Wenn kleine Gesten Großes bedeuten - Alltag in der Seemannsmission Cuxhaven
Sarah Herzog arbeitet seit Jahren für die Seemannsmission in Cuxhaven. Was mit einem sozialen Jahr begann, wurde zur Berufung. Nach der Elternzeit kehrt sie zurück in einen Alltag voller kleiner Gesten, die für Seeleute weitaus mehr bedeuten.
Sarah Herzog hat ihre Leidenschaft in der Arbeit mit und für die Seeleute gefunden. Was vor über zehn Jahren durch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) begann, hat sich zu einer Berufung entwickelt, die sie nach ihrem Abitur und Studium nicht mehr losließ. "Ich war sofort Feuer und Flamme für die Arbeit", erinnert sie sich an ihre ersten Schritte in der Seemannsmission Cuxhaven.
Nach ihrem Abitur am Amandus-Abendroth-Gymnasium in Cuxhaven entschloss sich Herzog, evangelische Theologie, Religionspädagogik und Geschichte zu studieren. "Es war mir schon während des Studiums klar, dass ich nicht ins Lehramt gehen wollte. Aber der Kontakt zur Seemannsmission blieb immer bestehen. Ich half immer wieder aus, und die Fächer passten gut zu der Idee, irgendwann für die Seemannsmission zu arbeiten", so Herzog.
Im Jahr 2017 war es dann so weit: Nach dem Studium und einer kurzen Übergangszeit begann Herzog eine feste Stelle in der Mission, zunächst mit 30 Stunden pro Woche. "Damals waren wir zu zweit und hatten einen FSJler, heute sind wir drei hauptamtliche Mitarbeiter plus Bufdi, und dazu kommen die vielen ehrenamtlichen Helfer, die uns seit jeher tatkräftig unterstützen."
Von Februar 2021 bis Ende September 2025 war sie dann in Mutterschutz und Elternzeit - und jetzt geht es weiter. "Das war auch so geplant", erzählt sie. Mittlerweile ist sie Mama von zwei Jungs und möchte nun wieder 20 Stunden die Woche in der Seemannsmission arbeiten.
Ein besonderes Highlight, weshalb Herzog nach ihrer Auszeit wieder in ihren alten Arbeitsalltag zurückgekehrt ist, sind die vielen persönlichen Begegnungen an Bord und in der Mission. Während sie über ihre Arbeit spricht, klingelt es an der Tür der Mission im Grünen Weg. Sarah Herzog öffnet, und eine Frau begrüßt sie. Mit dabei hat sie einen Thermoanzug, den ihr Mann zum Angeln getragen hat, sie zum Zeitungsaustragen, und den sie nun für einen Seemann spenden möchte. "In der Mission können die Seeleute sich oft Pullover oder Mützen aussuchen, die sie an Bord benötigen", erzählt Herzog mit einem Lächeln.
"Kein Tag ist wie der andere"
Während des Gesprächs erzählt sie auch von einer ihrer vielen Erfahrungen mit den Seeleuten: "Oft weiß man morgens noch nicht, ob man einem Seemann zum Geburtstag gratulieren wird oder ob jemand einfach nur ein Duschgel braucht. Aber das ist das Schöne an diesem Job: Kein Tag ist wie der andere. Man sitzt nicht nur am Schreibtisch, sondern ist ständig in Bewegung, immer wieder mit neuen Überraschungen konfrontiert."
Zwei der drei hauptamtlichen Mitarbeiter in der Mission sind Seelsorger, und auch Sarah Herzog interessiert sich sehr für dieses Thema. "An Bord gibt es dadurch ganz andere Möglichkeiten, den Menschen zu helfen. Man bietet nicht nur ein offenes Ohr an, sondern kann aktiv unterstützen", erklärt sie.
Ein Job, der Spuren hinterlässt
Ein weiterer Höhepunkt ihrer Arbeit sind die jährlichen Weihnachtsaktionen. "Die Weihnachtsbesuche sind für mich immer besonders emotional. Ich erinnere mich an einen großen Seemann, der weinte, weil er zu Weihnachten ein Geschenk bekam. Diese Dankbarkeit bleibt mir immer in Erinnerung." Es sind genau diese Momente, die Herzog immer wieder an ihren Job binden: "Das klischeehafte Bild vom starken Seemann ist nicht immer die ganze Wahrheit. Es ist ein harter Job, der nicht spurlos an den Menschen vorbeigeht", sagt sie und ergänzt: "Einmal kam ein Seemann auf mich zu und fragte, wo er ein neues Akku für sein uraltes Telefon bekommen könne. Wir sind zusammen in die Stadt gefahren, und er sagte: 'Endlich kann ich nach vier Wochen wieder mit meiner Familie schreiben.‘ Danach ließ er noch seine Armbanduhr reparieren. Für mich war es nur eine Kleinigkeit, aber er war so glücklich. Es sind oft die kleinen Dinge, die einen großen Unterschied machen", erzählt Herzog weiter.
Auch bei Schiffsführungen sagt sie nie nein. "Gelegentlich werden wir gefragt, ob wir uns ein Schiff anschauen möchten. Ich kenne mich zwar in der Maschine nicht aus, aber es ist immer sehr interessant. Diese Einblicke haben nicht viele Menschen, und es ist etwas Besonderes, sie zu bekommen."
Zu Weihnachten 2025 war Herzog wieder an Bord der Schiffe im Hafen von Cuxhaven - gemeinsam mit ihrem Team von der Seemannsmission. "Wir haben Geschenktüten verteilt und den Seeleuten, die Weihnachten an Bord verbrachten, eine kleine Freude gemacht."
Zurück an Bord - mit neuer Perspektive
Heute ist Sarah Herzog 33 Jahre alt und blickt auf eine bewegte Zeit zurück. Als gebürtige Cuxhavenerin war sie zunächst nicht sicher, ob sie immer in ihrer Heimatstadt bleiben wollte. "Eigentlich hatte ich vor, in Oldenburg zu bleiben, aber irgendwie führten alle Wege zurück nach Cuxhaven. Meine Familie lebt hier, und auch mein Mann fand hier einen Job bei Siemens", sagt sie.
Ihr Ziel für das kommende Jahr ist es, nach der Elternzeit wieder voll durchzustarten. "Der Hafen hat sich in den letzten Jahren stark verändert, und auch unser Team ist seit meiner Mutterschutzzeit gewachsen - von drei auf mittlerweile rund 14 ehrenamtliche Helfer. Das An-Bord-Gehen hat sich ebenfalls verändert, aber der Job bleibt genauso spannend und voller Überraschungen, wie er damals war", so Herzog.