
"Der Mensch dahinter": Ausstellung in Cuxhaven zeigt erschütternde Einsätze
Die neue Ausstellung im Cuxhavener Rathaus setzt ein Zeichen für Respekt und Toleranz gegenüber der Blaulichtfamilie. Einsatzkräfte berichten von ihren Erfahrungen. Sätze wie: "Ich weiß nicht, wie oft ich im Krankenhaus war" machen sprachlos.
Allein im vergangenen Jahr wurden im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Cuxhaven 74 Angriffe auf Einsatzkräfte verzeichnet. In den Jahren zuvor waren es im Schnitt 50. Zahlen, die sprachlos machen. Die Ausstellung "Der Mensch dahinter" in der Bürgerhalle des Rathauses soll genau darauf aufmerksam machen.
Britta Schumann, Polizeioberkommissarin und Beauftragte für Jugendsachen im Präventionsteam der Polizeiinspektion Cuxhaven, moderierte die Eröffnung. Sie zeigte bereits zu Beginn, worum es bei der Ausstellung geht: Innerhalb von nicht einmal 30 Sekunden wechselte sie ihre zivile Kleidung gegen ihre Uniform, um zu verdeutlichen, wie schnell "Der Mensch dahinter" verschwinden kann - aber dennoch immer da ist. Schumann hatte sich intensiv dafür eingesetzt, die Ausstellung nach Cuxhaven zu holen.
Grußworte gab es von Arne Schmidt, Polizeivizepräsident der Polizeidirektion Oldenburg, und Michael Hasselmann, Leiter der Polizei Cuxhaven, sowie Bürgermeister Marc Gerdes. Für die musikalische Begleitung sorgte eine Gruppe des Polizeimusikorchesters Niedersachsen.
Einsatzkräfte berichten von ihren Erlebnissen
"Diese Ausstellung ist mehr als nur eine Sammlung von Bildern und Geschichten - sie ist ein wichtiges Zeichen für Respekt, Wertschätzung und Empathie gegenüber den Menschen, die tagtäglich für unsere Sicherheit, unser Wohlbefinden und das Funktionieren unserer Gesellschaft sorgen", betonte Marc Gerdes.
Die Redner waren sich einig: Die Initiative für Respekt und Toleranz hat mit dieser Ausstellung etwas Einzigartiges geschaffen. "Sie gibt den Menschen hinter Uniformen - Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrleuten, Sanitätern, dem Verkehrsaußendienst und vielen anderen ein Gesicht und eine Stimme." Auf zahlreichen Tafeln sind Porträts der Einsatzkräfte zu sehen. Daneben stehen ihre Erlebnisse aus zahlreichen Einsätzen oder aus der Ausübung ihrer Arbeit. Denn hinter jeder Uniform steckt ein Mensch mit Gefühlen, Träumen und einem Leben jenseits des Berufs.
Auch Einsatzkräfte aus Cuxhaven schildern auf Tafeln ihre Erlebnisse. Lisa Brümmer, Sevilay Baltepe, Marius Siano und Jan Abbes standen den Besuchern am Montag für Fragen zur Verfügung.
Lisa Brümmer von der Freiwilligen Feuerwehr erzählt unter anderem von einem Einsatz, bei dem Reiter im Watt in Not gerieten, weil ihre Pferde durchgegangen waren. Doch anstatt Dankbarkeit zu zeigen, fragten die Reiter lediglich, weshalb die Rettung so lange gedauert habe. Ein weiterer Vorfall ereignete sich im Stadtteil Duhnen, als die Feuerwehr wegen eines Oberschenkelhalsbruchs gerufen wurde. Der Rettungstransportwagen konnte nicht auf das Parkdeck fahren und versperrte die Auffahrt. Ein älterer Herr regte sich darüber so sehr auf, dass Brümmer um dessen Gesundheit fürchtete.
Trotzdem ist sie mit Leidenschaft bei der Feuerwehr aktiv und hat nach der Fusion von Duhnen und Stickenbüttel die eigene Jugendfeuerwehr weiter ausgebaut. Ihre 12 Jahre alte Tochter ist Mitglied und tritt vielleicht einmal in ihre Fußstapfen.
"Merk dir mein Gesicht - deins habe ich mir gemerkt"
Polizeikommissar Jan Abbes berichtet von einem Vorfall mit einem E-Scooter-Fahrer, dessen Fahrzeug kein gültiges Kennzeichen hatte. Als Abbes den Mann bat, das Handy wegzulegen und die Papiere auszuhändigen, schlug dieser plötzlich zu. Der Beamte prallte mit dem Hinterkopf auf eine Bordsteinkante und konnte den Täter erst durch den massiven Einsatz von Pfefferspray stoppen. "Ich weiß nicht, wie oft ich schon im Krankenhaus war", sagt Abbes.
Auch Sevilay Baltepe, gelernte Arzthelferin und Mitarbeiterin im Verkehrsaußendienst, erinnert sich an bedrohliche Situationen. Als sie einen Falschparker erfasste, erschien plötzlich ein schreiender, bedrohlich wirkender Mann, der für keine Argumente zugänglich war. Eine Menschenmenge bildete sich und beobachtete das Geschehen. Die Situation eskalierte weiter, bis der Mann den Bescheid zerriss und drohend sagte: "Merk dir mein Gesicht - deins habe ich mir gemerkt."
Hintergründe zur Ausstellung
Die Wanderausstellung ist ein Projekt der "Initiative für Respekt und Toleranz e.V." und wurde im Jahr 2021 ins Leben gerufen. Andrea Wommelsdorf, Burkard Knöpker und Dr. Dirk Reinhardt aus Münster gründeten die Initiative nach der sogenannten "Krawallnacht" 2020 in Stuttgart, bei der über 30 Beamtinnen und Beamte verletzt wurden. Die Ausstellung soll ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Einsatzkräften setzen und dazu beitragen, Bewusstsein und Respekt in der Gesellschaft zu fördern.
Die Wanderausstellung ist noch bis zum 24. April während der Öffnungszeiten des Rathauses in der Bürgerhalle zu sehen.


