Der Cuxhavener Maler Ernst Gock in seinem Atelier. Foto: Sammlung Bussler
Der Cuxhavener Maler Ernst Gock in seinem Atelier. Foto: Sammlung Bussler
Schon in Kürze besiegelt?

Keine Nachfolgeregelung in Cuxhaven zu finden: 75 Jahre alter Verein vor Auflösung

09.10.2025

Die Cuxhavener Ernst-Gock-Gesellschaft steht nach 75 Jahren vor dem Aus. Mangelnde Nachfolge zwingt zur Auflösung - doch einige Erinnerungen könnten im Schloss Ritzebüttel weiterleben.

Noch im Mai vergangenen Jahres feierte die Ernst-Gock-Gesellschaft e. V. im Schloss Ritzebüttel ihr 75. Bestehen - jetzt läutet sie ihr Ende ein. Der Vortrag des Bremer Kunsthistorikers Dr. Detlef Stein über Hans-Christian Andersen am Freitag, 10. Oktober 2025, um 18.30 Uhr im Schloss wird vermutlich der letzte unter dem Dach der Gock-Gesellschaft sein. Für Cuxhavens Kulturleben ist das ohne Frage ein Einschnitt.

Mit ihrem so vielfältigen Programm an kunsthistorischen Vorträgen, Exkursionen zu Kunstmuseen und Ausstellungen in der näheren und weiteren Umgebung und schließlich ihren mehrtägigen Kunstreisen hat die Ernst-Gock-Gesellschaft über Jahrzehnte viele Interessierte angezogen. Sichtbarer Beweis war jeweils der bestens gefüllte Vortragssaal und die zumeist schnell ausgebuchten Tagesexkursionen und Kunstfahrten. Bei all diesen Aktivitäten auf dem Kunstsektor war jedoch eins auch immer präsent: das Werk des Cuxhavener Malers Ernst Gock (1869 - 1957).

Denn um ihn ging es den Gründervätern des Vereins im Jahre 1949. August Jöllenbeck und seine Mitstreiter wollten damals zuallererst für den in kümmerlichen Verhältnissen lebenden Maler etwas tun, zugleich aber auch den Blick der Zeitgenossen mehr und mehr auf das Werk Ernst Gocks lenken. Gock, der nach Jahren als Maler, Anstreicher und Dekorationsmaler erst als bereits 34-Jähriger die Zusage der Königlichen Akademie Berlin erhält, kehrt sieben Jahre später in seine Heimatstadt zurück - aus persönlichen Gründen. Seine Bilder, gemalt vielfach in einem "strichelnd-pointillistischen Stil", werden zu jener Zeit noch argwöhnisch beäugt. Ganz anders heute: Wer einen Gock besitzt, schätzt ihn eben gerade wegen dieser Stilelemente.

Die Ernst-Gock-Gesellschaft hat im Laufe der Jahrzehnte zwei Neu- beziehungsweise Wiedergründungen erlebt: 1977 und 1986, damals unter dem Vorsitz von Dr. Wolfgang Schulze, dessen Nachfolger später Reinhart Kühn war. Als Helga Sellmer dann im Februar 2001 den 1. Vorsitz der Gock-Gesellschaft übernahm, stürzte sie sich mit dem ihr eigenen Elan in die neue Aufgabe. Sie reicherte das Programm der kunsthistorischen Vorträge an, erweiterte die Zahl der Tagesexkursionen und reiste mit Interessierten auf den Spuren der Kunst durch Europas Städte und Landschaften. In den Sommermonaten dann gelegentlich auch im Programm: Fahrten zu den Musikfesten in Schleswig-Holstein und Bremen. Positiver Nebeneffekt des reichhaltigen Angebots: ein Anstieg der Mitgliederzahlen des Vereins.

Sie sind ein Highlight im Angebot der kunsthistorischen Vorträge: die Abende mit Dr. Thomas Carstensen (links) und Ulrike Fertig. Hier mit der 1. Vorsitzenden Helga Sellmer (2.v.l.) und dem Gitarristen Christian Schulz (r.). Foto: Cordes

Helga Sellmer wird, wie sie in einem Schreiben an die Mitglieder und die Freunde der Kunst mitteilt, nun "aus familiären, aber auch aus gesundheitlichen Gründen" von ihrem Amt als 1. Vorsitzende zurücktreten und mit ihr hört auch der Vorstand der Gock-Gesellschaft auf. Alle Vorstandsmitglieder, so heißt es dieser Tage in einem Gespräch mit den CN/NEZ, seien "80+" und sähen sich nicht in der Lage, für weitere Jahre einen Posten zu übernehmen. Nachfolger oder Nachfolgerinnen hätten sich nicht gefunden.

Gleichwohl ist es nötig, auf der vor dem Vortrag von Dr. Stein anberaumten Jahreshauptversammlung am Freitag im Schloss noch zwei Nachwahlen durchzuführen - die des 2. Vorsitzenden und einer Beisitzerin. Beide Amtsinhaber haben sich dazu bereit erklärt. Auf der Versammlung soll, so Helga Sellmer und ihr Stellvertreter Dr. Manfred Kuhr, bereits der Antrag auf Auflösung des Vereins gestellt werden. In einem weiteren Schritt müssen dann die Mitglieder darüber entscheiden, damit die Abwicklung des Vereins eingeleitet werden kann.

Die kunsthistorischen Vorträge der Gock-Gesellschaft haben, wie vielfach festzustellen war, nach wie vor ihr Publikum. Auch das ist natürlich älter geworden. Ein Umstand, der vor allem aber bei der geringer gewordenen Akzeptanz der Exkursionen zu Buche schlägt. Von den Vorträgen jedoch möchte man gern etwas erhalten. Und genau darüber ist man mit der Vorsitzenden des Vereins "Bürger für das Schloss Ritzebüttel", Melanie Eitzen-Fischer, im Gespräch. Mit durchaus positiver Tendenz, denn der Schlossverein kann sich vorstellen, zwei oder drei Abende in sein Veranstaltungsprogramm aufzunehmen.

Wer Helga Sellmer als 1. Vorsitzende der Ernst-Gock-Gesellschaft in all den Jahren erlebt hat, weiß, dass für sie die Präsentation des Werkes von Ernst Gock ein zentrales Anliegen ist. Immer wieder hat sie sich dafür engagiert, hat für einen speziellen Ort gestritten. Sollte eines Tages aus den heute gelegentlich geäußerten Vorstellungen zur Unterbringung der stadtgeschichtlichen Sammlung Cuxhavens wirklich eine echte, ernstzunehmende Diskussion werden, müsste die zwangsläufig auch das Thema "Ernst Gock" beinhalten.

Von Ilse Cordes

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