Frischer Wind in altem Handwerk: 24-Jährige erfüllt sich ihren Traum in Cuxhaven
Mit nur 24 Jahren erfüllte sich Celia Bouquet in Cuxhaven ihren Traum und machte sich als Segelmacherin selbstständig. Eine Reihe von Zufällen verhalf ihr zur Erfüllung ihres Schicksals, das ihr eigentlich schon in jungen Jahren vorbestimmt schien.
Ein rauer, kühler Herbstwind weht durch den Alten Fischereihafen. Die vertäuten Kutter schaukeln leicht und die Tropfen des Sprühregens perlen an den Scheiben der Werkstatt in der Kapitän Alexander Straße 48 ab - im Inneren viele Segel, die Celia Bouquet gerade auf Vordermann gebracht hat.
Seit August betreibt die gebürtige Helgoländerin eine Segelmacherei im Alten Fischereihafen. Mit gerade einmal 24 Jahren hat sie sich selbstständig gemacht und ist jetzt mit ihrer 200 Quadratmeter großen Werkstatt Dreh- und Angelpunkt für Segler und Handwerksliebhaber.
Geschicktes Drücken und Rütteln öffnet die Tür zu ihrer Werkstatt. Ein hoher, offener Raum mit großen Tischen voller Stoffe, Nähutensilien und anderen Materialien offenbaren sich beim Eintreten. Mitten im Raum sitzt Celia Bouquet auf dem Boden und arbeitet an einem ihrer neuen Projekte. Neben ihr hockt ein junger Schülerpraktikant und schaut der Segelmacherin interessiert über die Schulter. Im Hintergrund läuft "Irgendwas bleibt" von Silbermond. Es riecht nach Werkstatt, nur der Kaffeeduft fehlt. Aber die nagelneue Kaffeemaschine steht schon an ihrem Platz. "Ich trinke gar keinen Kaffee, aber so kann ich meinen Besuchern immer einen anbieten", sagt Bouquet, lacht und führt den Gast in ihren neu eingerichteten Verkaufsraum samt Sitzecke mit Sofa, Sessel und Couchtisch.
Schon früh die Segel gesetzt
Dass sie heute in Cuxhaven eine Anlaufstelle für segeltaugliche Werkstücke ist, scheint einerseits vorherbestimmt, andererseits aber auch das Ergebnis einer Reihe von Zufällen zu sein. Das Segeln verfolgt Celia Bouquet bereits von früh auf, unter anderem durch ihren Opa, der immer viel gesegelt war. "Gefühlt habe ich schon gesegelt, da konnte ich noch nicht einmal laufen", erzählt sie.
Bis zur siebten Klasse verbrachte sie ihre Kindheit auf Helgoland. Dann wechselte sie nach Schleswig auf eine Gehörlosenschule. Auch da wollte sie ihr Hobby nicht aufgeben und segelte Kutter.
Im Rahmen eines Schulprojekts begann die hörgeschädigte Hobbyseglerin schließlich, sich mit kreativen Dingen wie Filzen, Stricken und Sticken zu beschäftigen. "Beim Nähen bin ich dann hängen geblieben. Das hat mir so viel Spaß gemacht", erinnert sie sich.
"Ich hatte vorher noch nie von dem Beruf gehört"
"Irgendwann habe ich realisiert, dass ich in meinem Berufsleben etwas mit Nähen machen möchte." Über die Handwerkskammer fand sie nach längerem Suchen schließlich zur Segelmacherei - ein Beruf, der ihre beiden Hobbys Segeln und Nähen perfekt kombiniert. "Ich hatte vorher noch nie von diesem Beruf gehört und wäre nie darauf gekommen, dass es so etwas gibt", erzählt die 24-Jährige. Nach einem Praktikum stand für sie fest: "Das ist es!"
Nach ihrer Ausbildung zog sie nach Norderstedt und arbeitete einige Jahre in Hamburg. Mit selbst genähten Taschen wollte sie sich indes langsam einen Namen machen. "So richtig selbstständig wollte ich eigentlich erst in zehn Jahren werden", merkt sie an. Doch die entscheidende Nachricht, die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte, kam schon viel früher.
Eine Anfrage, die alles verändern sollte
"Ich war gerade mitten auf dem Meer auf einer Kreuzfahrt." Fünf Cocktails später erschien plötzlich die Mitteilung einer Freundin auf dem Handy. "Hast du Lust, die Segelmacherei in Cuxhaven zu übernehmen", erinnert sich die 24-Jährige an den Wortlaut der Nachricht.
Die Eltern eines gemeinsamen Bekannten, die schon lange eine Segelmacherei betrieben, suchten damals vergeblich nach einem Nachfolger. "Ich dachte erst, ich könnte nicht mehr richtig lesen", sagt Bouquet und lacht. Auch wenn es zunächst wie eine Schnapsidee klang, wurde aus dem überraschenden Vorschlag schnell Realität.
Das Leben um 180 Grad gewendet
Innerhalb von drei Monaten kündigte sie ihre Wohnung in Norderstedt, zog um und richtete die Werkstatt neu ein. "Ich habe einen kompletten Cut gemacht und mein Leben um 180 Grad gewendet." Geregelte Arbeitstage mit festen Zeiten gehörten nun der Vergangenheit an. Oft verbringt sie auch nach der Schließung der Werkstatt noch Stunden bei Außenterminen.
Mit ihrer Werkstatt in Cuxhaven hat Bouquet auch den Bezug zu ihrer Heimat Helgoland wieder gestärkt. Bouquets Plan ist, alle zwei Monate für ein verlängertes Wochenende auf Helgoland vor Ort zu sein und Aufträge entgegenzunehmen.
Der Traum vom Ausbilden
Für die Zukunft hat die junge Unternehmerin einen klaren Traum: "Ich möchte ausbilden." Dabei möchte sie vor allem Menschen mit Behinderung gerecht werden. "Ich habe selbst eine rechtsseitige Parese und eine Hörschädigung. Dementsprechend fände ich es toll, wenn ich Menschen zeigen könnte, was alles möglich ist - trotz Einschränkungen. Das wäre ein Träumchen."