Reaktivierung der Kaserne Altenwalde? Erinnerungen an frühere Zeiten auf dem Gelände
Die mögliche Reaktivierung der Kaserne im Cuxhavener Stadtteil Altenwalde weckt Erinnerungen an eine bewegte Vergangenheit - und bringt alte Bekannte zum Gespräch über die Zukunft des historischen Standorts.
Die Aussicht auf eine mögliche Reaktivierung des Bundeswehrstandorts Altenwalde sorgt für Emotionen und Gesprächsstoff. In ihren Facebookgruppen erwägen Ehemalige Möglichkeiten und Form der Reaktivierung. CNV-Medien.de schaut darauf, wie es früher war.
Die ersten Ehemaligen haben sich in ihren Facebookgruppen schon scherzhaft zum Aufräumen und Erbsensuppe-Kochen gemeldet, aber sind sich im Klaren darüber, dass es niemals genau so wie früher werden wird.
Welcher der 112 Gebäude wirklich erhalten werden können, ist fraglich. Obwohl sich die Tore seit dem Ende der Notunterkunft im Jahr 2016 zum zweiten Mal geschlossen haben, sind viele Insider über den augenblicklichen Zustand bestens informiert.
Details soll eine genaue Überprüfung liefern. Wie berichtet, hält das Verteidigungsministerium die frühere Hinrich-Wilhelm-Kopf-Kaserne grundsätzlich für geeignet und hat Oberbürgermeister Uwe Santjer vergangene Woche darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Immobilie bis auf Weiteres für eine mögliche Nutzung durch die Bundeswehr freigehalten wird.

Die letzten Bundeswehreinheiten hatten Ende 2013 die Kaserne verlassen - eigentlich für immer. Jahrzehntelang hatte die Bundeswehr als Arbeitgeber und Auftraggeber das Ortsbild und wirtschaftliche Geschick Altenwaldes bestimmt. Alteingesessenen stehen noch die Bilder der gelegentlich durch den Ort rollenden Panzer und der lebendige Betrieb am Kasernentor und am Altenwalder Bahnhof vor Augen, wenn freitags die Wehrpflichtigen nach Hause fuhren. Viele Familien wurden langfristig in Altenwalde heimisch, das ab 1956 als junger Bundeswehr-Standort ausgebaut worden war. Unvergessen ist auch der Einsatz der Bundeswehrsoldaten bei den Sturmflutkatastrophen 1962 und 1976 sowie der Schneekatastrophe 1979.

Einer der bedeutendsten Heeresstandorte
Nach und nach wurden das Panzerbataillon 74, das Panzergrenadierbataillon 73 und die Panzerjägerkompanie 70 sowie das zur Luftwaffe gehörende Flugabwehrraketenbataillon 37 nach Altenwalde verlegt. Parallel entstanden auf rund 75 Hektar in mehreren Bauabschnitten von 1957 bis 1995 Quartiere, Werkstätten, Küchen, Verwaltungsgebäude und Ausbildungsräume. Laut dem Exposé der BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) sind rund 30 Prozent der Geländeoberfläche versiegelt.
Das rundherum liegende Wald- und Heideland wurde bis zur Aufgabe im Jahr 2004 als Truppenübungsplatz genutzt (heute Naturschutzgebiet Cuxhavener Küstenheiden). An diese Zeit erinnert heute die auf dem "Feldherrenhügel" verbliebene Panzerkette.

Die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eingeleitete Bundeswehrreform zeigte schnell ihre Folgen in Altenwalde. Am 31. März 1992 meldete sich das Panzergrenadierbataillon 73 ab, am 31. Dezember 1992 das Flugabwehrraketengeschwader 37, 1996 folgte die Auflösung der Panzerjägerkompanie 70.
Entsetzen über Pläne des Verteidigungsministeriums
Als Ende 2000 auch noch die geplante Auflösung des Panzerbataillons 74 bekannt wurde, sprach Ortsbürgermeister Wolfgang Geiger von einer Katastrophe für Altenwalde und Cuxhaven. Auf einen Schlag würden damit etwa 55 Prozent der dortigen Dienstposten verloren gehen, schrieben damals die Cuxhavener Nachrichten. Kaum dass das Ende der Einheit beschlossen war, sorgte der Inspekteur der Streitkräftebasis, Vizeadmiral Bernd Heise, im darauffolgenden Jahr neuerlich für Entsetzen mit dem Vorhaben, den gesamten Standort Altenwalde mitsamt dem Truppenübungsplatz aufzugeben.

Ende 2003 verabschiedete Major Georg Küpper die letzten 130 Soldaten und zivilen Mitarbeiter des Panzerbataillons 74, das - ab 1966 mit dem Kampfpanzer Leopard 1 ausgestattet - das älteste Panzerbataillon der Bundeswehr überhaupt gewesen war und in dem auch der heutige Europabgeordnete David McAllister Dienst getan hat. Im Mai hatte sich der Verband mit einem letzten Altenwalder Heerlager von zahlreichen Gästen und Patengemeinden verabschiedet. Während kurz vor Weihnachten 2003 vor dem Stabsgebäude des Verbandes die Bataillons-Flagge niedergeholt wurde, erscholl in der Altenwalder Kaserne ein letztes Mal das dreifache "Panzer-Hurra".
Noch zehn weitere Jahre Leben in der Kaserne
Durch vielfältige Verwaltungs- und Ausbildungsaktivitäten herrschte weiterhin Leben in einigen Bereichen der Kaserne, nachdem ein beträchtlicher Teil, unter anderem die maroden Unterkünfte im Eingangsbereich, bereits stillgelegt worden war. Mehrere Cuxhavener Schulen waren zeitweilig hierher ausgelagert und mit der DRK-Kita "Zum Kiefernhorst" bestand hier sogar ein öffentlicher Kindergarten; alles noch zu aktiven Bundeswehrzeiten.
Zum 28. Februar 2013 wurde das Bundeswehrdienstleistungszentrum (Standortverwaltung, kurz StoV) abgewickelt und zum 30. September 2013 die ZAW-Betreuungsstelle (Zivile Aus- und Weiterbildung). Im Verlauf von neuneinhalb Jahren waren zuvor in Altenwalde über 1800 Soldatinnen und Soldaten aus ganz Deutschland im Rahmen einer zivilen Aus- und Weiterbildung (ZAW) in jeweils 21-monatigen Lehrgängen geschult worden, unter anderem als Bürokaufleute oder Fluggerätemechaniker.

Erster Dornröschenschlaf währte nur kurz
Obwohl der sofort einsetzende Dornröschenschlaf nur kurz währte, stellte sich heraus, dass der Bestand schon stark gelitten hatte, als ab Mitte 2015 die ehemalige Kaserne als Flüchtlingsunterkunft benötigt wurde. Nach mehrmaligem Stop and Go kamen im Dezember die ersten Schutzsuchenden an, um ein gänzlich neues Kapitel zu schreiben. Schon im August 2016 war die Notunterkunft (NUK) wieder Geschichte.
Nach jahrelanger Ungewissheit über eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes im Kasernengelände kündigte die BImA Ende 2024 an, dass sie plane, einen Teil des Immobilienbestands abzureißen, um Bereiche für erneuerbare Energien sowie Biodiversität zu schaffen. Bekanntlich sind inzwischen alle Aktivitäten bis auf Weiteres gestoppt. Der Bund will alle ehemaligen und noch nicht umgenutzten Bundeswehrstandorte neuerlich unter die Lupe nehmen.