Vor dem Landgericht Stade wurde am Montag der Prozess gegen drei des versuchten Mordes angeklagte Männer fortgesetzt.
Vor dem Landgericht Stade wurde am Montag der Prozess gegen drei des versuchten Mordes angeklagte Männer fortgesetzt.
Vor Gericht

Messerangriff in Duhnen: Ist das Opfer kein zuverlässiger Zeuge?

von Kai Koppe | 04.02.2025

Im vor dem Landgericht Stade verhandelten Verfahren wegen versuchten Mordes weist die Verteidigung auf Erinnerungslücken des Geschädigten hin.

Die Verlesung weiterer Beweisanträge bestimmte den jüngsten Prozesstag vor der Stader Schwurgerichtskammer. Um darzulegen, dass Aussagen des als Nebenkläger auftretenden Tatopfers nicht verwertbar sind, wollen mehrere Anwälte einen psychologischen Gutachter hinzuziehen lassen.

Die Rechtsbeistände, die drei des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung angeklagte Männer vertreten, trugen am Montag weitere Punkte vor, die aus ihrer Sicht weiterer Klärung bedürfen. Dabei geht es unter anderem um die Motivlage, aber zum Beispiel auch um die Frage, warum ein bislang als mutmaßlicher Messerführer gehandelter Beschuldigter die Waffe gar nicht bei sich getragen haben könne.

Kleidung laut Anwalt ein Entlastungsmoment

Ein Rechtsanwalt wies an dieser Stelle noch einmal auf die Bekleidung hin, die sein Mandant am Tatabend getragen haben soll: Ein dünner Pullover sei nicht geeignet gewesen, die Tatwaffe, ein Messer mit zwölf Zentimeter langer Klinge, zu verbergen. Dass eine auf einer Videoaufzeichnung erkennbare Person in einem ebensolchen Oberteil mit seinem Mandanten identisch sei, möchte der Strafverteidiger über einen Anthropologen klären lassen. Dessen Einschätzung, so die Erwartung unter den Anwälten, werde dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit des im Prozess als Nebenkläger auftretenden Tatopfers zu erschüttern. Der Geschädigte war bei dem Messerangriff vor einem Lokal im Cuxhavener Kurteil Duhnen gefährlich verletzt worden. Seit der Tat - darauf hob am vergangenen Verhandlungstag eine Verteidigerin ab - leidet seit der Tat mutmaßlich an Erinnerungslücken, was seine Qualität als Quelle für das seitens der Anklage zugrunde gelegte Tatgeschehen infrage stelle.

Eifersucht ist laut Anwältin nicht im Spiel gewesen

Die Kammer wiederum, so die Kritik der Anwältin, sei bislang von Angaben ihres Mandanten ausgegangen, die dieser gar nicht abgegeben habe. So könne zum Beispiel nicht angenommen werden, dass der 28-Jährige das Tatgeschehen provoziert habe, um am Geschädigten aus Eifersucht "Rache zu nehmen". Seine Verflossene nämlich sei mit dem Opfer erst eine Beziehung eingegangen, nachdem man sich bereits getrennt hatte.

Der auf der Anklagebank sitzende Ex-Freund hat nach Darstellung seiner Anwältin sogar mäßigend in das Tatgeschehen eingegriffen haben: Ursache für Schnittverletzungen an seinen eigenen Armen, zu deren Entstehung an einem der vorigen Verhandlungstagen eine Gerichtsmedizinerin gehört worden war. Die Expertin lehnte die Verteidigung rückwirkend wegen "Besorgnis der Befangenheit" ab. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft warf darauf hin ein, dass es nicht Aufgabe einer Sachverständigen sei, in ihrer Bewertung zu einem Ergebnis zu gelangen, das die Verteidigung gerne hätte.

Was die Kammer von den Beweisanträgen hält, wird sie erst am nächsten Prozesstag bekannt geben. Zwischen dem vorsitzenden Richter und der oben erwähnten Verteidigerin entspann sich am Montag zunächst ein Wortwechsel über die Art und Weise der Antragseinbringung. Die Anwältin hatte (inzwischen bei Antrag Nummer drei angelangt) darauf hingewiesen, erneut eine Menge Text vorlesen zu müssen. "Was soll ich dazu sagen?", entgegnete der Vorsitzende. "Sie müssen ja nicht so viel schreiben, wenn Sie nicht so viel lesen wollen." Er halte es für durchaus bemerkenswert, wie die Verteidigerin die Zeit der anwesenden Kollegen strapaziere.

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Kai Koppe

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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