Gesundheit" starten in Sahlenburg donnerstags um 10 Uhr an der Kirche und in Groden freitags um 11 Uhr am Gemeindehaus. Sie sind offen für alle Interessierten.
In der nächsten Sitzung des Kreis-Seniorenbeirats (Donnerstag, 26. Juni, 14.30 Uhr öffentlich im Kreishaus) soll voraussichtlich die neue Broschüre des Kreissportbunds "Fit und aktiv für Menschen 60+ vorgestellt werden.