Die undatierte Aufnahme zeigt die kriegszerstörte Insel Helgoland. Britisches Militär nutzte nach dem Zweiten Weltkrieg die evakuierte Insel als Bombenabwurfplatz. Am 18. April 1947 sollten knapp 7000 Tonnen Munition den großen Felsen endgültig sprengen. Foto: dpa
Die undatierte Aufnahme zeigt die kriegszerstörte Insel Helgoland. Britisches Militär nutzte nach dem Zweiten Weltkrieg die evakuierte Insel als Bombenabwurfplatz. Am 18. April 1947 sollten knapp 7000 Tonnen Munition den großen Felsen endgültig sprengen. Foto: dpa
Nach sieben Jahren Besatzung

Vor 75 Jahren setzten zwei Studenten ein Zeichen: Wie Helgoland wieder deutsch wurde

von Tim Larschow | 20.12.2025

Vor 75 Jahren setzten der Student René Leudesdorff und sein Kommilitone Georg von Hatzfeld ein Zeichen gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands und für die Rückgabe Helgolands. Die Aktion ging durch die Weltpresse und führte zur Rückgabe der Insel.

"Handstreich auf Helgoland geglückt", titelte 1950 die in Frankfurt erscheinende Boulevardzeitung "Abendpost". Die Studenten Georg von Hatzfeld (21) und Rene Leudesdorff (22) hatten am 20. Dezember 1950 mit der symbolischen Besetzung der Nordseeinsel ein Zeichen für ein vereintes friedliches Europa gesetzt. Die Insulaner hatten ihre Heimat 1945 verlassen müssen und die Engländer nutzten die Insel immer noch als Bombenziel.

Ein gewaltfreier Protest mit großer Wirkung

Durch die Aktion sahen sich die Briten starkem politischem Druck ausgesetzt und gaben letztlich Helgoland für den Wiederaufbau frei. Dieser gewaltfreie "Handstreich" war später Vorbild für viele Aktionen von Umweltschützern und Mitgliedern der Friedensbewegung. Der am 2. August 2000 verstorbene von Hatzfeld wollte damit aufzeigen, dass "der Schwache etwas zu bewegen vermag, wenn er es wagt, die Chance der eigenen Schwäche zu nutzen". Das "Besetzen" der Insel war zweifelsfrei der Auslöser für deren Freigabe gewesen, schrieb René Leudesdorff in seinem Buch "Wir befreiten Helgoland".

Ein Symbol für die europäische Verständigung

Der "Historische Krimi" von Leudesdorff beginnt in der Heidelberger Universität. Dort lernen sich die beiden Studenten am 8. Dezember 1950 kennen und hecken bei einer Cola in der benachbarten Kneipe den Plan für die friedliche Invasion aus. Hauptziel war es, auf das Los der Insel hinzuweisen und die Wiederbesiedlung durchzusetzen. Außerdem wollten sie Helgoland für ein Symbol für die europäische Verständigung machen und gegen die geplante Wiederaufrüstung Deutschlands protestieren. Die Planungen begannen.

Der Erfolg gab ihnen recht: Trotz Sturms und schadhafter Maschine brachte sie damals der Fischkutter "Paula" am 20. Dezember wohlbehalten von Cuxhaven nach Helgoland. Mit dabei waren zwei Journalisten der "Abendpost". Einer von ihnen berichtete der Redaktion des Abendblatts telefonisch nach der Rückkehr: "Haben erst einmal einen Rundgang gemacht. Alle waren entsetzt über die Zerstörungen. Kein Stein mehr auf dem anderen. Auf dem Friedhof Menschenschädel und Gebeine. Hissten Europaflagge, Helgolandflagge, Bundestagsflagge auf dem Oberland."

Sturmfahrten, Journalisten und  großes Risiko

Von den gehissten Helgoland-, Deutschland- und Europaflaggen wurden Fotos gemacht und die Journalisten kehrten sofort zurück. "Schrecklich aufregend" soll einer von ihnen  die Aktion 1950 beschrieben haben. Auf die Frage, wie das Wetter war, soll er gesagt haben: "Sturm, Sturm, Sturm."

Doch statt der Fotos und einem ausführlichen Bericht erschienen zunächst nur Fragmente. Die beiden Reporter waren auf der Rückfahrt nach Hamburg verunglückt. Bei Horneburg waren die Journalisten mit einem Lastauto zusammengestoßen und mussten in Stade operiert werden - beide überlebten.

Die Abgeschiedenheit auf der zerstörten Insel und drohende Stürme bewogen auch die beiden Studenten von Hatzfeld und Leudesdorff dazu, die Aktion nach zwei Tagen zu unterbrechen. Der Fischerboot-Kapitän habe gesagt, es sei für die nächsten Tage so schlechtes Wetter angesagt, dass die beiden möglicherweise auf der Insel ohne Verbindung zum Festland bleiben müssten.

Ein Zeichen gegen Bomben und Besatzung

Beide packten ihre Sachen und fuhren wieder mit zurück. Auf der Insel wurde ein großes Schild hinterlassen, auf dem stand: "Wir kommen wieder". Sie kehrten nach Cuxhaven zurück. In den beiden Wochen danach gaben sie Interviews über Interviews.

Längst aber war ihre "Weihnachtsgeschichte" Vorbild für weitere 20 Demonstranten geworden. Sie schlossen sich ihnen an und entzündeten in der Neujahrsnacht 1951 auf dem Helgoländer Oberland ein riesiges Feuer, um zu verkünden: "Helgoland den Helgoländern". Am 3. Januar verließen die Besatzer die Insel.

Am 21. Februar beschlossen die Engländer die Freigabe zum 1. März 1952. Nach sieben Jahren britischer Besatzung wehte auf der Nordseeinsel Helgoland wieder die schleswig-holsteinische Flagge, doch für die Helgoländer war es eine Heimkehr auf ein Trümmerfeld.

Die Aktion von René Leudesdorff und Georg von Hatzfeld ging durch die Weltpresse und brachte die Verhandlungen, die zur Rückgabe Helgolands führten, ins Rollen. René Leudesdorff wurde Pfarrer und Journalist, er starb im Juni 2012. Hatzfeld arbeitete als Politiker und Verleger, er lebte bis 2000.

Das Archivbild zeigt die Heidelberger Studenten beim Hissen der Europaflagge. Mit ihrer Aktion protestierten sie gegen die Nutzung der Insel als Bombenübungsziel der Briten. Blume/dpa
Diese undatierte Aufnahme vom Januar 1951 zeigt die "Retter" von Helgoland, Georg von Hatzfeld (2.v.r), und seinen Mitstreiter Rene Leudesdorff (r.) mit der deutschen Flagge. Foto: dpa
René Leudesdorff (l.) und Georg von Hatzfeld stoßen im Flakbunker auf der Insel Helgoland mit einer Flasche Wein an. Blume/dpa

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Tim Larschow

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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