
Der Ringwall in Duhnen - Cuxhavens bedeutendstes archäologisches Denkmal
Der Ringwall in Duhnen ist eine der spannendsten archäologischen Fundstätten Cuxhavens; einzigartig in Nord- und Mitteleuropa. Ein neues Werk berichtet nun über jüngste Forschungsergebnisse - und die Kooperation, die diese erst möglich gemacht hat.
Die Publikation ist vor wenigen Tagen in Leipzig präsentiert worden. Prof. Dr. Ulrich Veit von der Universität Leipzig und Andreas Wendowski-Schünemann, bis 2019 Stadtarchäologe in Cuxhaven, haben dafür die Forschungsergebnisse der Grabungen am Ringwall und am Galgenberg in der Zeit seit 2001 zusammengetragen. Das Buch zeigt aber auch, was mit einer Kooperation zwischen kommunaler Denkmalpflege und Universität auch mit knappen Mitteln alles erreicht werden kann. "Die klassische Win-Win-Situation", findet Andreas Wendowski-Schünemann.
Schon die erste Grabung traf ins Schwarze
Band 11 der "Leipziger Forschungen zur Ur- und frühgeschichtlichen Archäologie" trägt den Titel "Der bronzezeitliche Ringwall 'Am Kirchhof' in Cuxhaven-Duhnen" (Untertitel: "und weitere archäologische Denkmäler im Raum Cuxhaven") und bietet Erkenntnisse, die weit über Cuxhaven hinaus wahrgenommen werden. Mit neuen naturwissenschaftlichen Methoden konnte die Anlage schon im ersten Grabungsjahr neu datiert werden. In früheren Forschungen war sie immer als frühmittelalterlich angesehen worden; in Wirklichkeit ist sie viel älter, nämlich rund 3500 Jahre, und damit der frühen Bronzezeit zuzuordnen; entstanden rund 1400 bis 1500 Jahre vor Christi Geburt.
Zweck der Anlage gibt bis heute Rätsel auf
Dieser Paukenschlag bedeutete auch neue Einordnung in den geschichtlichen Kontext. Als Verteidigungsanlage - wie früher vermutet - hat der Ringwall mit seinem inneren Durchmesser von 40 Metern jedenfalls nie gedient, wahrscheinlich vielmehr als Versammlungsstätte. Im nördlichen Mitteleuropa und Nordeuropa ist keine vergleichbare Anlage bekannt.
Dass mit dem damaligen Forschungsstand etwas nicht stimmen konnte, war dem Stadtarchäologen Andreas Wendowski-Schünemann schon lange klar gewesen. Einerseits wollte er der Bevölkerung die Einzigartigkeit dieses Denkmals bewusst machen, andererseits brauchte er dafür konkrete Erkenntnisse. "Wir müssen wissen, worum es sich handelt. Wie alt ist die Anlage, wie ist sie konstruiert und wozu hat sie gedient?", mit diesen Gedanken machte er sich auf die Suche nach Kooperationspartnern und fand diese in Ulrich Veit und der Uni Tübigen. Die Idee für eine Lehrgrabung in Cuxhaven kam gut an. Nach den Vorarbeiten im Jahr 2001 ging es 2002 los.
Vorherige Untersuchungen gingen auf die Jahre 1905 (Schuchardt) und 1962 (Waller/Gaude) zurück und hatten jeweils nur wenige Tage gedauert. Ohne dass es Beweise gab, war danach die in der Landschaft gut sichtbare Wallanlage als Befestigungsanlage aus dem Frühmittelalter (6. bis 8. Jht. n. Chr.) eingestuft worden.
Immer weitere Disziplinen hinzugezogen
Nun begann eine Reihe jeweils sechs- bis achtwöchiger Grabungskampagnen. Die Studenten erhielten neben einer intensiven fachlichen Ausbildung ein Tagesgeld, die Stadt stellte die Unterkunft und übernahm die Fahrtkosten. Bis 2012 wurden der Ringwall und die Denkmäler im Umfeld wie der Twellberg oder das Twellbergmoor systematisch untersucht. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse schlugen sich in Examensarbeiten und Fachpublikationen nieder. Boden-, vegetationskundliche und moorgeologische Untersuchungen lieferten weitere Erkenntnisse über Besiedlung und landwirtschaftliche Nutzung.
Der hinzugezogene Steinzeitexperte Matthias Halle konnte mehrere steinzeitliche Wohnplätze lokalisieren. Das Gelände war also nachweislich schon vor Errichtung des Ringwalls für Menschen interessant. Einen wichtigen Beitrag für diese Erkenntnisse stellte die der Stadtarchäologie übergebene Sammlung des Cuxhaveners Kurt Langner mit einer großen Zahl in Duhnen gefundener steinzeitlicher Werkzeuge dar.
Ab 2013 auf den Galgenberg konzentriert
Ab 2013 - Ulrich Veit war inzwischen an die Uni Leipzig gewechselt - fokussierten sich die Lehrgrabungen bis 2018 auf den Galgenberg bei Sahlenburg. Auch die Ergebnisse aus dieser Zeit sind in der neuen Publikation festgehalten. Hier findet sich tatsächlich eine mittelalterliche Burganlage des frühen Mittelalters mit zahlreichen Grabanlagen und Siedlungsspuren aus dem 1. Jahrtausend nach Christus. Ein Bericht über die Ausgrabung eines Grabhügels bei Berensch im Jahr 2018 komplettiert das Buch.
Manchmal war es wie ein Familientreffen
Andreas Wendowski-Schünemann erinnert sich gerne an diese spannende Zeit und die überraschenden Funde wie beispielsweise den Scheiterhaufen, der im Inneren des Ringwalls zutage kam. In der Regel wurde jede Grabung mit einem Tag der offenen Tür verbunden, zu denen sich auch namhafte Kollegen zum Fachsimpeln einfanden.
Das lange gewünschte Schild mit Erklärungen zum Ringwall ist vor einigen Monaten in Duhnen aufgestellt worden. Vom Dünenweg in Richtung Sahlenburg/Aussichtsturm aus führt ein Weg dorthin.
Beendet sind die Forschungen dort aber noch lange nicht - vor allem nicht, seit ein digitales Geländemodell Bilder einer zehnmal so großen Wallanlage mit einem Durchmesser von 400 Metern an eben dieser Stelle geliefert und damit das wissenschaftliche Interesse nochmal erhöht hat. Das Niedersächsische Institut für historische Küstenforschung (Wilhelmshaven) fand dort unter anderem zahlreiche bronzezeitliche Feuerstätten (Gargruben), an denen regelmäßig größere Menschengruppen verköstigt worden sein dürften. Viele Geheimnisse warten noch darauf, gelüftet zu werden - vorausgesetzt, dass auch der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Bedeutung dieser Hinterlassenschaften vermittelt werde, betonen die Autoren.