Das Hochhaus im John-Brinckman-Weg 5 ist das wohl auffälligste der Alpha Real Estate-Immobilien im Stadtteil. Foto: Reese-Winne
Das Hochhaus im John-Brinckman-Weg 5 ist das wohl auffälligste der Alpha Real Estate-Immobilien im Stadtteil. Foto: Reese-Winne
Jeden Tag Überschwemmung

Vorwürfe an Alpha Real Estate: Wohnung einer 93-Jährigen in Cuxhaven vergammelt

von Maren Reese-Winne | 04.08.2023

Wenn die Mieter über ihr waschen oder spülen, kommt bei ihr das Schmutzwasser in der Spüle hoch: Seit Monaten kämpft eine 93-Jährige im Cuxhavener Stadtteil Süderwisch mit ständigen Überschwemmungen und Dreck.

Äußerlich macht das Wohngebiet in Süderwisch, wo die Gesellschaft Alpha Real Estate im vergangenen Dezember 281 Wohnungen von der TAG Immobilien AG gekauft hat, trotz der widrigen Wetterbedingungen einen gepflegten Eindruck. Aber hinter mancher Fassade brodelt es. Während die einen Mieter über gravierende bauliche und hygienische Mängel klagen, haben andere die erste Mieterhöhung erhalten. Eine zwischenzeitlich im Raum stehende Wassersperrung ist gerade noch abgewendet worden.

Schimmel und schlechte Gerüche

Nichts ist hingegen für Werner A. (Name von der Redaktion geändert) gut, wenn er den Zustand der Wohnung seiner 93-jährigen Schwiegermutter sieht. Wenn die Bewohner der darüberliegenden Etagen ihre Spül- oder Waschmaschinen anstellen oder den Spülen-Stöpsel ziehen, kommt in der Erdgeschoss-Wohnung der Seniorin im John-Brinckman-Weg 5 das Schmutzwasser im Spülbecken hoch. 

Unzählige Male sei die Wohnung bereits überschwemmt worden, erzählt der Schwiegersohn und zeigt Fotos von Wasserlachen auf dem Fußboden und dem mit einer unappetitlichen Brühe gefüllten Spülbecken. Er habe mehrfach eimerweise Wasser aus der Küche geschöpft. Komme das Wasser mal nicht aus der Spüle, dann aus der Sockelleiste der Küche. Überall in der Wohnung zeige sich inzwischen Schimmel, es rieche schlecht  und die Tapeten lösten sich ab. Möbel und Teppiche seien verdorben. Werner A. fühlt sich verschaukelt und hingehalten.

Mit einem Gurkenglas muss die Anwohnerin den Inhalt des Beckens herausschöpfen und in einem Eimer forttransportieren. Foto: privat
In den Ecken hat sich schwarzer Schimmel ausgebreitet. Foto: privat

Eingeschaltete Firmen bislang offenbar ratlos

Begonnen habe das Geschehen noch zu Zeiten der TAG Immobilien; ab dem 5. Dezember habe es sich gravierend verschlechtert. Seitdem sei der Schaden auch der Alpha Property Management (Hausverwaltung) bekannt. Es seien mehrere - inzwischen wohl vier - Fachfirmen angerückt; ohne Ergebnis. Dies bestätigt ein Schriftverkehr, der CNV-Medien vorliegt. Demnach müssten wohl sämtliche Wasserleitungen im Haus geprüft werden. 

Gesamte Leitungen scheinen Schwachstelle zu sein

Von maroden Wasser- und auch Elektroleitungen berichten ebenso andere Bewohner des Hochhauses. Der Bestand sei uralt und offenbar so vergammelt, dass sich niemand daran traue. In den Kellergängen stehe ebenfalls immer Wasser. Das bestätigt auch Werner A., der inzwischen den Hinweis, man leite das Anliegen weiter, nicht mehr hören kann. Für ihn gehören sämtliche Wände und der Estrich, dessen Isolierschicht mit Wasser vollgesogen sein müsste, grundlegend saniert. "Nachher wird das noch instabil." Aber es passiere nichts.

Bleibt jetzt nur noch der Rechtsweg?

Die 93-jährige Schwiegermutter müsse mit den widrigen Verhältnissen allein klarkommen, nachdem im Mai ihr Mann verstorben sei: "Er hat die Aktion mit den seit Dezember täglichen Überschwemmungen in der Küche nicht überlebt", so der Schwiegersohn. Eine bislang angebotene Mietminderung von 20 Prozent für einen Monat (Stand Juni 2023) sei inakzeptabel; offenbar bleibe nun nur noch der Rechtsweg...

Es gibt auch Gründe, warum Mieter bleiben wollen

"Wir hatten gehofft, dass nach dem  Eigentümerwechsel wenigstens etwas getan wird", so eine andere Mieterin, "aber die Hoffnung war umsonst." Der Gedanke, dass nach und nach vielleicht doch die Mieter vergrault werden sollten, um danach die Wohnungen teuer verkaufen zu können, schwinge immer mit: "Wir wissen nicht, was sie mit uns vorhaben." Grundsätzlich gebe es aber eben auch viele Gründe, warum Mieter hier gerne wohnen bleiben wollten; das wichtigste sei das gewohnte Umfeld.

Die Klage über eine mangelnde Kommunikation zieht sich wie ein weiterer roter Faden durch die Erfahrungsberichte von Bewohnern. In der Umstellungsphase beklagten viele von ihnen Unstimmigkeiten mit dem Mieteinzug und davon, dass sämtliche Rückfragen dazu im Leeren verschwanden. Exakt das, was Mieter Thomas M. (Name geändert) erlebte, als er Ende April plötzlich eine Mahnung mit undurchsichtigen Einzelposten erhielt. 85 Euro sollte er nachzahlen; wofür, blieb unklar.

Nicht bezahlt und nie wieder etwas von Mahnung gehört

Sich keiner Schuld bewusst, versuchte er, mit der Alpha Property Management Kontakt aufzunehmen. Eine Reaktion blieb aus. "Ich habe einfach Monat für Monat weiter meine Miete gezahlt, wie zuvor auch an die TAG", erzählt er jetzt, Anfang August. Das mit der Mahnung angeforderte Geld habe er trotz der Angst, demnächst unbegründet ein Inkassounternehmen am Hals zu haben, nicht bezahlt und auch nie wieder etwas gehört. Mit großen Bedenken schaut er auf die erste, noch ausstehende Nebenkostenabrechung. Einigen Nachbarn seien außerdem jetzt erste Mieterhöhungen angekündigt worden. Eine Systematik sehe er dabei nicht: "Ich erkenne da keine Sortierung nach Alphabet oder Anschrift."

Alpha Real Estate äußert sich: Unstimmigkeiten bei Datenlage

 Zu den Miet-Unstimmigkeiten hat sich Ende Mai die Presseabteilung der Alpha Real Estate geäußert. Dort hieß es: "Bei der Übernahme neuer Objekte ist es oftmals der Fall, dass die Datenlage nicht eindeutig ist, so auch in Cuxhaven. Wir haben die Mieterunterlagen von der vorherigen Verwaltung erhalten und diese erfasst. Die Aufarbeitung von etwaigen Datenverlusten oder Fehlinterpretationen nimmt in der Regel mehrere Wochen bzw. Monate in Anspruch aufgrund der erforderlichen Recherche- und Prüfungsarbeit."

Zu Mahnungen könne es gekommen sein, weil Daueraufträge noch nicht geändert worden und die Zahlungen  aufgrund des Umwegs über den Voreigentümer verspätet eingegangen seien. Auch mögliche Fehler bei der Datenerfassung räumte die Gesellschaft ein. Die entstandenen Umstände bat sie zu entschuldigen. 

Potenziale zur Mietanpassung werden genutzt

Wie bei allen ihren Objekten prüfe sie außerdem auch in Cuxhaven regelmäßig "Mietanpassungspotenziale" und setze diese auch im gesetzlichen Rahmen um. Weiter wurde versichert, dass im Rahmen der Bewirtschaftung ohne Einschränkungen Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt würden. Zur neuesten Anfrage über den Zustand im John-Brinckman-Weg 5 hat sich die Gesellschaft noch nicht geäußert.  

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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