Cuxhavener Grüne haben sich viel vorgenommen
Cuxhaven. Beim Neujahrsempfang in der Bündnis 90-Zentrale in der Deichstraße ging es um politische Ziele und um Bürgerdialog.
Gäste waren willkommen, der Neujahrsempfang, zu dem die Cuxhavener Grünen am Freitagabend eingeladen hatten, sollte keine parteiinterne Veranstaltung bleiben. Gut zwei Stunden lang diskutierten Mandatsträger, Mitglieder und Besucher in zwangloser Atmosphäre - über Themen, die es zum Teil durchaus in sich haben.
Elbvertiefung, Verklappung, die Energiekrise, aber auch das gesellschaftliche Klima kamen im Domizil von Bündnis 90/Die Grünen zur Sprache. Im Namen des Ortsverbandsvorstands hatte Frank Struß zuvor nicht nur die Parteibasis, sondern auch Gäste wie Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer oder Stadtbaurat Andreas Eickmann begrüßt. "Grüne öffnen sich" laute das Motto, merkte Struß im selben Atemzug an - ein Slogan, der sich durchaus auch auf die zentral gelegenen Räumlichkeiten bezog: Mehr als nur eine Geschäftsstelle soll die Dependance in der Deichstraße sein und deswegen nicht nur von Abgeordneten oder von Ortsverbandsspitzen genutzt werden. Was den Kontakt zur Bevölkerung anbelangt: Den möchten die Grünen laut Struß im Laufe des Jahres im Rahmen eines Kinderfestes intensivieren. Das deckt sich mit den Neujahrsvorsätzen des Bündnis 90-Kreisvorstands, der nach Angaben von Christof Lorenz an die eigenen Mitglieder appelliert, politische Diskussionen "nicht nur im eigenen Rahmen zu führen".
"Sorge macht mir die Spaltung der Gesellschaft"
Nicht immer dürfte sich dieses Ziel so einfach umsetzen lassen wie beim Neujahrsempfang am vergangenen Freitag. Grünen-Ratsfraktionschef Robert Babacé sprach von schwindender Toleranz und dem Verlust eines konstruktiven Diskurses. "Sorge macht mir die Spaltung der Gesellschaft", sagte Babacé wörtlich und bezeichnete eine Presseerklärung, die fünf Cuxhavener Wirtschaftsverbände zum Thema Radverkehrskonzept abgegeben hatten (wir berichteten) als "Spiegelbild" dieser Entwicklung. Bedenklich findet der Ratsfraktionsvorsitzende vor allem, in welcher Form Interessen von Fußgängern, Radfahrern, aber auch von Menschen mit Behinderung gegeneinander ausgespielt werden. Stimmungsmache dieser Art sei dem gemeinsamen Miteinander und einer Lebenswerten Stadt abträglich, argumentierte Babacé, der einleitend auf ein anstrengendes Jahr 2022 mit "viel, viel Arbeit" und internen Findungsprozessen sprach. In den kommenden Monaten wird es ebenfalls kaum Zeit geben, die Hände in den Schoß zu legen. Babacé bezeichnete die politischen Zielsetzungen der Grünen (zum Beispiel im Bereich Klimaschutz oder Verkehr) als "nicht einfach".
Lage in Osteuropa: "Gewaltiger Weckruf"
Stefan Wenzel, Bundestagsabgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, beschrieb das zurückliegende Jahr als geprägt durch den Krieg gegen die Ukraine: Die Koordinaten seien durch die russische Invasion radikal verändert worden, mit den bekannten Folgen auf die Energieversorgung. Wie man letztere sicherzustellen könne, sei in Berlin ein beherrschendes Thema gewesen, rekapitulierte Wenzel und sprach dabei von unterschiedlichen Facetten, etwa von Lieferketten, die es sicherzustellen gegolten habe, aber auch der kurz vor Weihnachten eingeführten Gas- und Strompreisbremse.
Welche Lehren aus der aktuellen Situation (auch in puncto Klimaschutzziele) zu ziehen sind, liegt für den Grünen-Politiker auf der Hand: Die Ereignisse des vergangenen Jahres bezeichnete er als "gewaltigen Weckruf"; vielfach habe sich die Ansicht durchgesetzt, dass man sich nun erst recht von den fossilen Energieträgern verabschieden müsse. Dabei machte Wenzel keinen Hehl daraus, dass die Grünen unter anderem das Thema Bürgerenergie und die damit verbundene Erzeugung von Strom in der Region setzen. Interessierte (nicht nur aus Parteikreisen) arbeiten gegenwärtig daran, ein entsprechendes Genossenschaftsmodell auch in Cuxhaven zu etablieren.
Als positiv beschrieb der Bundestagsabgeordnete das Zusammenwirken zwischen den Landesregierungen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein: Durch eine gemeinsame Kraftanstrengung sei es gelungen, die Verklappung von belastetem Schlick vor der Vogelschutzinsel Scharhörn zu verhindern. "Damit ist das Problem (der Verklappung, d. Red.) aber noch lange nicht gelöst", warnte Wenzel. "Dranbleiben" müssen Initiativen, Umweltverbände und die örtliche Politik nach seinen Worten auch beim Thema Elbvertiefung. Nach seinen Worten hat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes die sogenannte "Fahrrinnenanpassung" mangels Realisierbarkeit bereits in Teilen wieder zurückgenommen. Wenzel, der allen Anwesenden ein "hoffentlich friedliches Jahr 2023" wünschte, sieht eine Chance an diesem Punkt anzusetzen. Für den kommenden Freitag rufen die Grünen deshalb abermals zu einer Elbe-Mahnwache auf, die ab 15 Uhr, neben dem Cuxhavener Radarturm stattfindet.