
Nach Angriff durch Kinder in Cuxhaven: Viele Gedanken gelten dem 94-jährigen Opfer
Dass es Kinder waren, die mit Gegenständen zugeschlagen haben sollen, bewegt über Cuxhavens Grenzen hinaus. Wir beleuchten aber auch, was die körperliche und seelische Verletzung für Opfer bedeutet und wo es Hilfe gibt.
Der Vorfall schlägt Wellen über Cuxhavens Grenzen hinaus: Drei Kinder sind tatverdächtig, in der vergangenen Woche eine 94-jährige Frau im Schlossgarten mit einem Kescher und einer Holzlatte geschlagen und zu Fall gebracht zu haben. Auf einen Aufruf der Polizei Cuxhaven hin haben sich Zeugen des Vorfalls sowie weitere Geschädigte gemeldet.
Die Polizei geht diesen Vorfällen jetzt nach. Da das Alter der Kinder mit zehn und zwölf Jahren eine strafrechtliche Verfolgung ausschließt (die Strafmündigkeit beginnt erst mit 14 Jahren), spricht die Polizei bewusst von Tatverdächtigen und nicht von Beschuldigten. Zielrichtung der Aufklärung sei ganz klar die Prävention, erklärt Polizeisprecher Carsten Bode.
Diskussion in den Gremien läuft an
Die Bestürzung bleibt dennoch; gerade mit dem Gedanken an die verletzte 94-Jährige. "Es darf auf jeden Fall nicht damit enden, dass Senioren sich nicht mehr vor die Tür trauen und noch mehr vereinsamen", sagt Ulrike Hogrefe, Vorsitzende des Kommunalen Präventionsrats der Stadt Cuxhaven. Sie denkt darüber nach, den Vorfall in der nächsten Sitzung des Ratsgremiums zur Sprache zu bringen.
Beobachtungen über eine erhöhte Gewaltbereitschaft im Kinder- und Jugendalter sind dort - unberührt vom aktuellen Vorfall - bereits in früheren Sitzungen geschildert worden. Auch auf der Jahreshauptversammlung des Fördervereins Kriminalprävention wurde das Ereignis am Montag angesprochen.
Ein unvorhersehbares Ereignis bricht über das Leben hinweg
Ungeachtet der Umstände bleibt auch in diesem Fall ein Opfer zurück, über das ein unvorhersehbares Ereignis hinweggebrochen ist. "Eine Verletzung muss nicht unbedingt offenkundig sein", erklärt Denise de With aus dem Stader Büro der Stiftung Opferhilfe Niedersachsen. Es reiche schon die Verletzung des persönlichen Raums und des Kontrollgefühls.
Opferhilfe bietet Begleitung für Betroffene und Angehörige
Opfer und Angehörige aus dem Amtsgerichtsbezirk Stade, also auch aus Cuxhaven, erhalten bei ihr und der für den Raum Cuxhaven zuständigen Kollegin Anne Skaza im Opferhilfebüro Stade Unterstützung in der Aufarbeitung. "Diese Unterstützung bieten wir unabhängig von einem laufenden Strafverfahren an", erklärt Denise de With, "auch, wenn sich ein Opfer dagegen entschieden hat, Strafanzeige zu stellen."
Entscheidend sei, die Menschen dort abzuholen, wo sie stünden. "Wer welche Unterstützung benötigt, ist individuell. Wir versorgen die Ratsuchenden mit Informationen und können ihnen Erklärungsansätze für ihre Reaktionen und Gefühle liefern." Die Sozialarbeiterinnen wollen Opfern damit Raum für eine Stabilisierung verschaffen. Bei Bedarf vermitteln sie auch an weitere Ansprechpartnerinnen und -partner wie Psychologinnen oder Therapeuten.
Von Bewertungen und Ratschlägen absehen
Angehörigen und anderen Begleitern im Umfeld rät die Expertin, an der Seite der Opfer zu stehen und von Bewertungen und Ratschlägen abzusehen: "Zuhören und annehmen, wie es dem Menschen gerade ist", rät sie. Anne Skaza, Telefon (0 41 41) 40 30 430) als Ansprechpartnerin für Cuxhaven ist im Landkreis eng vernetzt und Mitglied mehrerer Arbeitskreise zur Gewaltprävention.
Besonnen auf den Vorfall reagieren
Trotz des Vorfalls rät Harald Sommerfeld, Vorsitzender des Kreis-Seniorenbeirats, zur Besonnenheit, auch im Hinblick auf das Alter der Kinder. Das Umfeld im Kreis betrachtet er als weitgehend sicher. Entsprechend sei die Rückmeldung aus den Seniorenbeiräten der Kommunen. Wesentlich höher seien die Sorgen im Bereich der Betrugskriminalität. Veranstaltungen zur Aufklärung gegen Enkeltrick & Co. gehörten daher zum festen Repertoire der Seniorenbeiräte und anderer lokaler Institutionen.
Persönliche Begegnung bei Beteiligung von Kindern nicht vorgesehen
Für die tatverdächtigen Kinder - sie sollten auf jeden Fall erfahren, was es bedeutet, eine Person zu verletzen - und die verletzte Seniorin würde er sich eine versöhnliche Lösung wünschen, vielleicht sogar auf dem Wege einer persönlichen Begegnung. Für dieses Verfahren gibt es mit dem Begriff "Täter-Opfer-Ausgleich" eine offizielle Bezeichnung.
Allerdings sei dieses bei einer Beteiligung von Kindern ausgeschlossen; auch zu deren Schutz, erklärt Carsten Bode. Ansonsten stellt dieses Verfahren bei Strafsachen eine Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung dar, die die Beteiligten in die Lage versetzt, Konfliktklärung und Wiedergutmachung aktiv zu gestalten. Voraussetzung ist die Zustimmung sowohl auf Opfer- als auch auf Täterseite.